Tauffünten, Mühlsteine und Straßenpflaster … Denkmale der Steinbearbeitung in Mecklenburg-Vorpommern

Fund des Monats März 2010

Der Findling aus Rehberg weist eine kreisrunde Pickung (Vorarbeit für eine Tauffünte) und eine rinnenförmige Spaltnut auf der Unterseite aufDetails anzeigen
Der Findling aus Rehberg weist eine kreisrunde Pickung (Vorarbeit für eine Tauffünte) und eine rinnenförmige Spaltnut auf der Unterseite auf

Abb. 1: Der Findling aus Rehberg weist eine kreisrunde Pickung (Vorarbeit für eine Tauffünte) und eine rinnenförmige Spaltnut auf der Unterseite auf

Abb. 1: Der Findling aus Rehberg weist eine kreisrunde Pickung (Vorarbeit für eine Tauffünte) und eine rinnenförmige Spaltnut auf der Unterseite auf

Den letzten beiden Eiszeiten verdanken auch Mecklenburg und Vorpommern ihre abwechslungsreiche Landschaft. Zeugen der nach Süden gleitenden Gletscher sind Gesteine ("Geschiebe") von Sandkorngröße bis zu tonnenschweren Findlingen. Abgesehen von den vielen Varianten des Granits gehören Quarzporphyre, Basalte, Diabase und Vulkanite zu den besonders harten Gesteinen. Weiterhin sind Sandsteine, Kalke und Flinte als Sedimentgesteine vertreten. Wo Findlinge vorhanden waren, hat man sie seit dem Mittelalter bis in die Neuzeit als Rohstoffe genutzt.

Besonders gut lässt sich die Verwendung von Steinen im mittelalterlichen Kirchenbau nachvollziehen. Große Findlinge, nicht selten mit Spaltspuren und oft noch zusätzlich geglättet, wurden bevorzugt als Fundamentsteine genutzt. In einigen Regionen, zum Beispiel in der Ueckermark und in Mecklenburg-Strelitz, verwendete man im Mittelalter fast nur den gespaltenen, zum Teil geglätteten Quaderstein. Später setzt sich dann, von den Städten ausgehend, der Backstein als "Kunststein" durch. Das heimische Steinmaterial spielte aber weiter eine Rolle und fand vielfältige Anwendung.

Bei einer Feldbegehung entdeckten ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger in der Gemarkung Rehberg, Lkr. Ostvorpommern, einen besonderen Stein. Auf einem Lesesteinhaufen lag ein offenbar erst vor kurzem vom Acker gezogener Findling aus grobkristallinem, graurosafarbenem Granit. Auf der ebenen Oberseite ist eine Rille kreisförmig (Durchmesser 0,85 m) flach herausgearbeitet. An einigen Rändern des Kreises wurde die Rille deutlich vertieft. Außerdem sind umlaufend einzelne, im Querschnitt quadratische Keillöcher von etwa 10 cm Tiefe erkennbar. Offenbar wollten die Steinschläger die vorgegebene Kreisform zylindrisch verlängern. Auf der Unterseite des Steins – quasi gegenüber der Kreispickung – befindet sich eine eingepickte, im Profil v-förmige Rille. Sie hat einen etwas unregelmäßigen Verlauf von 1,1 m Länge bei maximal 7 cm Breite und 11 cm Tiefe. Ob es sich um eine vorgeschichtliche Modifikation oder einen jüngeren Spaltversuch handelt, ist unbekannt. Der Kreis auf der Oberseite dürfte auf den abgebrochenen Versuch der Herstellung einer Tauffünte oder eines Bauelements, wie zum Beispiel ein Säulenkapitell oder eine Basis, hindeuten. Eine Mühlsteinvorarbeit ist wegen des hier vorliegenden Granits sehr unwahrscheinlich. Die hohe zylindrische Form und die Dimensionen erhaltener Granittaufsteine sprechen hier für ein Tauf- oder Weihwasserbecken.

Im Zuge des hochmittelalterlichen Handels gelangte zunehmend Kalkstein aus Skandinavien in die Regionen südlich der Ostsee. Diese Importe fanden als Hausteine zum Verblenden, als Bodenplatten oder als Taufbecken Verwendung. Weil damals harte Gesteine noch nicht systematisch aus Skandinavien exportiert wurden, sind die im Mittelalter verbreiteten Tauffünten Norddeutschlands aus Granit sehr wahrscheinlich einheimische Produkte. Belegbar ist dies auch durch eine weitere Vorarbeit im Wald von Pinnowhof, Lkr. Nordwestmecklenburg, die eine Aushöhlung um eine zapfenförmige Verdickung in der Mitte sowie eine oktogonale Gestaltung der Kuppa aufweist.

Jünger ist ein Findling aus Nexösandstein am Forstamt Neu-Pudagla auf Usedom. Er zeigt Spuren der Verarbeitung zu einem großen runden Mühlstein von mehr als 1,2 m Durchmesser und mehr als 30 cm Dicke. Möglicherweise reagierte man in preußischer Zeit so auf teure Mühlsteinimporte – nämlich mit einheimischer Konkurrenz. Noch im Verlauf des 19. Jahrhunderts – dies belegen schriftliche Quellen – wurden auf der Insel Rügen Hartsteine für den Haus- und Straßenbau gewonnen. Regelrechte Steinschlägerplätze, an denen die weitere Verarbeitung zu Straßenschotter, Pflastersteinen oder anderen Bauteilen geschah, sind in einigen Wäldern erhalten. Sie lassen sich über angehäufte Steine unterschiedlicher Größe, gespaltene Findlinge (zum Teil in bogenförmigen Lagern abgelegt) oder gehäuftes Auftreten von Schlagabfällen in Form scharfkantiger, oft flächiger Trümmer identifizieren. In besonders günstigen Fällen blieben sogar die Produkte, wie zum Beispiel kantig behauene Pflastersteine, an derartigen Werkplätzen liegen. Beispielhaft sei hier auf Steinschlägerplätze bei Rehberg und Korswandt (Insel Usedom) in Ostvorpommern hingewiesen. Solche Orte sind als Zeugnisse alten Handwerks und der Rohstoffverarbeitung in Norddeutschland wichtige Denkmale und Bodendenkmale der mittelalterlichen und neuzeitlichen Wirtschaftsgeschichte.

Dr. C. Michael Schirren

Fund des Monats März 2010

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