Glanz in der Grube

Fund des Monats Juni 2017

Abb. 1: Klebe, Lkr. Ludwigslust-Parchim. Der kleinere Schatzfund mit vier Bardowicker Denaren (einer davon verdeckt).Details anzeigen
Abb. 1: Klebe, Lkr. Ludwigslust-Parchim. Der kleinere Schatzfund mit vier Bardowicker Denaren (einer davon verdeckt).

Abb. 1: Klebe, Lkr. Ludwigslust-Parchim. Der kleinere Schatzfund mit vier Bardowicker Denaren (einer davon verdeckt).

Abb. 1: Klebe, Lkr. Ludwigslust-Parchim. Der kleinere Schatzfund mit vier Bardowicker Denaren (einer davon verdeckt).

Durch den Fund eines silbernen Kreuzes mit Christusdarstellung gelangte Fundplatz 12 der Gemarkung Klebe, Lkr. Ludwigslust-Parchim, 1985 zu überregionaler Berühmtheit.1Der spätslawische Siedlungsplatz liegt unmittelbar westlich der Müritz-Elde-Wasserstraße. Um Baufreiheit für die Ortsumgehung von Plau am See zu schaffen, musste er 2016 teilweise ausgegraben werden.

Die dokumentierten Befunde – 24 Vorratsgruben, 19 Feuerstellen und 38 Gruben unbestimmter Funktion – enthielten nicht nur zeittypisches Keramikmaterial, sondern auch auffallend viele Metallobjekte. Besonders hervorzuheben sind zwei Gruben, aus denen jeweils ein Münzschatz geborgen wurde.

Der kleinere besteht aus vier Silbermünzen, von denen drei durch Korrosion so eng miteinander verbacken waren, dass sie selbst in der Restaurierungswerkstatt nicht getrennt werden konnten (Abb. 1). Es handelt sich um Bardowicker Denare, die wohl auf Veranlassung von Herzog Heinrich dem Löwen im Zeitraum 1160-1180 geprägt wurden2und ursprünglich als Münzrolle versteckt worden waren. Sie haben einen Durchmesser von 17,4 mm, ein Gewicht von 0,65 g und zeigen auf der einen Seite eine stilisierte Kirche oder einen Tempel, auf der anderen ein Balkenkreuz mit vier Punkten in den Winkeln und einer umlaufenden Umschrift. Drei Münzen wurden als Denare vom Typ Schulenburg III bzw. Nr. 54 nach Jesse3 bestimmt, ein in Mecklenburg-Vorpommern bislang recht seltener Typ.4 Die Grube, in deren Verfüllung die Münzen lagen, diente ursprünglich als Vorratsgrube.

Schon wenige Wochen später fand sich – wiederum in einer ehemaligen Vorratsgrube – ein zweiter Münzschatz. Dieser bestand aus insgesamt 19 Brakteaten. Die Fundumstände ließen auch hier darauf schließen, dass sie als Münzrolle in den Boden gelangten. Vier Münzen sind so fest verbacken, dass die beiden mittleren Exemplare nicht bestimmbar sind. Im Übrigen umfasst der Fund fünf Brakteatentypen von drei Prägeorten (Abb. 2):

Am häufigsten sind mit elf Exemplaren Fundstücke aus Salzwedel.5 Diese haben einen Durchmesser von 22 mm und ein Gewicht von 0,68 g. Sie wurden in der Regierungszeit von Otto II. oder seinem Bruder Heinrich von Gardelegen – beides Markgrafen von Brandenburg – zwischen 1184 und 1205 geprägt6 und zeigen zwischen zwei Kuppeltürmen einen leicht schräg stehenden Schlüssel auf einer niedrigen Kuppel. Eine Münze gleichen Typs wurde bei den Grabungen am Burgwall von Behren-Lübchin, Lkr. Rostock, gefunden.7

Mit fünf Exemplaren sind Hamburger Brakteaten vertreten, geschlagen in der Regierungszeit Graf Adolf III. von Schauenburg-Holstein in den Jahren 1189-1201. Zwei der fünf Hamburger Brakteaten sind dem Typ Hatz 48 zuzuweisen und zeigen zentral einen doppelstöckigen offenen Torturm, in dem ein kleiner Kuppelturm zu erkennen ist. Beidseitig des Torturms befinden sich zwei nach außen hochgezogene Mauern mit kleinen zinnenbekrönten Türmchen. Einer der fünf Hamburger Brakteaten gehört zum Typ Hatz 29, bei dem die kleinen Türmchen Kuppeln besitzen. Die letzten beiden Hamburger Brakteaten gehören zum Typ Hatz 3h10 und zeigen drei Kuppeltürme und ein offenes, rundes Tor, in dem sich ein Krucken- oder Prankenkreuz abgebildet ist. Alle drei Typen sind ausgesprochen selten.11 Ein Schatzfund mit 13 Hamburger Brakteaten wurde im nicht weit entfernten Waren/Müritz entdeckt.12

Der dritte Prägeort, Stade, ist durch eine Münze repräsentiert. Graf Adolf III. von Schauenburg-Holstein ließ von 1189 bis 1201 auch dort Münzen prägen. Die als Typ Hatz 1813 bezeichnete Münze zeigt eine Mauer aus Arkaden. In der Mitte ist ein zweistöckiger Kuppelturm dargestellt und am Rand jeweils ein kleineren Kuppelturm.

Die beiden Münzschätze erlauben – genau wie die übrigen Grabungsfunde – eine Datierung des spätslawischen Siedlungsplatzes in die zweite Hälfte des 12. und die ersten Jahre des 13. Jahrhunderts. Sie belegen gute Kontakte nach Südwesten und Westen und intensive Einflüsse aus diesen Gebieten. Die herausgehobene Stellung der Siedlung und ein nicht unerheblicher Wohlstand waren sicherlich Gründe dafür, dass sich nur wenige Jahre später Siedler aus den Niederlanden bzw. dem nordwestdeutschen Flachland in ihr niederließen und große Pfostenbauten errichteten. Die Untersuchungen in Klebe versprechen also auch neue Erkenntnisse zum Übergang einer jungslawischen Siedlung zu einem mittelalterlichen Dorf der Ostsiedlung.

Uwe Weiß


1K.-D. Gralow, Ein kreuzförmiger silberner Anhänger mit Christusdarstellung von einem spätslawischen Siedlungsplatz bei Klebe, Kr. Lübz. Ausgrabungen und Funde 32, 1987, 144 ff.

2 Die Bestimmung der Münzen erfolgte durch W. Virk.

3 W. Jesse, Der wendische Münzverein. Lübeck 1928, Nr. 54.

4 G. Sobietzky, Gedanken zum sogenannten niederelbischen Agrippiner. Archäologische Berichte aus Mecklenburg-Vorpommern 21, 2014, 82.

5 Bestimmung durch Dr. R. Wiechmann, Stiftung Historische Museen Hamburg, und W. Virk.

6 A. Eberhagen, Die Münzprägung der askanischen Markgrafen in Salzwedel bis zum Erwerb des Münzrechts durch die Stadt im Jahr 1314. Bremen 1987, 12. Dort unter Nr. 3 beschrieben.

7 E. Schuldt, Behren-Lübchin, Eine spätslawische Burganlage in Mecklenburg. – Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Schriften der Sektion für Vor- und Frühgeschichte 19. Berlin 1965, Tafel 27 III, S. 125.

8 G. Hatz, Die Anfänge des Münzwesens in Holstein. Prägungen der Grafen von Schauenburg bis 1325 – Numismatische Studien 5, 1952, 144.

9 Ebd. 142.

10 Ebd. 143.

11 Freundliche Mitteilung von Dr. R. Wiechmann, Stiftung Historische Museen Hamburg.

12 G. Hatz, Die Anfänge des Münzwesens in Holstein. Prägungen der Grafen von Schauenburg bis 1325. – Numismatische Studien 5, 1952, 129.

13 Ebd. 143.

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