Die Rebarockisierung des Gutshauses in Dubkevitz auf Rügen

Denkmal des Monats August 2014

Dubkevitz, Lkr. Vorpommern-Rügen, Gutshaus, Nordseite, 2011Details anzeigen
Dubkevitz, Lkr. Vorpommern-Rügen, Gutshaus, Nordseite, 2011

Abb. 1: Dubkevitz, Lkr. Vorpommern-Rügen, Gutshaus, Nordseite, 2011

Abb. 1: Dubkevitz, Lkr. Vorpommern-Rügen, Gutshaus, Nordseite, 2011

Die Ursprünge von Dubkevitz, das südwestlich des Kirchdorfs Gingst liegt, reichen bis in das Spätmittelalter zurück. Dies bezeugt die erste urkundliche Erwähnung des Ortes als adliger Einzelhof im Jahr 1346. Weiterhin ist belegt, dass die Anlage Anfang des 16. Jahrhunderts in den Besitz der Familie von der Osten gelangte, die hier eine eigene Linie begründete. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging Dubkevitz auf die Familie des Heinrich von Berg über. Diese bewohnte und bewirtschaftete das Gut bis zu ihrer Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg.

Nach Jahrzehnten des Leerstands eröffnete sich 2010 für das Gutshaus endlich eine realistische Erhaltungsperspektive. Das Gebäude erhielt neue Eigentümer, die es für eigene Wohnzwecke nutzen wollten. Schon kurz nach dem Kauf beauftragten sie einen im Bereich der Denkmalpflege erfahrenen Architekten mit der Bestandsaufnahme und Instandsetzungsplanung. Denkmalfachlich wurde das Projekt von der Landesdenkmalpflege begleitet.

Die Ausgangslage am Gutshaus, das aus geschichtlichen und künstlerischen Gründen als Baudenkmal in die Denkmalliste eingetragen ist, stellt sich 2010 wie folgt dar (Abb. 1-2):

Das Gutshaus ist als massiver, zweieinhalbgeschossiger, geputzter Ziegelbau erhalten, der durch ein Satteldach mit Wellasbestdeckung abgeschlossen ist und eine kreuzgratgewölbte Teilunterkellerung im östlichen Gebäudeteil aufweist. An die Ostseite wurde ein zweigeschossiger Anbau angefügt, die Westseite weist einen zweigeschossigen erkerartigen Anbau auf (Abb. 3). Die Traufseiten des siebenachsigen Kernbaus zeigen eine streng symmetrische Gliederung, deren Mittelachse jeweils ein leicht auskragender Risalit betont. Die putzsichtige Fassade ist durch Eckrustizierungen, leicht zurückspringende Rechteckspiegel unterhalb der Hauptgeschossfenster und durch Fensterfaschen gegliedert. Mit Ausnahme der Faschen im Drempelgeschoss sind die gliedernden Fassadenelemente plastisch gemauert.

Im hofseitigen Risalit liegt der Haupteingang, dessen ehemals großzügige Öffnung nach 1945 verkleinert wurde (Abb. 1). Der Eingang ist durch einen gesprengten Giebel bekrönt, darüber befindet sich ein Allianzwappen der Familien von der Osten und von Platen (Abb. 4).

Zwischen dem Erd- und dem Obergeschossfenster des parkseitigen Risalits setzt sich eine fast quadratische Putzfläche auffällig vom übrigen Fassadenputz ab. Es wird eine Inschrifttafel darunter vermutet (Abb. 2). An mehreren Stellen ist der materialsichtige zementhaltige Oberputz abgängig. Darunter ist ein sehr heller Kalkputz erkennbar.

Die Sohlbänke der Fenster des Erd- und Obergeschosses bestehen ohne Ausnahme aus Naturstein. Bei den erhaltenen Fensterkonstruktionen handelt es sich mehrheitlich um Kreuzstockfenster.

Die erhaltene baufeste Ausstattung im Inneren ist fast vollständig in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zu datieren (Abb. 5). Nur der parkseitig liegende Saal im Obergeschoss weist ältere Ausstattungsdetails auf.

Schon die bloße Inaugenscheinnahme zeigte, dass zwei bauliche Entwicklungsstufen das Gebäude nachhaltig prägen. Augenfällige Merkmale der ersten Bauphase sind die strenge Symmetrie des Hauptbaus mit der mittigen Risalitausbildung, der gesprengte Giebel über dem Haupteingang, die plastisch gemauerten Gliederungselemente der Fassade, die Kreuzstockfenster und der unter der äußeren Putzschicht ersichtliche Kalkputz. Diese Details und Merkmale sind charakteristisch für die Barockzeit und der Erbauungszeit zuzuordnen, die für das Jahr 1776 überliefert ist.

Einer jüngeren Bauphase gehören hingegen die Errichtung des Halb- beziehungsweise des Drempelgeschosses, das Satteldach und der größte Teil der baufesten Ausstattung im Inneren an. Gleiches gilt für den Anbau an der Ostseite.

Ausgesprochener Wunsch des Bauherrn war die Wiederherstellung des barocken Erscheinungsbildes durch Rückbau des Satteldaches und Neuerrichtung eines Mansarddaches. Wegen der baugeschichtlichen Vielschichtigkeit des Gebäudes und insbesondere wegen des Wunsches des Bauherrn nach einer Rebarockisierung des Außenbaukörpers, die einen erheblichen Eingriff in den überlieferten Denkmalbestand bedeutete, waren für die Bestandserfassung des Gebäudes außer der Schadensaufnahme die bauhistorische und restauratorische Untersuchung vornehmlich der Gebäudehülle und Dachkonstruktion von zentraler Bedeutung. Dem im Wesentlichen ästhetisch motivierten Wunsch des Bauherrn stand die Landesdenkmalpflege zunächst ausgesprochen kritisch gegenüber, denn Maßstab der denkmalpflegerischen Bewertung ist nicht in erster Linie die Ästhetik, sondern der Zeugniswert des historischen Gebäudes, der durch die überlieferte historische Substanz getragen wird.

Die prägende Umbauphase, vermutlich initiiert durch eine Hochzeit, die für das Jahr 1872 überliefert ist, besitzt wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Zeugniswert, der am Bau selbst abzulesen ist und aus denkmalpflegerischer Sicht zu erhalten war.

Die zuvor genannten Untersuchungen führten zu Erkenntnissen, die für den weiteren Fortgang des Projekts und die denkmalpflegerischen Entscheidungen wesentlich waren.

Durch die bauvorbereitenden Untersuchungen konnte zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass das erhaltene Außenmauerwerk mit der überlieferten Öffnungsstruktur fast vollständig aus der Erbauungszeit stammt. Das Drempelgeschoss mit dem Satteldach und den zugehörigen Giebeln konnte eindeutig der Bauphase aus den 1870er Jahren zugeordnet werden.

Von zentraler Bedeutung für die weitere Planung war das gewissenhaft erarbeitete Holzschutzgutachten, in dem der Gutachter den Befall des Dachgeschosses, insbesondere des in Fachwerk konstruierten Drempels mit Echtem Hausschwamm feststellte. Dieser Umstand änderte die Diskussionslage bezüglich des Bauherrnwunsches nach Änderung der Dachform grundlegend, da der Schwammbefall den authentischen Erhalt der Bestandskonstruktion – was denkmalpflegerisches Ziel war – nicht zuließ. Die Zustimmung zur Rebarockisierung der Gebäudehülle konnte deshalb unter der Maßgabe, dass diese wissenschaftlich fundiert auf der Grundlage der am Bau gewonnenen restauratorischen und bauarchäologischen Erkenntnisse erfolgte, gegeben werden.

Bauhistorische Befunde im Dachwerk bestätigten die Vermutung, dass es sich bei der ursprünglichen Dachkonstruktion um eine umlaufend abgewalmte Mansardkonstruktion gehandelt haben muss. Nicht mehr feststellbar war der obere Abschluss der Mittelrisalite.

Darüber hinaus konnte nachgewiesen werden, dass mit Ausnahme des im Obergeschoss befindlichen Saals die Innenraumstruktur den zeitgemäßen Anforderungen der 1870er Jahren konsequent angepasst wurde. Beispielsweise ist das Haupttreppenhaus von der zentralen Eingangsdiele an die Ostseite an Stelle des ehemaligen Küchentraktes verlegt worden. Für den Wirtschaftstrakt wurde stattdessen an der Ostseite ein Anbau errichtet, der nun außerhalb des Kernbaus lag und etwa 30 Jahre später eine Aufstockung erhielt. Außerdem wurde gartenseitig im Erdgeschoss ein großzügiger Saal eingebaut.

Die restauratorische Untersuchung zeigte auf, dass sich der bauzeitliche Putz in großem Umfang und in relativ gutem Zustand unter dem jüngeren Oberputz erhalten hatte. Größere Schäden fanden sich witterungsbedingt an der Südseite, im Spritzwasserbereich der Sockelzone, um das Hauptportal herum und in der Südostecke, die eine erhöhte Feuchtebelastung aufwies.

Drei Fassungsvarianten konnte die beauftragte Restauratorin an der Gebäudehülle schlüssig nachweisen. Die Ursprungsfassung auf den Fondflächen der Fassade war ein heller Roséton auf dünner, weißer Tünche (Abb. 6). Die plastischen Gliederungselemente standen dazu in weißer Farbe, die Fenster in Schwarz. Die zweite Fassung, die aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammt, weicht von der ersten Gestaltung lediglich dadurch ab, dass die Fenster einen hellgrauen Anstrich erhielten. Die letzte und dritte nachweisbare farbliche Gestaltung der Gebäudehülle war ein heller ockerbeiger Anstrich, der über die gesamte Fassade geführt und der Umbauphase der 1870er Jahre zuzuordnen war.

Aus den am Bau gewonnenen Erkenntnissen leiteten sich folgende denkmalpflegerische Forderungen im Umgang mit der Gebäudehülle ab: Die bauhistorischen und restauratorischen Befunde, insbesondere die barocken Putze waren, soweit es der Zustand erlaubte und es wirtschaftlich vertretbar war, zu sichern und zu erhalten und in den Neuverputz zu integrieren. Die Rebarockisierung des Gebäudes hatte unter Berücksichtigung der restauratorischen Befundergebnisse für die erste oder zweite Fassung zu erfolgen, da die Mansarddachkonstruktion nachweislich nur im Zusammenhang mit diesen Gestaltungsvarianten gestanden hatte.

Ohne Befund waren die Traufgesimsausbildung und Risalitabschlüsse. Letztere waren zweifellos entweder mit einem Dreiecksgiebel oder einem Segmentbogen über einem Traufgesims abgeschlossen. Das Fehlen jeglichen Hinweises auf die ursprüngliche Gestaltung erzwang eine auf dem Analogieschluss basierende interpretierende Lösung. Maßgeblich für den analogiebasierten Entwurf war die Wiederherstellung einer Grundstruktur, die logisch und schlicht in den baulichen Gesamtzusammenhang eingebunden werden konnte. Auf die Herstellung von Schmuckdetails wurde wegen fehlender Informationen verzichtet (Abb. 7).

Der Aufbau des Mansarddaches hatte am Übergang zum Mauerwerk Unschlüssigkeiten im Detail zur Folge, auf die im Bau- und Planungsverlauf reagiert werden musste. So fehlte an der Nordseite der Platz für die Anlage eines Traufgesimses unterhalb der Dachfläche, da die Fenster eine größere lichte Höhe aufwiesen als an der Südseite, was die Einbindung des nördlichen Mittelrisalits erschwerte.

Zur Ausführung gelangte am Ende ein schlichter Dreiecksgiebel mit rahmenden Faschen. Aufgrund der baulichen Zwänge musste die Horizontalteilung etwas oberhalb der Traufe angeordnet werden, wo nun die auskragende Horizontalplatte des Wappens in das Horizontalband integriert ist (Abb. 8).

Im Erdgeschoss der Hof- und Gartenfassade wurde die barocke Öffnungssituation, die leicht verändert war, wieder hergestellt. Die bauzeitliche Öffnungsstruktur an den Schmalseiten wurde nicht rekonstruiert.

Aus dem Dubkevitzer Inventar von 1830, das im Pommerschen Landesarchiv aufbewahrt wird, war bekannt, dass das Eingangsportal zwei Eingangsflügel mit Füllungen und ein zwölfteiliges Oberlicht besaß. Diese Informationen flossen in den Neubau der Türanlage ein.

Zusammenhängend gut erhaltene bauzeitliche Putzflächen wurden gesichert und in den Neuverputz integriert. Der Neuanstrich der Fassade orientierte sich eng an der historischen Anstrichtechnik, indem zuerst ein weißer Farbanstrich auf Silikatbasis als Grundierung aufgetragen wurde, auf dem dann in einem zweiten Arbeitsgang ein vorab bemusterter gedeckter Roséton gestrichen wurde. Alle Gliederungselemente der Fassade erhielten einen leicht zum grau gebrochenen weißen Anstrich.

Unter der quadratischen Putzfläche am Mittelrisalit der Südseite konnte, wie vermutet, eine Inschrifttafel aus Naturstein freigelegt werden, die als Fertigstellungsdatum das Jahr 1777 für das Gebäude angibt (Abb. 9). Natursteinplatte und Wappen wurden konserviert. Der auskragende Wappenstein erhielt zu seinem besseren Schutz einen Anstrich und eine schlichte Dreiecksüberdachung. Ein großer Teil der zur ersten Bauphase gehörigen Kreuzstockfenster konnte aufgearbeitet werden. Als Farbgebung wählte der Bauherr die zweite, hellgraue Fassung.

Die Raumstruktur im Inneren wurde kaum verändert. Der Bauherr ließ in Abstimmung mit den Denkmalbehörden nur im Obergeschoss des westlichen Gebäudeteils eine Einliegerwohnung vom übrigen Wohnraum abtrennen, die separat durch eine schlichte Metalltreppe an der Giebelseite von außen erschlossen wird.

Als Dacheindeckung kam eine naturrote S-Pfanne zur Ausführung. Die Gauben sind wie die Risalitabschlüsse eine Interpretation der heutigen Zeit.

Das Ergebnis ist überaus gelungen (Abb. 8-10). Dies ist auch der Tatsache geschuldet, dass die Konservierung und Restaurierung der Fassade durch die Landesdenkmalpflege finanziell unterstützt werden konnte. Der Unterschied zur Ausgangssituation ist gravierend. Das vor Beginn der Maßnahmen unscheinbare, ja unansehnliche Gebäude erhielt seine barocke Gestalt zurück. Die Kulturlandschaft der Insel Rügen ist um ein weiteres Schmuckstück reicher.

Annette Krug

Denkmal des Monats August 2014

Die Rebarockisierung des Gutshauses in Dubkevitz auf der Insel Rügen

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