Aus der Feder der Reformatoren - Das Digitalisierungsprojekt "Korrespondenz der Herzöge mit Gelehrten"

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Unterschriften von Martin Luther und Philipp Melanchthon

Bild 1: Unterschrift Martin Luthers; aus: LHAS 2.12-1/24, Nr. 1
Bild 2: Unterschrift Philipp Melanchthons; aus: LHAS 2.12-1/24, Nr. 123

Bild 1: Unterschrift Martin Luthers; aus: LHAS 2.12-1/24, Nr. 1
Bild 2: Unterschrift Philipp Melanchthons; aus: LHAS 2.12-1/24, Nr. 123

Seit 2005 steht auf der Internetseite des Landesarchivs bei den Unterrichtsmaterialien für den Einsatz im Geschichtsunterricht zum Thema "Reformation" ein Brief von Martin Luther an Herzog Heinrich V. von Mecklenburg vom 27. November 1529. Dieser Brief, in dem Luther seinen Unmut über einen Druck der katholischen Ausgabe des Neuen Testaments des Dr. Emser durch die Brüder vom Gemeinsamen Leben zu Rostock zum Ausdruck brachte, stellte sich als großer Erfolg heraus, der wiederholt für Publikationen und Ausstellungen angefragt wurde, natürlich auch im Lutherjahr 2017. Aber er ist nicht der einzige Schatz aus dem Bestand "LHAS 2.12-1/24 Korrespondenz der Herzöge mit Gelehrten". Dieser Bestand, dessen Schwerpunkt im 16. Jahrhundert liegt, stellt im Landeshauptarchiv eine wahre Fundgrube für Briefwechsel der mecklenburgischen Herzöge und auch ihres Umfelds mit Persönlichkeiten gerade der Reformationszeit dar. Ein besonders eifriger Briefeschreiber war Herzog Johann Albrecht I., der ein weitgespanntes Netzwerk an Korrespondenzen pflegte und dessen Briefwechsel einen Großteil des Bestandes ausmachen. Neben den beiden großen Namen der Reformation Martin Luther und Philipp Melanchthon sind hier viele Vertreter aus ihrem näheren und weiteren Umfeld anzutreffen.

In Mecklenburg finden wir beispielsweise Jakob Bording, Leibarzt Herzog Heinrichs V. und Professor an der Universität Rostock, Johannes Saliger oder auch Beatus, einen streitbaren Theologen an der Marienkirche in Rostock, später in Wismar, Mathias Markus Dabercusius, Rektor der Schule zu Schwerin oder Johannes Oehmichen, Propst zu Güstrow. Vor allem auch sind David Chytraeus, den Luther- und Melanchthon-Schüler, der sich als Professor an der Universität Rostock große Verdienste um den Aufbau der evangelischen Kirchenorganisation in Mecklenburg erwarb, und Andreas Mylius, den vielleicht wichtigsten Berater des Herzogs in wissenschaftlichen Dingen, der für ihn Übersetzungen ins Lateinische anfertigte sowie eine Genealogie und Chronik der mecklenburgischen Fürsten verfasste, vertreten.

Bild 3: Schreiben Johannes à Lascos; aus: LHAS 2.12-1/24, Nr. 112Details anzeigen
Bild 3: Schreiben Johannes à Lascos; aus: LHAS 2.12-1/24, Nr. 112

Bild 3: Schreiben Johannes à Lascos; aus: LHAS 2.12-1/24, Nr. 112

Bild 3: Schreiben Johannes à Lascos; aus: LHAS 2.12-1/24, Nr. 112

Im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation reichten die Kontakte der mecklenburgischen Herzöge von Johannes Aurifaber, dem Herausgeber der Predigten und Tischreden Luthers, über Nicolaus Gallus, den Reformator Regensburgs, bis zu Hermann Hamelmann, dem Begründer der Kirchen- und Schulordnung Oldenburgs und damit einen Vordenker des Volksschulwesen. Vertreten waren auch Tilemann Heshusius, letzter evangelischer Bischof des Samlandes, oder Johannes Wigand, evangelischer Bischof von Pomesanien. Auch erhielt Herzog Johann Albrecht Schreiben von jenseits der Reichsgrenzen, zum Beispiel von dem Baseler Professor für Hebräisch Sebastian Münster oder von Vorstehern der niederländischen Gemeinde in London. Mit ihnen begegnet uns einer der bedeutenden Vertreter der reformierten Glaubensrichtung im 16. Jahrhundert, Johannes à Lasco.

Zu den gelehrten, nicht-theologischen Korrespondenzpartnern zählten beispielsweise der Kartograph Tilemann Stella, der die erste bekannte Karte Mecklenburgs schuf und in seinem Reisetagebuch die Schlosskirche in Torgau, den ersten evangelischen Kirchenneubau der Welt, skizzierte, oder der dänische Astronom Tycho Brahe, der durch herzogliche Fürsprache eine Stelle als kaiserlicher Hofmathematiker erhielt.

 

Wer sich mit allen Namen vertraut machen möchte, die in dem Bestand zu entdecken sind, kann sich mit Hilfe des Onlinefindbuchs unter "Älteres Aktenarchiv" einen ersten Überblick verschaffen.

Dank eines Digitalisierungsprojekts im Landeshauptarchiv können demnächst viele dieser Archivalien direkt am eigenen Schreibtisch im Original gelesen werden, ohne dass ein Platz im Lesesaal des Archivs reserviert werden muss. 2015 wurden erste Gelder bewilligt, um den kompletten Bestand mit Hilfe eines Werkvertrags zu digitalisieren. 235 Akten wurden Seite für Seite gescannt, sodass am Ende 6704 Digitalisate entstanden. In diesem Jahr wurden nun die Digitalisate der Briefe des 16. Jahrhunderts weiterbearbeitet und für die Einstellung in die Digitale Bibliothek Mecklenburg-Vorpommern vorbereitet. Die ersten Briefe sind bereits in der Datenbank zu finden und werden täglich um weitere ergänzt. Demnächst sind hier von Georg Acanthius bis Ulrich Zander die Korrespondenzen der Gelehrten mit den mecklenburgischen Herzögen aus der Reformationszeit recherchierbar und stehen derForschung zur Verfügung.

Dr. Antje Koolman