An der Tafel der Großherzöge von Mecklenburg-Schwerin

Fund des Monats Juli 2017

Abb. 1, Schloss Schwerin, Teller mit mecklenburgischem WappenDetails anzeigen
Abb. 1, Schloss Schwerin, Teller mit mecklenburgischem Wappen

Abb. 1, Schloss Schwerin, Teller mit mecklenburgischem Wappen

Abb. 1, Schloss Schwerin, Teller mit mecklenburgischem Wappen

Über das einfache Tafelgeschirr der Großherzöge ist bisher nur wenig bekannt geworden. Das änderte sich im Dezember 2016, als im Keller des Schweriner Schlosses unter dem in der Mitte des 19. Jahrhunderts erbauten Schloßgartenflügel mehrere Schürfen ausgehoben wurden, um die Lage und Erhaltung des bauzeitlichen Balkenrosts zu ermitteln. Im Bereich einer Sondage wurde eine Schicht angetroffen, die aus Tausenden von Keramikscherben bestand. Vermutlich wurden hier heile Gefäße in viele Einzelteile zerschlagen, um so viel wie möglich in den Boden einzubringen. Es handelt sich in der Masse um schlicht verziertes Porzellangeschirr, das teilweise mit Insignien der Herzöge von Mecklenburg-Schwerin dekoriert ist. Dies zeigt einerseits, dass zumindest ein Teil des Porzellans vom Herzogshaus gesondert bestellt worden ist. Andererseits ist davon auszugehen, dass mit diesem Fund Tafelgeschirr aus dem Besitz der Großherzöge von Mecklenburg-Schwerin geborgen werden konnte, das für den alltäglichen Gebrauch bestimmt war.

Eine kleine Gruppe Scherben stammt von einem Service, das am Rand mit dem siebenfeldigen mecklenburgischen Wappen gekennzeichnet war. Hierzu gehört ein Teller, der – wie die Markenkombination auf dem Boden zeigt – um 1830 in der Königlichen Porzellanmanufaktur in Berlin hergestellt worden ist (Abb. 1-2). Weitere Fragmente lassen sich einem großen Deckel, einer spitzovalen Schale und einer großen Schale zuordnen. Dieses Service gehört in die Regierungszeit Friedrich Franz I. (1785–1837), des ersten Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin. Der geringe Anteil dieses Services könnte mit dem höheren Alter gegenüber den anderen Funden im Zusammenhang stehen.

Häufiger kommen dagegen Scherben eines Services vor, das am Rand eine Krone mit der mecklenburgischen Helmzier zeigt. Im Federschmuck ist ein halber, auf der Seite liegender Stierkopf zu erkennen. Gut erhalten findet sich dieses Motiv auf einem Tellerfragment (Abb. 3-4). Bisher gibt es nur einen Hinweis auf eine vermutlich dazugehörige Marke. Demnach könnte dieses Service zwischen 1849 und 1870 in der Königlichen Porzellanmanufaktur in Berlin hergestellt worden sein.

Weiterhin gibt es eine kleine Gruppe, die durch verschiedenartig gestaltete "FF"-Monogramme verbunden ist. Bisher fanden sich bei dieser noch keine Herstellermarken, so dass vorerst nur ganz allgemein von Auftragsgeschirr der Herzöge bzw. Großherzöge Friedrich Franz I.–IV. (Regierungszeit 1785–1918) auszugehen ist. Neben Tellerfragmenten gibt es auch einen kleinen Deckel (Abb. 5).

Die Mehrzahl der Porzellangefäße gehört zu einem Service, welches mit einer Krone gekennzeichnet ist. Nach dem jetzigen Kenntnisstand handelt es sich ausschließlich um Produkte der Königlichen Porzellanmanufaktur zu Berlin. Dieses Service ist, wie die Herstellermarken zeigen, nicht im Rahmen einer einmaligen Bestellung angeschafft worden. Eine Tasse besitzt eine Marke, die zwischen 1849 und 1870 datiert (Abb. 6). Auf mehreren Tellern und einer Sauciere fanden sich Marken, die ab 1870 verwendet wurden.

Andere Keramiken spielen in dem großen Fund nur eine untergeordnete Rolle. So gibt es einige Porzellantassen, die auf dem Boden mit einem gekrönten "N" und der Umschrift "DORÈ A SÈVRES 58" gekennzeichnet sind. Diese Stücke stammen aus der bei Paris gelegenen königlichen Porzellanmanufaktur Sèvres aus der Zeit des französischen Kaisers Napoleon III. Bonaparte (Regierungszeit 1852–1870). Einige Porzellangefäße sind in der im schlesischen Altwasser angesiedelten Firma C. Tielsch & Co. hergestellt worden und tragen Marken, die ab ca. 1875 gebräuchlich waren. Nur sehr wenige Gefäße sind aus Steingut gefertigt. Meist stammen sie aus der Produktion der Firma Villeroy & Boch. In einem Fall liegt der Beleg für ein Produkt aus dem an der Saar gelegenen Hauptsitz in Mettlach vor. Es gibt aber auch Marken dieser Firma aus dem deutschen Stammwerk in Dresden. Der Grundtyp dieser Marken der Firma Villeroy & Boch datiert zwischen 1874 und 1909. Weiterhin sei auf die Bruchstücke eines reich verzierten Steinzeuggefäßes hingewiesen, dass auf dem Boden die Marke "DOULTON LAMBETH 1878" trägt. Das betreffende Gefäß wurde folglich im Jahre 1878 in einer in London tätigen Firma hergestellt.

Ein herausragendes Stück ist ein sehr fein bemalter Teller, dessen Rand ein breites Golddekor und rosafarbene Rosen zeigt und nicht dem alltäglichen Tafelgeschirr zuzuordnen ist (Abb. 7). Im Spiegel ist ein Gebäudeensemble zu erkennen. Von der auf der Rückseite befindlichen, fragmentierten und wohl auf das Bild auf der Vorderseite zu beziehenden Aufschrift kann "de la Ville de Palma en …" gelesen werden (Abb. 8). Es könnte sich um eine Ansicht des auf Sizilien gelegenen Palma di Montechiar handeln. Weiterhin ist auf der Rückseite in blauer Unterglasurmalerei ein gekröntes "П" zu erkennen (Abb. 9). Hiermit ist Павел Петрович, also der russische Zar Paul I. (Regierungszeit 1796–1801), gemeint. Der Teller ist in der Porzellanmanufaktur St. Petersburg hergestellt worden und gehört zu einem großen Service, das anlässlich der Hochzeit des Erbprinzen Friedrich Ludwig von Mecklenburg-Schwerin mit der russischen Zarentochter Helena Pawlowna Romanowa als Mitgift nach Schwerin gekommen ist.

Eine erste Sichtung aller Marken zeigt, dass es sich um Gefäßkeramik handelt, die zwischen "um 1800" und frühestens dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts hergestellt worden ist. Obwohl es keine Hinweise auf Hitzeschäden gibt, ist an die Möglichkeit zu denken, dass dieser große Keramikfund im Zuge von Aufräumarbeiten nach dem großen Schlossbrand von 1913 in den Boden gelangt ist. Hierfür könnte auch die über dem Keramikfund lagernde Schicht sprechen, die vor allem aus nicht verbauten, reich verzierten Ziegeln sowie benutzten, mutmaßlich zurückgebauten Keramikfliesen besteht. Der Wiederaufbau des Schloßgartenflügels erfolgte unverzüglich, also noch im Verlaufe des 1. Weltkrieges.

Dr. Heiko Schäfer

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