Denkmal des Monats April 2024

Der Aussichtsturm auf Behm’s Höhe und der Luftkurort „Augustabad bei Neubrandenburg“ – Von der Wiederentdeckung eines kulturlandschaftlichen Zusammenhangs

Abb. 1.Neubrandenburg, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Aussichtsturm auf Behm’s Höhe (1905) am Tollensesee mit der Stadt Neubrandenburg am Horizont, 2019.Details anzeigen
Abb. 1.Neubrandenburg, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Aussichtsturm auf Behm’s Höhe (1905) am Tollensesee mit der Stadt Neubrandenburg am Horizont, 2019.

Abb. 1.Neubrandenburg, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Aussichtsturm auf Behm’s Höhe (1905) am Tollensesee mit der Stadt Neubrandenburg am Horizont, 2019.

Abb. 1.Neubrandenburg, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Aussichtsturm auf Behm’s Höhe (1905) am Tollensesee mit der Stadt Neubrandenburg am Horizont, 2019.

Der Aussichtsturm auf „Behm‘s Höhe“2 (1905) stellt nicht nur die bedeutendste Landmarke des Tollensesees dar (Abb. 1), sondern markiert darüber hinaus auch den städtebaulichen Höhepunkt der ehemaligen Villenkolonie ‚Augustabad‘3, die heute im Lindenbergviertel, einem Stadtteil von Neubrandenburg, zu verorten ist. Jener bauliche Lug-ins-Land bildet hierbei – pars pro toto – den narrativen Aufhänger, anhand dessen die Entwicklungsgeschichte des Nemerower Holzes zum Naherholungsgebiet der Neubrandenburger aufgezeigt werden soll. Der Turm muss in diesem Kontext als integraler Bestandteil des ehemals autarken Sommerfrischeorts ‚Augustabad‘ angesehen werden.

So entstehen nach 1895 und dem Bau des gleichnamigen Kurhauses, das gewissermaßen den touristischen Kern des Ausflugsgebiets darstellt, zahlreiche Kulturlandschaftselemente, die dem Funktionsbereich der Naherholung zuzurechnen sind. Der Aussichtsturm auf Behm’s Höhe stellt hierbei aber nur eine Komponente im Kanon der touristischen Infrastruktur dar. Deshalb sollen am Ende dieses Aufsatzes weitere Kulturlandschaftselemente im Umfeld von Behm’s Höhe vorgestellt werden. So soll der Text dazu anregen, sich selbst auf ‚Schusters Rappen‘ zu begeben, um das historische Ausflugsgebiet der Neubrandenburger Stadtbevölkerung kennenzulernen, zumal sich ein Großteil des Nemerower Holzes zwischen 1953 und 1990 im militärischen Sperrgebiet des Reparaturwerks Neubrandenburg (RWN) befand.4 Ein Zugang zum Aussichtsturm war indes über einen Zeitraum von rund fünfzig Jahren nicht mehr möglich, sodass auch die anderweitigen Relikte der historischen Naherholung in Vergessenheit gerieten.

Die landschaftliche Schönheit des Tollensesees – oder: „ein entzückendes Panorama [...], wie es kaum die besten Punkte im Harz und in Thüringen aufweisen.“⁵

In Zusammenhang von Behmshöhe und Augustabad muss insbesondere auf die naturräumliche Gunstlage der Stadt Neubrandenburg hingewiesen werden, die nicht nur für die Villenkolonie im Nemerower Holz, sondern auch für die Entstehung des Aussichtsturmes von entscheidender Bedeutung war. Ähnlich wie am Starnberger See6, genießt man von der Nordspitze des zungenbeckenartig ausgeformten Tollense-Sees einen Blick auf die schier endlose Weite der Wasserfläche, die bis zum Horizont zu reichen scheint, während die seebegleitenden, steilen und bewaldeten Höhenrücken dem Wanderer „unzählige malerische Scenerien“7 offerieren. Die vielen, geradezu panoramatischen Ausblicke, die man von den Uferanhöhen, aber auch aus dem Stadtkörper Neubrandenburgs heraus, auf den See erleben kann, stellen für die Vier-Tore-Stadt ein visuelles Alleinstellungsmerkmal dar (Abb. 2). Schon Wilhelm Raabe weist auf diesen glücklichen Umstand hin, dass das Landschaftsbild um Neubrandenburg als eines der „anziehendsten Mecklenburgs“8 zu beschreiben sei. So konnten sich im Laufe des 19. Jahrhunderts insbesondere die stadtnahen Uferbereiche des Tollense-Sees, zu ausgeprägten und idealtypischen Naherholungsgebieten entwickeln. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang das am Westufer gelegene Brodaer Holz mit dem großherzoglichen Belvedere (1822), und seinem östlichen Pendant, dem Nemerower Holz, mit dem ehemaligen Kurhaus Augustabad (von 1895; Abriss: 2006) und der noch punktuell erhaltenen, ab 1908 entstandenen Villenkolonie.

Die ‚touristische Entdeckung‘ des Nemerower Holzes (Ostufer)

Nach den Napoleonischen Befreiungskriegen (1813-15) und der durch die Aufklärung induzierten Naturbegeisterung werden die Uferanhöhen des Tollense-Sees, die sich in fußläufiger Entfernung der Stadtbevölkerung befinden, für die Zwecke des sonntäglichen Naherholungsverkehrs in Wert gesetzt.

Der Besuch des Großherzogs Georg (1779-1860) mit seiner jungen Gemahlin Marie (1796-1880) in Neubrandenburg im August 1818 markiert hierbei den Beginn der touristischen Erschließung. Wie zeitgenössische Quellen berichten, wurde ihnen zu Ehren im Nemerower Holz ein Vogelschießen veranstaltet.9 Für diesen feierlichen Anlass hatte man ebenfalls landschaftsverschönernde Maßnahmen durchgeführt. So hatte man im Umfeld des Schießplatzes erste „[...] Gänge, Plätze und Lauben [...]“10 im Nemerower Holz angelegt. Das Vogelschießen mutierte zu einem über die Stadtgrenzen hinaus bekannten Volksfest, das man fortan im jährlichen Turnus wiederholte. Schon 1820 wurde ein Promenadenweg entlang des Stargarder Bruchs bis zur heutigen Augustastraße angelegt, sodass die Gegend schon im ersten Viertel des 19. Jh. zum Ziel ‚sonntäglicher Wallfahrten‘ avancierte und fußläufig in gerade einmal vierzig Minuten von der Stadtmitte aus zu erreichen war (Abb. 3).11 Somit war es nur eine Frage der Zeit, bis die erste Restauration, die spätere Gaststätte Hieronymus, im Bereich der heutigen Kegelbahn (1842) errichtet war.12 Der Standort war nicht zufällig gewählt worden, da in diesem Bereich eine wasserführende Quelle existierte, die unter anderem für das Zubereiten des Kaffees zur Verfügung stand.13 Mit der Erschließung des Ostufers durch den Ausflugsdampfer ‚Fritz Reuter‘ ab dem Jahr 1884, konnte man fortan nicht nur fußläufig, sondern auch über den Wasserweg, vom Neubrandenburger Oberbach, das Nemerower Holz erreichen.14

Die Etablierung von ‚Behm’s Höhe‘ als Aussichtspunkt (um 1875)

Entscheidend für die langfristige Attraktivität des Nemerower Holzes war die Errichtung von Kleindenkmälern und attraktiven Aussichtspunkten durch den Verschönerungsverein. So wird beispielsweise um 1875 der Aussichtspunkt ‚Behm’s Höhe‘ angelegt und für Wanderer erschlossen. Im Zuge dessen wird eine Fläche im Forst planiert, ‚Bewehrungen‘ (werden als Absturzsicherung angebracht) und Sitzgelegenheiten aufgestellt (Abb. 4).15 Schon in den 1870er Jahren war der Platz nach dem ehemaligen Bürgermeister Neubrandenburgs, Erasmus Behm (1596-1631), benannt worden, der 1631 von kaiserlichen Truppen des Generals Tilly ermordet worden war.16 Den Primärquellen zufolge hatte man also, schon lange vor dem Bau des Aussichtsturms (1905), von dort aus eine „weite Aussicht über den See“ 17 bis Prillwitz.

Die Gründung der Aktiengesellschaft und des Kurhauses Augustabad (1895)

Was dem Nemerower Holz bisher fehlte, war ein Logierhaus, um den Besuchern auch einen längerfristigen, mehrtägigen Aufenthalt anzubieten. So riefen finanzkräftige Honoratioren und Bürger der Stadt eine Aktiengesellschaft (1895) ins Leben. Gegenstand des Unternehmens war die „[...] Erbauung eines Kurhauses [...] und Betrieb einer Hotelwirthschaft in demselben.18 Weiterhin wurde der Bau einer eigenfinanzierten Villenkolonie in Aussicht gestellt.19 Mit der Errichtung des im Schweizer Stil gehaltenen nunmehrigen ‚Augusta-Bads‘ hatte der Ausflugsort jetzt sein erstes eigenes Logierhaus (Abb. 5).20 Als berühmtester Kurgast muss wohl Theodor Fontane gelten, der hier von Juni bis Juli 1897 weilte und hier das Manuskript seines ‚Stechlin‘ finalisierte.21

Die geplante Villenkolonie ließ allerdings noch ein Jahrzehnt auf sich warten. Erst im Jahr 1908 begann man mit der Projektierung einzelner Villen, die vornehmlich als Pensionshäuser, also für Sommerfrischler konzipiert waren.22 Ab dato sprach man nicht mehr nur vom ‚Kurhaus Augustabad‘, sondern ebenfalls von der „[Villen] Kolonie Augustabad.“23 Mit den zahlreichen Pensionsvillen, die mit ihren offenen Veranden allesamt auf den Tollensee-See ausgerichtet sind, wollte sich die Aktiengesellschaft Augustabad schließlich auch im Wettbewerb der kaiserzeitlichen Sommerfrischedestinationen in Szene setzen. In Reiseführern und Verkehrsbüchern ist deshalb immer wieder vom „Luftkurort“24 die Rede. Die Aktiengesellschaft adressierte daher in erster Linie solche Patienten, die an Nervosität, leichteren Lungenerkrankungen usw. zu leiden hätten.25 Im Gegenzug warb man mit einer ‚gegen Ostwinde geschützten Lage‘ und einem vielseitigen Wassersportangebot (Rudern, Angeln) sowie mit einem hauseigenen Tennisplatz.26

Ein Aussichtsturm als städtebauliche Krone des Augustabads

Um dem Wettbewerb der Sommerfrischedestinationen standzuhalten, ergriff der Neubrandenburger ‚Verein zur Hebung des Fremdenverkehrs‘ bzw. der spätere ‚Verschönerungsverein‘, auch eine Reihe baulicher Maßnahmen, um das Attraktivitätspotenzial zu erhöhen.27 Im Fokus der landschaftlichen Transformation stand erneut Behm‘s Höhe, da ein Ausblick auf den See und die Stadt Neubrandenburg durch das Gehölzdickicht schon 1898 nicht mehr möglich war.28 So beschloss man 1897 das großangelegte Projekt der Erbauung eines Aussichtsturms in Angriff zu nehmen, der als Instrument der überregionalen Fremdenverkehrswerbung gedacht war, um den Tourismus im Augustabad - durch Schaffung eines Alleinstellungsmerkmals - auf ein neues Niveau zu heben.29

Der Verein sorgte als Bauherr nicht nur für die Durchführung des baulichen Unternehmens, sondern initiierte auch mehrere Spendensammlungen, die den Zeitraum von 1897 bis 1905 umfassten, ehe man die erforderliche Bausumme (8200 Mark) aufbringen konnte.30 Die in den Jahren 1899 und 1903 auf Belvedere, also im Brodaer Holz sowie auf dem Neubrandenburger Pferdemarkt (1903) ausgerichteten Volksfeste, hatten in erster Linie die Finanzierung des Aussichtsturms zum Ziel (Abb. 6). Mit einer finalen Schenkung ihrer „[...] Kgl. Hoh. der Frau Großherzogin Elisabeth [1857-1933]“31 konnte der Bau schließlich in gerade einmal vier Monaten, zwischen dem 1. März und dem 10. Juni 1905 errichtet werden.32

Die Bauausführung lag in den Händen des in Berlin-Charlottenburg ansässigen Architekten Carl Fehmer (*1856), dessen Bruder, Paul, seit 1895 als Hofphotograph und Bürger Neubrandenburgs in Diensten des mecklenburg-strelitz‘schen Hofes stand.33 Aus der lokalen Presse (hier von 1905) erfährt man mehr über das bauzeitliche Erscheinungsbild: „Der Turm wird massiv und vierkantig ausgeführt, in der Mitte wird ein Balkon als Ruhepunkt und zum Ausguck eingebaut; die oberste Galerie ist 21 Meter hoch, und führt zu derselben eine Treppe mit 100 Stufen hinauf; die Turmspitze wird eine Höhe von etwa 30 Meter haben. […].“34 Hinsichtlich der architektonischen Gestaltung (Abb. 7) ist eine Ähnlichkeit mit gotischen Wehrtürmen nicht von der Hand zu weisen. Für die These sprechen zum einen die massiven, aufgemauerten Strebepfeiler, welche alle vier Ecken des Turmes akzentuieren, aber noch vielmehr die hier nur zur Dekoration verwendeten Wurföffnungen, die sogenannten Maschikulis, die noch im Mittelalter dazu verwendet wurden, um Angreifer durch die angedeuteten Wurföffnungen mittels Wurfsteinen abzuwehren. Bemerkenswert ist auch die Ähnlichkeit mit dem Neubrandenburger Fangelturm, der als Teil der Stadtbefestigung seit 1400 im Bereich der heutigen 2. Ringstraße situiert ist. Beide Bauten charakterisiert ihr weithin sichtbarer Zinnenkranz und ihr Dachabschluss in Form eines kegelförmigen Spitzdaches.

Blickbeziehungen zwischen dem Aussichtsturm und der Landschaft

Abb. 9. Neubrandenburg, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Blick von Behmshöhe auf das Nemerower Holz und den Tollensesee, 2024.Details anzeigen
Abb. 9. Neubrandenburg, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Blick von Behmshöhe auf das Nemerower Holz und den Tollensesee, 2024.

Abb. 9. Neubrandenburg, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Blick von Behmshöhe auf das Nemerower Holz und den Tollensesee, 2024.

Abb. 9. Neubrandenburg, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Blick von Behmshöhe auf das Nemerower Holz und den Tollensesee, 2024.

Im Hinblick seiner städtebaulichen Bedeutung setzt der Lug-ins-Land neue Maßstäbe. Mit der Platzierung auf einer der höchsten Stellen des Ostufers, ist er überaus raumwirksam platziert und bei gutem Wetter selbst von Prillwitz aus wahrnehmbar (Fernwirkung). Damit ähnelt der Turm in seiner topographischen Einbettung, dem von Franz Heinrich Schwechten errichteten Kaiser-Wilhelm-Turm bzw. Grunewaldturm (1899) auf dem Karlsberg, am Ostufer der Havelseenkette, im Berliner Grunewald.35 Der Aussichtsturm auf Behm’s Höhe ist demzufolge von nahezu allen historischen Aussichtspunkten im nördlichen Bereich des Seengebietes aus einsehbar. Beispielsweise von der Aussichtsplattform des ‚Kulturfingers‘ (dem von Iris Dullin-Grund entworfenen, 1965 fertiggestellten Hochhaus, als Teil des Baukomplexes des Hauses der Kultur und Bildung, HKB). Spektakulär ist ebenfalls der Blick auf Behm’s Höhe von der durch Friedrich Wilhelm Buttel gestalteten Balustrade der Marienkirche (1832-41) (Abb. 8). Aber auch von der westlichen Uferseite, vom großherzoglichen Teehaus (1823) bzw. dem später als Landesehrenmal für die Gefallenen des ersten Weltkriegs umkodierten Denkmal, ist der Turm als städtebauliche Krone des Sees wahrnehmbar. Abschließend sei auch auf die Blickbeziehungen hingewiesen, die sich von der Promenade, zwischen dem ehemaligen öffentlichen Badehaus der Stadt (heute ist an dieser Stelle das Hotel Badehaus platziert) und dem Weg nach Augustabad ergeben. Behmshöhe ist entlang der Promenade immer wieder als wegbegleitende Landmarke präsent, und betont schon von weither den Zielort der Neubrandenburger Ausflügler, das im Nemerower Holz gelegene Augustabad.

In reverso müssen aber auch die panoramatischen Aussichten genannt werden, die sich vom Turm aus ergeben (Abb. 9-11). Bei der Einweihung des Bauwerks (1895) werden die visuell wahrnehmbaren Landschaftspunkte ausführlich geschildert: „Die Aussicht vom Umgang an der Spitze ist hervorragend schön, insbesondere gewährt der Blick auf den See und die umliegenden bewaldeten Höhen [...] ein unvergleichliches Panorama wie man es in Mecklenburg-Strelitz wohl nicht mehr findet. Nach Norden zu überschaut man die Stadt und das Tollense-Tal weithin bis nach Treptow, welches bei klarem Wetter deutlich sichtbar ist, nach Westen blickt man auf einzelnen Stellen über das Brodaer Holz fort. Belvedere scheint tief unter uns zu liegen. […]“36 Bemerkenswert sind darüber hinaus die Blickbeziehungen, die durch den zungenbeckenartigen See geradezu vorgezeichnet scheinen. So schweift der Blick über das 700 ha umfassende Landschaftsschutzgebiet des Nemerower Holzes und die schier endlose Weite des Tollense-Sees bis zum Horizont bei Prillwitz.

Kulturlandschaftselemente im räumlichen Kontext von Behm’s Höhe

Arionshöhe (1829) und Arionstein (1929) unterhalb von Behm’s Höhe

Wenige Meter unterhalb des Aussichtsturms existierte bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein Aussichtsplatz „mit weiter Sicht auf See und Wald“37, der seitdem Arionshöhe genannt wird. Hier traf sich seit seiner Gründung im Jahre 1829 der Männergesangverein Arion (M.G.V.) zu seiner jährlichen Zusammenkunft, um hier die „musikalische Abendfeier im engen Kreise [...]“ abzuhalten.38 Somit geht auch die Benennung Arionshöhe auf den M.G.V. ‚Arion von 1829‘ zurück.39 Der mythische Sänger der Antike, Arion, war hierbei Namensgeber des Neubrandenburger Sängerbundes gewesen. Ähnlich wie beim Aussichtsplatz Behm’s Höhe wurde nun auch der Aussichtsplatz Arionshöhe durch landschaftsgestalterische Maßnahmen in seiner Aufenthaltsqualität gesteigert. Aus Anlass des einhundertjährigen Vereinsjubiläums (1929) wurde ein großer erratischer Block, ein Findling, von der Gemarkung des Gutes Fünfeichen gestiftet und zur Arionshöhe gebracht (Abb. 12).40 So stellt das eingetragene Kulturdenkmal seit seiner Weihe, am 9. September 1929, das Wahrzeichen der Höhe dar. Auf dem rötlich schimmernden Granit lässt sich seitdem folgende Aufschrift ablesen: ‚Arion 1829 – 1929. Im Liede frei, stets deutsch und treu.‘

Suhlweg und Suhlquelle (1909) südöstlich von Behm’s Höhe

Spätestens mit der Finalisierung des Aussichtsturms (1905), wurde das Nemerower Holz durch den Verschönerungsverein systematisch für den Tourismus erschlossen. Sanft ansteigende Promenaden führten durch das lichte Buchenholz zu neu geschaffenen Ausflugszielen. So wurde vom Verschönerungsverein, auf halbem Wege zwischen Augustabad und dem ehemaligen Wirtshaus Tannenkrug41, eine Quelle am Hang des Nemerower Holzes baulich gefasst, sodass hier 1909 „[...] ein reizendes Idyll“42 entstand.43 Der Name ‚Suhlquelle‘ ist hierbei in eine quadratische Granitplatte bildhauerisch eingelassen, die über dem eigentlichen Wasseraustritt angebracht ist. Die Fassung besteht ihrerseits aus einer grottenähnlichen, im Halbrund angelegten, feldsteinverkleideten Hangstützmauer (Abb. 13). In geologischer Hinsicht handelt es sich um Schichtenwasser, das häufig im Bereich der Seitentäler des Ostufers oberflächlich ansteht. Aus der Neubrandenburger Zeitung von 1909 erfährt man weiterhin, dass auch die nähere Umgebung des „geschmackvolle[n] Grottenbau[s]“44 durch begleitende „Anpflanzungen“45 dem Wanderer zur Zierde gereichte. Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die Suhlquelle vom LAKD als eingetragenes Bodendenkmal gelistet ist.46

Johannes Martin Müller

Fußnoten

1 Mecklenburgischer Verkehrsverband (Hrsg.)(1912): Führer durch Mecklenburgs Städte, Ostsee-Bäder und Sommerfrischen. Schwerin: Bärensprung‘sche Hofbuchdruckerei. S.117

2 Hier wird die bauzeitliche Schreibweise zitiert; vgl. eine Ansichtspostkarte des Aussichtsturms im Stadtarchiv Neubrandenburg, Bestand 4.01.01 AE 1655, Datierung: 1911

3 Die Benennung erfolgte zu Ehren der Großherzogin Augusta Caroline von Mecklenburg-Strelitz (1822-1916), vgl. Pergande, F. (2007): Hundertzwanzig Stufen: der Tollensesee, ein Reisebegleiter. Schwerin: Helms. S.61

4 Alle Reparaturarbeiten an Kettenfahrzeugen des DDR Militärs wurden auf dem Gelände der ehemaligen Torpedoversuchsanstalt durchgeführt. Weiterhin wurde in den 1970er Jahren, zwischen Augustabad und Klein Nemerow eine Teststrecke für die Erprobung jener militärischen Fahrzeuge eingerichtet. Betonfahrspuren und Kopfsteinpflasterpassagen legen davon heute noch Zeugnis ab.

5 Neubrandenburger Zeitung, Allg. Mecklenb. Anzeiger, 49. Jg., Nr. 147, 28.06.1898, S.2.

6 Die Lage der Stadt Starnberg ähnelt der von Neubrandenburg auf frappierende Weise, da beide Orte an der Nordspitze eines zungenbeckenförmigen Sees liegen, die beide von steilflankigen Moränenzügen begleitet werden, die der glazialen Serie angehören.

7 Neubrandenburger Verkehrs-Verein (Hrsg.)(1913): Neubrandenburg und Umgebung. Neubrandenburg: Buchdruckerei G. Feller. S.14

8 Raabe, W. (1894): Mecklenburgische Vaterlandskunde. Erster Band. Specielle Ortskunde beider Großherzogthümer Mecklenburg. Wismar: Hinstorff’sche Hofbuchhandlung. S.1220

9 Der Platz des Schießwettbewerbs ist als Bodendenkmal eingetragen; vgl. Gemarkung Neubrandenburg, Fundplatznr. 414. Mittels Detektor konnten hier 144 Bleikugeln sowie 133 Spitzgeschosse aufgefunden werden. Gezielt wurde hierbei nicht auf lebende Tiere, sondern auf hölzerne Attrappen.

10 Boll, F. (1875): Chronik der Vorderstadt Neubrandenburg. Erstes Heft. Neubrandenburg: Verlag C. Brünslow. Pagina XIV

11 Vgl. Verlag der Brünslow’schen Hofbuchhandlung (Hrsg.) (1888): Führer durch Neubrandenburg und Umgegend. Mit einem Plane der Stadt und einer Karte der Umgegend. Neubrandenburg. 1. Aufl. S.26; vgl. Ahlers, W. (1876): Historisch-topographische Skizzen aus der Vorzeit der Vorderstadt Neubrandenburg. Neubrandenburg: Verlag C. Brünslow. S.146) sowie BOLL (1875, pagina XIV)

12 Vgl. Wendt, K. (1922): Geschichte der Vorderstadt Neubrandenburg in Einzeldarstellungen. Neubrandenburg: Hubert Moerke Verlagsbuchhandlung. S.208

13 Vgl. Smolinski, M. (1995): Zur Geschichte des Aussichtsturmes Behmshöhe. In: Neubrandenburg aktuell, 1995, Hf.7. S.34

14 Vgl. Mohr, G. (2005): Wundervolle Tollense: Ausflugs- und Wanderziele rund um Altentreptow, Burg Stargard, Neubrandenburg, Penzlin. Friedland: Steffen. S.152

15 Vgl. Neubrandenburger Zeitung, Allg. Mecklenb. Anzeiger, 15.09.1875, Nr.104, o.S

16 Vgl. Grewolls, G. & Starsy, P. (2023): Wer war wer in Neubrandenburg. Ein Personenlexikon. Schriftenreihe des Regionalmuseums Neubrandenburg. S.73; Auch die Behmenstraße in Neubrandenburg erinnert gegenwärtig an Erasmus Behm

17 Mayer, A. (1890): Geschichte des Großherzogtums Mecklenburg-Strelitz von 1816-1890 nebst Chronik der Stadt Friedland von 1244-1890. Neustrelitz: Barnewitz’sche Hofbuchhandlung. S.13

18 Neubrandenburger Zeitung, Allg. Mecklenb. Anzeiger, 46. Jg., Nr. 71, 26.03.1895, S.3

19 Vgl. EBD.

20 Vgl. MOHR (2005, S.22)

21 Fontane zit. nach Drude, O & Nürnberger, H. (Hrsg.) (1998): Theodor Fontane, Briefe, Vierter Band 1890-1898. Als Teil des Gesamtwerks: Theodor Fontane: Werke, Schriften und Briefe, Abteilung IV. München: Carl Hanser Verlag. S.652-659

22 Verlag der Brünslow’schen Hofbuchhandlung (Hrsg.) (1908): Führer durch Neubrandenburg und Umgegend. Mit […] einem Plane der Stadt und einer Karte der Umgegend. Neubrandenburg. 3. Aufl. S.10; Die Villenkolonie entsteht entlang der heutigen Straßen Kastanienweg, Lindenstraße und Buchenweg

23 NEUBRANDENBURGER VERKEHRS-VEREIN (1913, S.9); Die Villa Hochburg stellt in diesem Zusammenhang einen Sonderfall dar, da sie bereits um 1898 als Unternehmerwohnsitz für Otto Petersdorff errichtet wurde.

24 Quade, G. (1897): Quade’s Führer durch Mecklenburg. Wismar: Hinstorff’sche Hofbuchhandlung. S.76

25 Vgl. EBD (S.82)

26 Vgl. EBD.; vgl. BRÜNSLOW’SCHE HOFBUCHHANDLUNG (1908, S.6 im Anzeigenteil)

27 Vgl. Maubach, P. (1997): Neubrandenburg: so wie es war. Droste: Düsseldorf. S.91

28 Neubrandenburger Zeitung, Allg. Mecklenb. Anzeiger, 49. Jg., Nr. 147, 28.06.1898, S.2

29 Vgl. Neubrandenburger Zeitung, 10.07.1905, o.S., Objektakte Behmshöhe, UDB NB

30 Vgl. Stadt Neubrandenburg (Hrsg.)(2005): Aussichtsturm Behmshöhe. 100 Jahre, 1905-2005 [Festschrift]. Stadtarchiv Neubrandenburg. S.2

31 Neubrandenburger Zeitung, 10.07.1905, o.S., Objektakte Behmshöhe, UDB NB

32 Vgl. VERLAG DER BRÜNSLOW’SCHEN HOFBUCHHANDLUNG (1908, S.10)

33 Vgl. GREWOLLS & STARSY (2023, S. 189f.)

34 Beilage zur Neubrandenburger Zeitung, Allg. Mecklenb. Anzeiger, 56. Jg. Nr. 90. 16.04.1905. S.2.

35 Vgl. Landesdenkmalamt Berlin (Hrsg.)(2024): Denkmaldatenbank, Kaiser-Wilhelm-Turm, Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, OT Grunewald. Havelchaussee. Online unter www.denkmaldatenbank.berlin.de

36 Neubrandenburger Zeitung, Allg. Mecklenb. Anzeiger, 56. Jg. Nr. 129. 04.06.1905. S.2

37 Neubrandenburger Zeitung, 09.09.1929, o.S., Objektakte Arionshöhe, UDB NB

38 EBD.

39 Vgl. EBD.

40 Vgl. EBD.

41 An der Neustrelitzer Chaussee; das Gebäude ist heute nicht mehr vorhanden.

42 Neubrandenburger Zeitung, Allg. Mecklenb. Anzeiger, 60. Jg. Nr. 116. 20.05.1909. S.2

43 Vgl. EBD.

44 EBD.

45 EBD.

46 Gemarkung Neubrandenburg, Fundplatznummer 355

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