Die Stadt Güstrow
Denkmal des Monats Dezember 2007
Luftbild von Güstrow
Quelle: Luftbildarchiv LAKD MV/LD, Foto: Dr. Otto Braasch, Landshut
Luftbild von Güstrow
Quelle: Luftbildarchiv LAKD MV/LD, Foto: Dr. Otto Braasch, Landshut
Die Herausbildung Mecklenburgs zum deutschen Territorium fußt auf der Unterwerfung der hier siedelnden Slawen und auf ihrer durch die Christianisierung beförderten Assimilation, seine staatliche Konsolidierung hängt eng mit dem Aufbau eines dichten Netzes befestigter Städte im 13. Jahrhundert zusammen. Klar definierte und über lange Zeiträume verlässlich gültige Rechtsordnungen regelten die Beziehungen innerhalb des Gemeinwesens, ermöglichten soziale und berufliche Vielfalt als Voraussetzung für die erstaunliche wirtschaftliche Prosperität, von der die rasanten baulichen Fortschritte bald nach den Stadtgründungen getragen wurden, und sie regelten die Entwicklung der Stadt als gebaute räumliche Umwelt, bewahrten deren wesentliche Charakteristika auch in den später wechselnden Phasen des Niedergangs und des Aufschwungs.
Eine der bedeutendsten mecklenburgischen Städte ist Güstrow. Bis heute zeugt die bauliche Überlieferung der Güstrower Altstadt anschaulich von der besonders engen Verbindung der Geschichte der Stadt mit der Mecklenburgs.
Seit wann Güstrow als slawischer Siedlungsplatz genutzt wurde, ist nicht bekannt. Erwiesen ist, dass im Schutz der an der Stelle des jetzigen Schlosses stehenden fürstlichen Burg 1226 ein Domstift gegründet wurde, dessen Zentrum der Vorgängerbau des Güstrower Domes war. 1228 erhielt die zugehörige Siedlung das Schweriner Stadtrecht. Von 1229 bis 1436 war Güstrow Residenzstadt der Fürsten zu Werle.
Neben der sich schnell entwickelnden Stadt wurde bald mit dem Aufbau einer Neustadt im Bereich der 1308 erstmals erwähnten Pfarrkirche begonnen. Beide Städte wurden vereinigt und mit der seit 1293 belegten Stadtmauer umgeben und befestigt. Der noch heute bestehende Stadtgrundriss entstand aus dem Zusammenfügen der Grundrisse beider Teilstädte. Seit dem 14. Jahrhundert stand das Straßenraster fest. Auch die Parzellenstruktur hat sich seitdem nur unwesentlich geändert.
Auffällig ist der Unterschied zwischen der einstigen Altstadt und der einstigen Neustadt. Während im Dombereich die großen Grundstücke mit zum Teil freistehenden großzügigen Gebäuden für die Kurie und den Adel dominieren, sind die Baufluchten um den Markt herum geschlossen, die giebelständigen Gebäude mit den Kemladen nutzen die Grundstücke der Bürger intensiv. Nach Bränden im frühen 16. Jahrhundert, die den Dombereich weitgehend verschonten, sind die bis dahin vorwiegenden Fachwerkhäuser teilweise mit massiven Renaissancefassaden versehen worden. Dies steht im Zusammenhang mit dem Neubau des Schlosses, mit dem begonnen wurde, nachdem der mecklenburgische Herzog Ulrich ab 1556 in Güstrow residierte. Bis 1695 blieb Güstrow Residenzstadt, danach sank die Wirtschaftskraft der Stadt. So hat das Barock, ganz anders etwa als in Wismar, nur wenige Spuren in Güstrow hinterlassen.
Der Wollhandel und die Ansiedlung des Landgerichts verschafften Güstrow mit dem Beginn des 19. Jahrhunderts erneuten Aufschwung. Ablesbar ist das an den hohen Giebelhäusern mit klassizistischen Putzfassaden. Anders als der später erfolgte vollständige Ersatz einiger Häuser durch große Gründerzeitgebäude, ist das Spannungsverhältnis von Klassizismus und mittelalterlichem Stadtgrundriss ein außergewöhnliches Charakteristikum Güstrows.
Gegenwärtig schließt die Vereinigung der Landesdenkmalpfleger die Arbeit an einer Liste aller deutschen historischen Stadtkerne mit besonderer Denkmalbedeutung ab. Es wird davon ausgegangen, dass es sich um eine Auswahl der nach jeweiligem Landesrecht denkmalgeschützten Stadtkerne handeln wird. Die Güstrower Altstadt erfüllt die von der Vereinigung formulierten Kriterien umfassender als viele andere Städte in Deutschland, die in die Liste aufgenommen werden. Selbstverständlich wird auch die Güstrower Altstadt aufgenommen. Sie ist jedoch nach dem Denkmalschutzgesetz Mecklenburg-Vorpommerns nicht geschützt, da sie bislang nicht per Rechtsverordnung als Denkmalbereich ausgewiesen wurde.
Wolfgang Kröber