Die Mischung macht’s! Das einzigartige Schwert von Rossow

Fund des Monats September 2017

Das Schwert von Rossow in FundlageDetails anzeigen
Das Schwert von Rossow in Fundlage

Abb. 1. Das Schwert in Fundlage

Abb. 1. Das Schwert in Fundlage

Schwerter üben seit jeher eine besondere Faszination auf den Menschen aus. Sie gelten als Statussymbole, stehen für Macht, Einfluss und Wohlstand, belegen nicht selten weitreichende Kulturkontakte oder deuten manchmal auch auf kriegerische Auseinandersetzungen hin. Dies gilt insbesondere für bronzezeitliche Schwerter, die selbst nach über 2500 Jahren nichts von ihrem ursprünglichen Reiz verloren haben, vor allem, wenn sie als Opfergaben in Flüssen oder Feuchtgebieten niedergelegt waren und dadurch die Jahrtausende fast unbeschadet überstehen konnten. Einmal ein solches Schwert zu finden, ist daher der Traum vieler ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger, wenn sie auf den Äckern und Wiesen des Landes unterwegs sind.

Für Ronny Schulz aus Löcknitz ging dieser Traum im Spätsommer 2016 in Erfüllung. Bei einer Begehung am Rand der Randowniederung bei Rossow, Lkr. Vorpommern-Greifswald, ermittelte er mit seinem Detektor ein größeres Metallobjekt im Untergrund. Nach Rücksprache mit dem Landesamt und unter Anleitung des ehrenamtlichen Bodendenkmalpflegers Kurt Schleicher, ebenfalls Löcknitz, folgte eine kleine Ausgrabung. Gemeinsam deckten sie eine 1,4 x 1,4 m große Fläche auf und stießen in 30 cm Tiefe auf ein waagerecht im Boden liegendes Bronzeschwert. Der umgebende Boden wie auch das Fehlen einer Eingrabgrube ließen erkennen, dass der Fundort zum Zeitpunkt der Niederlegung unter Wasser stand und das Fundstück erst danach im Lauf der Zeit einsandete. Offenbar ist das Schwert dort bewusst, vermutlich als Opfergabe an die Götter, im Wasser versenkt worden.

Geborgen wurde ein vollkommen intaktes, hervorragend erhaltenes bronzenes Vollgriffschwert der Periode V (900-740 v. Chr.). Die Gesamtlänge des 839 g schweren Fundstückes beträgt 63,9 cm, wobei 10,8 cm auf den Griff und 53,1 cm auf die Klinge entfallen. Der Griff hat eine ovale, seitlich hochgezogene Knaufplatte und eine gerippte, unterhalb der Mitte gebauchte Griffstange. Die Ausbauchung ist auf beiden Breitseiten mit einem ovalen Zierfeld versehen und beidseitig durch einen breiten Wulst eingefasst. An das unverzierte Parierflügelheft schließt eine schilfblattförmige, durch vier Rippen gegliederte Klinge mit gezähntem Ricasso an.

Wegen seines Sattelknaufs wirkt des Rossower Schwert auf den ersten Blick wie ein typischer Vertreter der endurnen­felderzeitlichen Mörigenschwerter, wie sie für Periode V auch aus dem nördlichen Mitteleuropa und Südskandinavien in größerer Zahl bekannt sind. Eine so deutlich gebauchte Griffstange sucht man bei Schwertern dieses Typs jedoch vergebens. Dieses Merkmal findet sich fast nur bei Antennenschwertern vom Typ Weltenburg-Corcelettes, die ebenfalls vermehrt im süddeutschen Raum vorkommen. Das Schwert von Rossow vereint somit Merkmale beider Typen. In Südwestdeutschland sind solche Mischformen unbekannt, im südlichen Ostseegebiet hingegen mehrfach belegt. Das nächste und zugleich beste Vergleichsstück wurde 1926 bei Baggerarbeiten in der Oder geborgen. Es stammt aus dem nur 30 km entfernten Mescherin, Lkr. Uckermark.

Formal ist das Rossower Exemplar gut mit dem Schwert aus Mescherin vergleichbar, gusstechnisch unterscheidet es sich jedoch grundlegend. Dies zeigen Röntgenaufnahmen, die an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW), Berlin, angefertigt wurden.1 Sie lassen nicht nur eine zylindrische Grifftülle und eine Klinge mit kurzer Griffzunge erkennen, sondern auch, dass der Knauf offenbar nachträglich – vermutlich im Überfangguss – auf die Griffstange gegossen wurde. Ob ein defekter Knauf repariert werden musste oder der Griff nach den Wünschen eines lokalen Auftraggebers individuell gestaltet wurde, ist heute nicht mehr zu beantworten. Wahrscheinlich hat der Griff seine endgültige Form erst im Norden erhalten. Ganz sicher aber ist das Rossower Schwert derzeit einzigartig!

Jens-Peter Schmidt


1 Stephan Puille, Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin, Fachbereich 5, Studiengang Konservierung und Restaurierung/Grabungstechnik, sei für die freundliche Unterstützung und die Erlaubnis zur Vorlage der Röntgenaufnahmen herzlich gedankt.

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