Der Kampische Hof - klösterliches Erbe in der Hansestadt Stralsund

Denkmal des Monats Februar 2012

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Abb. 1: Stralsund, Mühlenstraße 23, Kampischer Hof

Abb. 1: Stralsund, Mühlenstraße 23, Kampischer Hof

In der Mühlenstraße 23 der Hansestadt Stralsund befindet sich ein Gebäudekomplex, der seit vielen Jahren auf eine neue Bestimmung wartet (Abb. 1). Drei Bauten gruppieren sich u-förmig um einen Innenhof, der durch eine Mauer mit zwei Durchgängen zur Straße abgegrenzt wird. Der Nordflügel ist zweigeschossig mit einem Blendengiebel zur Straße orientiert. Auf der Südseite steht ein viergeschossiger Baukörper mit Walmdach. Beide backsteinsichtigen Gebäude aus dem 14. Jahrhundert werden heute mit dem zweigeschossigen verputzten barocken Westflügel mit Portal in der Mittelachse verbunden. In die Westfassaden des Mittelbaus wurden Teile der mittelalterlichen Stadtmauer integriert.

Die Anlage ist ein Relikt aus klösterlicher Zeit, auch wenn sie selbst keine sakrale Funktion innehatte. Hier war der Stadthof zur Lagerung von Waren des 1231 gegründeten Klosters Neuenkamp, dem heutigen Franzburg. Außerdem konnte er als Herberge für Ordensangehörige dienen. Das etwa 25 km von Stralsund entfernte Zisterzienserkloster erhielt 1257 in der noch jungen Stadt Stralsund ein Grundstück, das 1308 zu diesem Zweck erweitert wurde. Der Bau wurde vermutlich bereits in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts begonnen, fertig gestellt wurde der Südflügel jedoch erst mit Integration der Stadtmauer kurz nach der Grundstückserweiterung Anfang des 14. Jahrhunderts. Der Nordflügel entstand wenige Jahre später.[1]

Nach der Säkularisation des Klosters Neuenkamp begann eine Zeit mit Besitzer- und Nutzungswechseln. Das pommersche Herzogshaus, die Stadt, und vor allem die schwedische Regierung nutzten die Gebäude als Lager, Magazin und königliches Rentamt. Um 1700 entstand unter schwedischer Führung auch der repräsentative Westflügel (Abb. 2). Mit Abzug der Schweden gingen die Gebäude wieder in den Besitz der Stadt über und dienten im 19. und 20. Jahrhundert weiterhin als Speicher. Der Westflügel wurde bewohnt.

Im Laufe der Jahrhunderte hatte es immer wieder kleinere und größere Reparaturarbeiten und Umbauten an den Gebäuden gegeben. 1682 wurden die hölzernen Innenkonstruktionen im Südflügel und 1720/21 im Nordflügel erneuert. Dies ist vielleicht auf den Stadtbrand von 1680 zurückzuführen. Starke Schäden an den Backsteinmauern vor allem des Südflügels, die teilweise bis zum Verlust großer Wandbereiche geführt haben, sind bereits seit vielen Jahrzehnten bekannt (Abb. 3). Sie waren 1992 auch ein Beweggrund des damaligen Bundesministeriums für Forschung und Technologie (BMFT), den Kampischen Hof als Pilotprojekt in das Forschungsvorhaben zur Untersuchung des Ziegelverfalls aufzunehmen. Unter Federführung des Deutschen Zentrums für Handwerk und Denkmalpflege, Propstei Johannesberg, Fulda e.V. konnten von verschiedenen Institutionen umfangreiche Untersuchungen vor allem an der sehr stark geschädigten Südwand durchgeführt werden. Als eine Schadensursache wurde die hohe Belastung des Mauerwerks mit Kochsalz angenommen und auch festgestellt. Die vielfältigen Untersuchungen wurden 1997 beendet. Verschiedene Ziegelzusammensetzungen, Anpassungen von Mörteln für die Vermauerung und Verfugung sowie für die Hinterfüllung der Vormauerschale wurden getestet. Klimakammern im Innern dienten zur Erforschung von Wandbeschichtungen, die unter den starken Salzbelastungen einer für Wohnnutzung ausgelegten Temperatur ausgesetzt wurden. Die Veränderung der Feuchte- und Salzbelastung im Mauerquerschnitt wurde ausgewertet. Auch traditionelle Wandbeschichtungen im Innern und am Außenbau wurden angebracht und visuell beobachtet (Abb. 4).

Heute, fast 15 Jahre später, stellt sich die Frage, wie man mit dem bedeutenden Baudenkmal zukünftig verfahren will. Die Hansestadt Stralsund hat das Gebäude von einem privaten Eigentümer erworben. Denn "ihr stolzestes Gebäude ist heute noch der Campische Hof" wie 1925 Ernst Uhsemann in "Streifzüge durch das alte Stralsund" über die Mühlenstraßenbebauung urteilte.[2] Nicht nur für den Straßenzug sondern für die gesamte Welterbestadt ist der Kampische Hof ein außergewöhnliches Zeugnis klösterlicher Prosperität. Hier wurden die Erzeugnisse des Klosters für den Verkauf gelagert. Mittelalterliche Klosterhöfe lagen in der Regel an den Stadträndern innerhalb der Mauern. Der nahe Markt war für den Handel unabdingbar. Bis heute sind die Speicherfunktionen erkennbar. Insbesondere zeigt der südliche Speicherbau mit seiner hölzernen Binnenstruktur aus dem 17. Jahrhundert und den Kreuzgewölben im Keller die alte Funktion.

Es ist verständlich, dass die Hansestadt Stralsund zusammen mit dem Sanierungsträger SES eine Nutzung für den Komplex finden möchte. Es gibt einen großen Reparaturstau. Leider gab es aus dem Forschungsprojekt der 1990er Jahre keine brauchbaren Ergebnisse für eine Erhaltungskonzeption. Dennoch müssen allzu schnelle Entscheidungen über eine Nutzung, die dem Bauwerk nicht adäquat ist, vermieden werden.

Dieses bedeutende Baudenkmal erfordert eine sensible Erhaltung der Baukörper mit den baugeschichtlichen Veränderungen. Notwendige zusätzliche bauhistorische Untersuchungen werden neue Erkenntnisse zum Bauablauf und zur Geschichte der Flügelbauten erbringen. Der Welterbestadt Stralsund ist eine glückliche Hand bei dem weiteren Umgang mit dem Kampischen Hof zu wünschen. Vielleicht gelingt es, als ersten Schritt eine behutsame, nutzungsunabhängige Instandsetzung zumindest des Süd- und Nordflügels zu beginnen.

Der Kampische Hof prägt die Mühlenstraße, die Stadt und ist weit über die Region bekannt. Er ist mit seinen Veränderungen noch heute ein einzigartiges Beispiel für die mittelalterliche Einbindung des klösterlichen in das städtische Wirtschaftsleben.

Dr. Klaus Winands


Fussnoten

[1] Es fehlt eine umfassende Monographie über den Kampischen Hof. – Vergleiche aber: Thomas Brockow, Das Baudenkmal Kampischer Hof. – DenkmalSchutz und DenkmalPflege in Mecklenburg-Vorpommern 5, 1998, S. 17–22.

[2] Ernst Uhsemann, zitiert nach Thomas Brockow 1998, S. 17.

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