Fast aufgegeben und doch gerettet - die ehemalige Synagoge in Stavenhagen

Denkmal des Monats Dezember 2013

Stavenhagen, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, ehemalige Synagoge, Januar 2012 Details anzeigen
Stavenhagen, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, ehemalige Synagoge, Januar 2012

Abb. 1: Stavenhagen, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, ehemalige Synagoge, Januar 2012

Abb. 1: Stavenhagen, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, ehemalige Synagoge, Januar 2012

Das jüdische Leben in Mecklenburg lässt sich vor allem an den zahlreichen Synagogen im Land nachvollziehen. Ihre Erhaltung ist nicht nur moralische Verpflichtung für unsere und nachfolgende Generationen, sondern ist auch historisch von großer Bedeutung, um einen wichtigen Bautyp in den kleinen Landstädten Mecklenburgs zu überliefern. In unterschiedliche Eigentumsverhältnisse gelangt, sind bei ihnen auch unterschiedliche Gebäudezustände zu verzeichnen. Viele der ehemaligen Synagogen warten noch immer auf eine Nutzung oder haben diese jüngst verloren und sind veräußert worden. So traf es etwa die Synagoge in Plau, die von der katholischen Kirche seit den 1920er Jahren genutzt und nun verkauft wurde. Dass keine Ideen zur Nachnutzung entwickelt werden und stattdessen in den vergangenen Jahrzehnten die Lösung im Umgang mit den oft geschädigten Gebäuden in deren Abbruch gesehen wurde ist nicht zu begreifen. Die zahlreichen Beispiele auch in Mecklenburg-Vorpommern zu attraktiven Umnutzungen von Baudenkmälern, die ihre ursprüngliche Bestimmung verloren haben, könnten als Vorbild dienen.

Umso erfreulicher ist daher das am 9. November 2013 der Öffentlichkeit präsentierte Ergebnis der Notsicherung der ehemaligen Synagoge in Stavenhagen. Angesichts des noch vor einem Jahr zu sehenden äußerst schlechten Gebäudezustands (Abb. 1; 2) stellt sich das Ergebnis nahezu als ein Wunder dar (Abb. 3; 4; 5).

Die Synagoge in der Reuterstadt Stavenhagen wurde 1820 im Hinterhof des ehemaligen Rabbinerwohnhauses errichtet. Es ist ein auf rechteckigem Grundriss (etwa 10 x 12 m) gebauter regelmäßiger Fachwerkbau unter bibergedecktem Walmdach. Der Saal wird über hohe Kreuzstockfenster mit Stichbogen belichtet, seine Zugänge liegen auf der Südseite, der zur Frauenempore auf der Nordseite. Der Innenraum besaß eine graue Schablonenmalerei sowie eine mit dreiseitiger Voute versehene Saaldecke. 1857 wurde auf der Nordseite eine Mikwe ergänzt.

In der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge zerstört, die Brandlegung jedoch verhindert.

Die 1996 teilweise abgetragene Konstruktion konnte auf Grundlage eines damals angefertigten Aufmaßes in der historischen Kubatur nun wiederhergestellt werden. Trotz massiver Schäden in den Außenwänden ist es gelungen, eine denkmalgerechte Sanierung des Fachwerks unter maximal möglichem Substanzerhalt auszuführen. Ziegel wurden geborgen und dem historischen Vorbild entsprechend wiederverwendet. Die Dachdeckung erfolgte unter Wiederverwendung historischer Biberschwanzziegel. Die statisch notwendige Aussteifung des Gebäudes nahm man in der Deckenebene vor. Für einen zweiten Bauabschnitt sind die Wiederherstellung des Decken- und Wandputzes sowie der Wiederaufbau der Frauenempore vorgesehen.

Trotz der scheinbaren Vergleichbarkeit mit den erhaltenen Fachwerksynagogen in Boizenburg (1799), Hagenow (1828) und Röbel (1831) weist die Synagoge in Stavenhagen unverwechselbare individuelle Merkmale auf: Man erbaute sie mit eingeschossigem Fachwerkabbund, sie besitzt Stichbogenfenster mit Kreuzstock, ein Vollwalmdach und Schablonenmalerei.

Der Erhalt der ehemaligen Synagoge in Stavenhagen ist dem einzigartigen bürgerschaftlichen Engagement vor Ort und dem Förderverein sowie dem Zusammenwirken verschiedener Fördereinrichtungen zu verdanken. Erste Gedanken für eine kulturelle Nutzung sind bereits benannt worden. Das Beispiel zeigt allen Skeptikern zum Trotz, dass man Erfolg hat, wenn alle anpacken und aufeinander zugehen.

Das Kulturdenkmal erhält, nachdem man es fast aufgegeben hatte, wieder neues Leben, erinnert an das, was war und begeistert dafür, was möglich ist und noch sein wird. So soll die künftige Nutzung des Denkmals der Stadt und der Region insbesondere jungen Menschen zugutekommen und allen dienen.

Am diesjährigen Tag des offenen Denkmals im September wurden unter dem Motto "Jenseits des Guten und Schönen – Unbequeme Denkmale" bauliche Zeugnisse, die oft an Krieg, Unterdrückung und Gewaltherrschaft erinnern, einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Die Rettung des Denkmals in Stavenhagen regt zum Nachdenken, aufeinander zugehen und Nachmachen an.

Dr. Jan Schirmer

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