Die letzte Fürstenhochzeit im regierenden Haus Mecklenburg

Archivalie des Monats September 2007

17. 1-2 Fotograf Fritz Heuschkel Sign. 396Details anzeigen
17. 1-2 Fotograf Fritz Heuschkel Sign. 396

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17. 1-2 Fotograf Fritz Heuschkel Sign. 396

Frühjahr 1917. Der Weltkrieg stand in seinem dritten Jahr. Im März begann die russische Revolution, der Zar musste abdanken. Am 6. April erklärten die USA Deutschland den Krieg. In diesem Frühjahr beschloss Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg zu heiraten. Er war ein jüngerer Sohn des Großherzogs Friedrich Franz II. und bereits über 40 Jahre alt, hatte sich vor dem Krieg einen Namen als Leiter von Forschungsexpeditionen in Afrika gemacht und war 1912-1914 Gouverneur von Togo gewesen. Im Krieg war er im Westen, auf dem Balkan und im Irak, wo es zu keiner gedeihlichen Zusammenarbeit mit den türkischen Waffenbrüdern kommen wollte, so dass er um seine Abberufung bat. Aber Sven Hedin lernte er dort kennen, den bekannten schwedischen Entdeckungsreisenden. Seit Weihnachten 1916 war er auf Heimaturlaub.

Die Verlobung mit Feodora, Prinzessin aus der jüngeren Linie des Hauses Reuß in Gera, wurde am 15. Februar bekannt gegeben. Sie war keine strahlende Erscheinung, aber nach der Geraer Zeitung "durch alle Tugenden schöner Menschlichkeit ausgezeichnet". Im Krieg hatte sie freiwillig in vorbildlicher Weise in einem Geraer Lazarett als Hilfsschwester verwundete Soldaten gepflegt. Ein im Stadtarchiv Schwerin überlieferter Brief eines Schweriner Amtsrichters belegt, dass sich die Begeisterung im Volk in Grenzen hielt. Man hatte andere Sorgen: "Es ist nur gut, daß wir die Steckrüben haben. Dieselben erleichtern uns doch das Durchhalten. Hier tut sich nichts von Bedeutung. Vom Einzug der Reussen mit der Braut Adolf Friedrichs habe ich nur von weitem etwas gesehen. Mutter sah sie näher bei und fand sie gänzlich unbedeutend" (Brief vom 28.2.1917, Auszug). Auf dem Bild des Brautpaars, das der Schweriner Hofphotograph Fritz Heuschkel anfertigte, fallen besonders Hut und Pelze der Braut ins Auge. (Abbildung 1)

Die Hochzeit folgte im April. Am 21., ein Sonnabend, feierte Feodora im Familienkreis ihren 28. Geburtstag, am Sonntag trafen die ersten Gäste auf Schloss Osterstein in Gera ein. Die Mecklenburgische Zeitung berichtete mit Sonderkorrespondenten von den Feierlichkeiten, die wegen des Krieges bewusst in kleinem Rahmen gehalten wurden.

Den Auftakt bildete am Sonntagnachmittag die Überbringung der Glückwünsche und Geschenke durch Vertreter der Städte des Landes, der Geistlichkeit, Behörden, Verbände und Vereine. Geschenke aus Silber, Kristall und Porzellan werden erwähnt, Gemälde und Kunstgegenstände, Blumen und natürlich Grußadressen. Geldgeschenke in Höhe von 5.000 Mark waren zu einer "Feodora-Spende" zusammengefasst worden, die der Säuglings- und Kleinkinderpflege in Gera zugute kommen sollte.

Am Montag – das kalte und wechselhafte Aprilwetter hatte sich etwas beruhigt – trafen per Bahn die Mecklenburger Angehörigen ein: Johann Albrecht mit Frau, Bruder Heinrich (ohne seine Frau, die niederländische Königin), der Großherzog Friedrich Franz IV. Abends gab es ein Wohltätigkeitskonzert im Hoftheater, dessen Programm nach Wünschen der Braut gestaltet war: Mozarts Haffner-Serenade wurde aufgeführt, Beethovens 8. Symphonie und Arien aus Wagner-Opern. Nach dem Schlussapplaus gab es spontane Beifallsbekundungen und "Hoch"-Rufe aus dem Konzertpublikum für das in der Fürstenloge teilnehmende Brautpaar.

Am Vormittag des Hochzeitstages – Dienstag, 24. April – kreiste ein Flieger über der Stadt Gera, in dem der Neffe eines ortsansässigen Fabrikanten saß und einen großen Blumenstrauß im Schlosshof abwarf . Um 11.30 Uhr wurde die Zivilehe geschlossen. Die Trauung in der Schlosskapelle, musikalisch umrahmt vom Geraer Damenchor, begann um 12 Uhr mittags. Nach einer feierlichen, patriotischen Ansprache des Kirchenrats Auerbach wurden die Ringe aufgesteckt. Eine Gratulationscour der zur Trauung geladenen Angehörigen und Gäste im Bildersaal schloss sich an. Im engeren Familienkreis stärkte man sich dann bei einem Essen, das merkwürdigerweise als "Frühstückstafel" bezeichnet wird – vielleicht würden wir es heute Brunch nennen. Hier konnten die Tischreden des Brautvaters und des Großherzogs gehalten werden. Am späteren Nachmittag reiste das frisch vermählte Paar in die Flitterwochen ab, die in Lermoos (Tirol) verlebt werden sollten.(Abbildung 2)

Aus Anlass der Fürstenhochzeit wurde ein Ehevertrag aufgesetzt, der äusserlich ganz die traditionellen Formen feierlicher Fürstenverträge aufweist: verzierte Schrift auf Pergament, eingebunden in roten Samt, die Siegel in Metallkapseln an blau-gold-roten bzw. schwarz-gold-roten Siegelschnüren anhängend. Er ist der letzte dieser Art im Landeshauptarchiv.

Der Vertrag, am 24. April in Gera vom Brautpaar, dem Brautvater und dem Großherzog unterzeichnet, umfasst in 15 Paragraphen vor allem vermögens- und erbrechtliche Regelungen. Es wird Gütertrennung vereinbart und klargestellt, dass die Ehepartner nicht für die Schulden des anderen aufkommen. Dieser Punkt war für die reußische Seite von Bedeutung, da Adolf Friedrich Schulden hatte. Als Mitgift soll Feodora die übliche Ausstattung erhalten sowie die Summe von 30 000 Mark in bar. Außerdem verspricht der Fürst seiner "vielgeliebten Tochter" eine jährliche Rente von 100.000 Mark auf Lebenszeit, während der Großherzog für Adolf Friedrich eine erhöhte Apanage von 75.000 Mark im Jahr zusagt. Adolf Friedrich verspricht seiner Frau ein "Taschen- und Nadelgeld" von 24.000 Mark im Jahr, womit sie die Ausgaben für ihre Garderobe und persönliche Wünsche abdecken muss. Die Kosten für einen standesgemäßen Haushalt einschließlich Dienerschaft sind allein Sache des Herzogs. Es werden Regelungen für den wechselseitigen Erbfall getroffen und die Verpflichtung zu einer standesgemäßen Erziehung der Kinder festgeschrieben. Aber es geht nicht nur um Geld. In § 1 verpflichten sich die Eheleute zur ehelichen Treue auf Lebenszeit, "wie es christlichen Eheleuten nach Anweisung der Heiligen Schrift wohl ansteht".

Das junge Paar bezog das Großherzogliche Palais in Rostock. Dort erlebte Adolf Friedrich 1918 das Ende der langen Herrschaft des Mecklenburger Fürstenhauses ebenso wie das tragische Ende seiner kurzen Ehe: Feodora verstarb einen Tag nach der Geburt ihrer Tochter Woizlawa Feodora am 18. Dezember 1918 und wurde in Doberan bestattet.

Dr. Andreas Röpcke


Quelle

u.a. 17.1-2 Fotonachlaß Heuschkel Nr. 396

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