"Kapitale auf Säulen in der Vorderansicht der Bele- Etage in der vorderen Durchfahrt" - Restaurierung eines Transparentobjekts aus den Schlossmappen des Landeshauptarchivs Schwerin

Archivalie des Monats Oktober 2010

Detailaufnahme vor der RestaurierungDetails anzeigen
Detailaufnahme vor der Restaurierung

Detailaufnahme vor der Restaurierung

Detailaufnahme vor der Restaurierung

Im Landeshauptarchiv liegen neben wertvollen Urkunden, Akten, Bildern, Karten und vielem anderen mehr auch Bauunterlagen des Schweriner Schlosses aus dem 19.Jh., welches jetzt auf Grund seines herausragenden kunsthistorischen Wertes zum Weltkulturerbe vorgeschlagen wurde.

Angefertigt wurden die Pläne und Zeichnungen, von den Baumeistern Stüler, Demmler und Willebrand. Diese Entwürfe, vor allem die der Inneneinrichtungsgegenstände, sind relativ gut erhalten und wurden inzwischen restauratorisch und konservatorisch behandelt und in verschiedenen Publikationen zum Schweriner Schloss veröffentlicht.

Doch die restauratorische und konservatorische Bearbeitung dieses Schatzes ist noch lange nicht beendet. Denn eine Restaurierung ist in diesem Fall immer eine Einzelblattbehandlung und dauert, wenn man bedenkt, dass eine wässrige Behandlung mit Bearbeitung und Trockenzeit stattfindet, je nach Schadensbild entsprechend auch sehr lange.

Hier soll die Restaurierung eines Kapitelentwurfes in Plakatgröße auf Transparentpapier beschrieben und dabei auch kurz und sehr vereinfacht auf die Herstellung und Besonderheit des Materials eingegangen werden.

Zur Erhöhung der Transparenz, werden Papiere seit vielen Jahrhunderten mit verschiedenen Stoffen, wie z.B. Lein-, Mohn- und Rapsöl, Firnis, Harze und Stärke imprägniert.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts werden ungeleimte Papiere durch Behandlung mit Säure, meist Schwefelsäure, transparent gemacht. Der Faserstoff ohne Füllstoffe, wird in eine Flüssigkeit gegeben, die zu 90% aus Schwefelsäure besteht. Im Anschluss wird die Säure aus dem Rohstoff gewaschen und in ein Neutralisationsbad gegeben. Durch das Kalandrieren (zwischen Walzen pressen und glätten), wird die Luft im Papier reduziert, und es entsteht ein Pergamentpapier, mit matter Oberfläche, hoher Transparenz und Reißfestigkeit.

Wegen der hohen Umweltbelastung bei der Produktion, wird es heute nur noch an wenigen Orten produziert.

Das Herstellungsverfahren für Pergamentpapier war sehr aufwendig und man begann schon Ende des 19. Jh. nach Alternativen zu suchen. So wurden die Grundlagen für die Herstellung des heutigen modernen Transparentpapiers geschaffen, als man entdeckte, dass durch starkes, schmieriges Ausmahlen von Cellulosefasern in einer großen Wassermenge eine "Gelatinierung" der Papierfasern entstand, die nach dem Pressen und Glätten eine hohe Transparenz ergab.

Durch die Herstellung mit Säure oder schmierig vermahlenen Papierfasern und auch bei den modernen Herstellungsverfahren, entsteht ein stark hygroskopisches Material. Das bedeutet, dieses Material reagiert sehr empfindlich auf Luftfeuchtigkeitsschwankungen. Bei Aufnahme von Feuchtigkeit dehnt es sich sehr aus, wird oft wellig und bei Abgabe zieht es sich wieder zusammen.

Das Objekt aus dem Kartendepot des LHA ist zur Sicherung der einzelnen Teile, irgendwann im Laufe seiner Geschichte an den Riss- und Außenrändern punktuell mit Leim auf einen Karton fixiert worden. Dadurch wurden Spannungen erzeugt, und wenn man weiß, dass das Material stark hygroskopisch reagiert, kann man auch einige Schadensbilder daraus herleiten.

Dazu lag das Transparent im Kartenschrank in einer Mappe mit vielen anderen Bauplänen, war stark verschmutzt und hat durch das Alter, durch unsachgemäße Behandlung und durch die Art der Montage, Fehlstellen, Risse und Knitterfalten bekommen.

Die Festigkeit und Stabilität des Materials hatte stark nachgelassen und brach an manchen Stellen, sobald man es berührte.

Nur durch das Trägermaterial war noch Halt vorhanden und die Gefahr bestand, dass das Objekt nach und nach zerbröckelt und die zarte Bleistiftzeichnung nicht mehr zu erkennen ist, bzw. weitere Teile verloren gehen. Man konnte davon ausgehen, dass in naher Zukunft nicht mehr zu sehen gewesen wäre, worum es sich eigentlich gehandelt hat.

Es musste also eine Sicherung des Transparentes stattfinden.

Nach der fotografischen Aufnahme und der mechanischen Oberflächenreinigung mit einem weichen Radiergummi, musste überlegt werden, wie das Transparent möglichst schonend vom Kartonuntergrund gelöst werden kann.

Dank eines Ultraschallzerstäubers ursprünglich aus der Medizin, mit einem Temperatur- und Feuchtigkeitsregler, ließ sich das Objekt Zentimeter für Zentimeter mit einem Spatel oder Skalpell relativ problemlos ablösen. Mit einem Polyesterfließ unterlegt, konnte ein erneutes Verkleben des alten Leimes, der durch die Befeuchtung seine Klebkraft wieder gewonnen hatte, verhindert werden.

Um das Transparent für eine Kaschierung mit Japanseidenpapier vorzubereiten, musste es gleichmäßig ausgedehnt werden. Das konnte am besten auf einer Folie mit Wasserfilm geschehen, auf die das Stück zum Entspannen mit dem "Gesicht" nach unten gelegt wurde. Nun konnten alle losen Teile mit Leichtigkeit an die richtigen Stellen geschoben, alter Leim herunter genommen, Knitterfalten ausgestrichen und klaffende Risse geschlossen werden. Überschüssiges Wasser wurde vorsichtig mit Löschkarton entfernt und das Objekt erhielt einen dünnen Kleister-Hausenblasenleimauftrag. Hausenblase, ist die getrocknete Schwimmblase des Störs.

Ein hauchdünnes Japanseidenpapier, ein besonders festes langfaseriges Papier aus der Rinde eines Maulbeerbaumes, sollte die Rückseite stabilisieren. Dieses Papier wurde sehr großzügig zu geschnitten, damit es die Spannungen, die beim Trocknungsprozess auftreten können, ausgleicht. Auf einer anderen Folie wurde es mit einem Feinzerstäuber befeuchtet und erhielt ebenfalls einen dünnen Auftrag mit dem Gemisch aus Kleister und Hausenblasenleim. Das Kleister-Leimgemisch wurde beide Male mit einem japanischen Spezialpinsel aufgetragen. Nun brauchten die beiden Folien nur noch so zusammengebracht werden, dass das Transparent auf dem Japanseidenpapier lag.

Mit der Hilfe einer zweiten Person konnten vorsichtig die Folien abgenommen werden. Das Objekt wurde in einem Hart-Weichsandwich - hartem Untergrund aus Karton und Reemay (Polyesterfließ) und weicher Auflage aus Löschkarton und weichem Polyesterflies - auf dem Objekt, unter Beschwerung mit Gewichten zum Trocknen gebracht. Es braucht ca. 4-6 Wochen, zum Trocknen. Aufbewahrt wird es dann in einem speziell angefertigten Behältnis.

Carmen Wallow, Landeshauptarchiv Schwerin


Quellenangabe

12.3-2 Finanzministerium, Abteilung Hochbau; Mappe 14 Nr. 47

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Restaurierung eines Transparentobjekts aus den Schlossmappen des Landeshauptarchivs Schwerin