Der "Löwe aus Mitternacht" streckt seine Pranke nach Mecklenburg aus - Das Bündnis zwischen König Gustav II. Adolf von Schweden und den Herzögen Adolf Friedrich und Johann Albrecht von Mecklenburg von 1632

Archivalie des Monats Juni 2008

Verträge mit außerdeutschen Staaten, SchwedenDetails anzeigen
Verträge mit außerdeutschen Staaten, Schweden

Verträge mit außerdeutschen Staaten, Schweden

Verträge mit außerdeutschen Staaten, Schweden

Am letzten Tag des Monats Februar, am 29.02.1632, schlossen die Herzöge Adolf Friedrich und Johann Albrecht von Mecklenburg in Frankfurt am Main ein Bündnis mit König Gustav II. Adolf von Schweden (LHAS 1.1-13 Verträge mit außerdeutschen Staaten, Schweden Nr. 37b). Die katholische Liga, gegen die sich diese Allianz richtete, schrieb an diesem Tag bereits den 10. März entsprechend der Kalenderreform Papst Gegors XIII. von 1582, der sich das evangelische Deutschland noch widersetzte. In der Einleitung des Vertrags wurden die Universalunruhe im deutschen Reich und die Unterdrückung der evangelischen Fürsten durch Kaiser und katholische Liga beklagt. Seit 1618 herrschte der Dreißgjährige Krieg.

Die Verteidigung des Protestantismus war ein Beweggrund für das Eingreifen Gustav Adolfs in das Geschehen. Welche Gewichtung sein religiöses Sendungsbewusstsein neben politischen Motiven besaß, lässt sich heute kaum nachvollziehen. Die Sicherung der schwedischen Machtposition im Ostseeraum war ein weiteres wichtiges Anliegen. Es konnte nicht im Interesse des Landes liegen, dass sich der kaiserliche Einfluss so weit nach Norden verschoben hatte und Albrecht von Wallenstein als Herzog von Mecklenburg die dortige Ostseeküste kontrollierte. König Gustav II. Adolf begann seinen erfolgreichen Feldzug, der ihm in zeitgenössischen Flugblättern den Namen "Löwe aus Mitternacht" einbrachte.

Anfänglich konnten sich die Herzöge von Mecklenburg nicht dazu entschließen, sich mit ihm zu verbünden, obwohl sie ins Exil nach Lübeck gedrängt worden waren. Seit 1627 befanden sich kaiserliche Truppen im Land. Im Januar 1628 hatte Kaiser Ferdinand II. Johann Albrecht und Adolf Friedrich für abgesetzt erklärt und schließlich Wallenstein als Entschädigung für seine Kriegskosten zum Herzog von Mecklenburg erhoben. Nachdem alle Bemühungen der beiden Herzöge gescheitert waren, ihre Rechte mit Hilfe der Reichsstände zurückzuerhalten, blieb ihnen als einzige Möglichkeit zur Rückkehr, die Hilfe Schwedens in Anspruch zu nehmen. Nach und nach nahmen die schwedischen Truppen Mecklenburg ein, so dass die Herzöge im Sommer 1631 in ihre Residenzen nach Schwerin und Güstrow zurückkehren konnten und im Januar 1632 mit der Entsetzung Wismars das Land frei von kaiserlichen Truppen war. Diese Allianz, die sie in die Abhängigkeit von Schweden führte, war der Preis, den die Mecklenburger für die Wiedergewinnung ihres Besitzes zahlen mussten. Im Februar 1632 wurde das Bündnis mit einem offiziellen Vertrag besiegelt, den Herzog Adolf Friedrich und Kanzler Johann Cothmann mit dem schwedischen König in Frankfurt aushandelten.

Die Formulierungen des Vertrages erlaubten den Mecklenburgern nicht zu vergessen, wem sie Dankbarkeit für ihre Wiedereinsetzung schuldeten. Eine neutrale Haltung war fortan nicht möglich. Laut Artikel 1 erhielten sie ihr Herzogtum aus den Händen des schwedischen Königs zurück. Das Recht dazu stand ihm eigentlich nicht zu, doch das Kriegsrecht änderte die Machtverhältnisse. Gustav Adolf beanspruchte die alleinige Führung einer protestantischen Koalition für sich. Inwieweit sich hier, wie auch bei anderen Gelegenheiten, heimliche Ambitionen auf die Kaiserkrone bei Gustav Adolf offenbarten, kann nur Spekulation bleiben. Durch den Vertrag stand ihm Mecklenburg als Aufmarschgebiet für seine Armee offen. Er konnte über die mecklenburgischen Truppen verfügen, weitere Soldaten anwerben sowie mit seinen Truppen Städte und Festungen besetzen,während den Herzögen die politische und juristische Verwaltung ungeschmälert vorbehalten bleiben sollte. Wie der weitere Kriegsverlauf erweisen sollte, hatte der Paragraf, der der Bevölkerung Schutz vor Übergriffen der Armee garantierte, keinen Bestand. Plünderungen und Verwüstungen durch die Verbündeten blieben nicht aus.

Der einschneidendste Artikel für Mecklenburg war die Abtretung Wismars mit der Walfisch-Schanze und Warnemündes samt Warnow an Schweden, das dort eine eigene Besatzung und einen Gouverneur einsetzen konnte. Dort und auf der Insel Poel konnte Schweden die Befestigungen ausbauen und zu diesen Arbeiten die umliegenden Bauern in Anspruch nehmen. Auf diese Weise verfügte Gustav Adolf über sichere Häfen für seine Kriegsschiffe und damit eine Rückzugsmöglichkeit. Hier stand ihm eine Basis für den Ausbau des schwedischen Einflusses auf der Ostsee offen.

Außerdem wurde Mecklenburg durch die Forderung nach Kontributionen in Höhe von 10.000 Reichstalern monatlich stark belastet und musste gleichzeitig dulden, dass schwedisches, teilweise minderwertigeres Geld in Umlauf gebracht wurde. Zumindest konnten die Aufwendungen für Einquartierungen und Schanzarbeiten von den Zahlungen abgezogen werden. Weitere Geldeinnahmen wurden den Schweden durch die Möglichkeit eröffnet, See- und Flusszölle zu erheben. Trotz wachsender Truppenzahlen konnte so die schwedische Staatskasse – zum Nachteil der mecklenburgischen - entlastet werden.

Im November 1632 fiel Gustav Adolf in der Schlacht von Lützen. An der feierlichen Trauerprozession zur Einschiffung seines Leichnams von Wolgast nach Schweden, wo er in der Stockholmer Riddarsholmkirche beigesetzt werden sollte, nahmen beide Herzöge von Mecklenburg mit ihren Gemahlinnen auf Einladung seiner Witwe, der Prinzessin Marie Eleonore von Brandenburg, im Juli 1633 teil.

Was die Allianz von 1632 angebahnt hatte, wurde 1648 nach Beendigung des Krieges im Frieden von Münster und Osnabrück festgeschrieben: Mecklenburg verlor Stadt und Herrschaft Wismar sowie die Ämter Poel und Neukloster an Schweden. Einzig Warnemünde, über das Gustav Adolf laut Vertrag von 1632 ebenfalls verfügen konnte, wurde nicht schwedisch. Erst 1803 kehrten die Gebiete für 1.250.000 Reichstaler im Vertrag von Malmö pfandweise zu Mecklenburg zurück. Nach Ablauf der einhundertjährigen Vertragsfrist verzichtete Schweden 1903 auf ihre Auslösung. Wismar, Poel und Neukloster gingen wieder in den uneingeschränkten Besitz Mecklenburgs über. Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts endete die Schwedenzeit in Mecklenburg, die im siebzehnten Jahrhundert durch das Eingreifen König Gustavs II. Adolf in den Dreißigjährigen Krieg ihren Anfang genommen hatte.

Dr. Antje Koolman

Archivalie des Monats Juni 2008

Der "Löwe aus Mitternacht" streckt seine Pranke nach Mecklenburg aus - Das Bündnis zwischen König Gustav II. Adolf von Schweden und den Herzögen Adolf Friedrich und Johann Albrecht von Mecklenburg von 1632