Die Grotte im Park von Gützkow

Denkmal des Monats Februar 2016

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Gützkow, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, die Insel mit der Grotte im Gutspark während der Wiederherstellungsarbeiten im September 2012.jpg

Abb. 1. Gützkow, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, die Insel mit der Grotte im Gutspark während der Wiederherstellungsarbeiten im September 2012

Abb. 1. Gützkow, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, die Insel mit der Grotte im Gutspark während der Wiederherstellungsarbeiten im September 2012

Unmittelbar an der alten pommerschen Landesgrenze, auf halbem Weg zwischen Ivenack und Altentreptow, liegt das kleine Dorf Gützkow . Groß hingegen ist die barocke Gutsanlage mit seinem prachtvollen Herrenhaus, den vier Nebengebäuden und einem weitläufigen Park. Unmittelbar westlich der Gebäude schließt sich ein Teich mit einer künstlichen Insel darin an. Das Besondere daran: Hier befindet sich eine künstliche Grotte aus dem 18. Jahrhundert! (Abb. 1)

Im Zuge der Wiederherstellungsarbeiten der Gutsanlage durch Helmuth von Malzahn wurden Teich und Insel 2012 neu modelliert, ein "Schneckenberg" über einem unterkellerten Hügel geformt, was den Anlass zu einer kurzen Untersuchung ergab. Die restauratorischen Erhebungen übernahm dabei mein Kollege Detlef Krohn.

So unscheinbar der Hügel von außen wirkt, so beeindruckend ist der verborgene Raum mit seinem achtteiligen Gewölbe, aus Backstein gemauert, ehemals verputzt und überstrichen (Abb. 2). Die Raumhülle aus Ziegeln ummantelt eine kräftige Packung Feldsteine und aufgeschüttete Erde. Auf der oberen Kalotte des Gewölbes ist dieses zu seinem Schutz mit Backsteinen und Dachziegeln (Biberschwänzen) belegt.

Der Grundriss ist der eines abgefasten Quadrates, genauer eines unregelmäßigen Achtecks mit vier Lang- und vier Schmalseiten. Zutritt ermöglichte ehemals eine Brücke von Norden, die Eingangssituation war wie die gesamte Außenanlage weitgehend verstürzt. Reste von Steinsetzungen zeigten beidseitig halbrunde Nischen, die bei der aktuellen Wiederherstellung frei rekonstruiert wurden (Abb. 3-4).

Betritt man den Innenraum, erstaunt der Zentralraum mit seinem aufwendigen achtteiligen Kreuzgratgewölbe. Zwei Fensteröffnungen sorgen für ein wenig Licht, die anderen Wandbereiche sind mit Nischen versehen - oder sogar mit einem offenen Kamin! (Abb. 5)

Die Wände waren verputzt, grau gefasst und als Schmuck mit zahlreichen Glasschlacken und einheimischen Teichmuscheln verziert. Dazu kamen ehemals weitere unbekannte Applikationen, für die Holzdübel nachweisbar sind und teilweise eigenständige Wandbereiche auszeichnen. Eine einzelne, in den Mörtel gedrückte, chinesische Porzellanscherbe gehört ebenfalls in diesen Kontext (Abb. 6-8).

Auch der Ursprung der Glasschlacken ("Ofenbänke") als Reste der einstmals weit verbreiteten Glasverhüttung in Mecklenburg lässt sich erschließen. Ein Blick auf historische Kartenwerke zeigt den inzwischen untergegangenen "Hüttenhof" nordwestlich von Gützkow, eine Pertinenz des Gutes. Ab 1725 betrieb hier Johann Lukas Gundlach aus der berühmten gleichnamigen Hüttenmeisterdynastie eine Glashütte. Er hatte diese vom Hüttenmeister Heinrich Seitz übernommen. In der Regel laufen die Kontrakte mit den Waldbesitzern 8-15 Jahre, dann ist zumeist der Buchenwald durch Kahlschlag verschwunden und die Glashütte zieht weiter. Geblieben war nur der Name (Abb. 9).

Das könnte ein Datierungshinweis sein, denn Backsteine und Mörtel lassen eine allgemeine Zeitstellung im mittleren 18. Jahrhundert vermuten, erstere sind gedrungener und größer, letzterer gröber als das Baumaterial des Herrenhauses von 1777 und seiner Nebengebäude. Ein weiteres Indiz ist der Kamin mit scheitrechtem Sturz über einem (durch Rost zerstörtem) Flacheisen und einem fein profilierten Gesims. Holz für dendrochronologische Datierungen war nicht vorhanden, dafür existiert ein Plan der Gutsanlage von 1766. Die Entstehung der Grotte dürfte damit in das 2. Viertel bzw. in die Mitte des 18. Jahrhunderts zu datieren sein. (Abb. 10).

Mit der Abdeckung des Grottengewölbes hatten sich die Baumeister große Mühe gegeben. In einem großen Achteck wurden Biberschwänze (frühere Bezeichnung: Zungensteine) in ein Bett aus fettem Kalkmörtel gelegt. Um maximale Überdeckung zu gewährleisten, waren die geraden Oberseiten der Ziegel so ausgeschlagen worden, dass sie weitgehend bündig an die halbrunde Unterseite des nächsten Ziegels anschließen konnten. Ein weiteres, zentrales Achteck wurde darauf mit Backsteinen aufgemauert, an den Seiten befanden sich jeweils in situ eingelassene Flacheisen (zum größten Teil korrodiert). Hier haben wir es ganz offensichtlich mit dem Unterbau einer hölzernen Plattform, eines "Belvederes" zu tun (Abb. 11). Die Eisen weisen Löcher zum Annageln von Holz sowie ein rechtwinklig umgebogenes Ende auf, so dass eine "frei schwebende" trockene Holzkonstruktion für längere Lebensdauer möglich wurde. Der Abschluss der zuerst schräg gezogenen Schornsteinanlage dürfte oberirdisch dekorativ gestaltet gewesen sein, doch darüber ist nichts bekannt.

Im 18. Jahrhundert erfreuten sich Grotten in Gärten oder sogar in Gebäuden Norddeutschlands (Grottensaal im Neuen Palais Potsdam) großer Beliebtheit. Die Verwendung exotischer Mineralien und Muscheln spielte in den kleineren Anlagen keine Bedeutung und wurde durch heimische Muscheln, Schnecken und Glasschlacken ersetzt, falls vorhanden auch andere Besonderheiten wie Raseneisenstein oder Gipsbrocken – Materialien, die der theatralischen, etwas mystischen Wirkung dieser Bauten entgegen kamen. Die achtseitige Form war in Italien seit der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts bis hinein in das 18. Jahrhundert sehr beliebt. Ihre Form ist den römischen Thermen, Nymphäen oder privaten Brunnenanlagen angelehnt. Eine Beziehung dieser gewählten Bauform (unregelmäßiges Achteck) zur in jener Zeit aufkommenden Freimaurermode mit ihrer exklusiven Haltung und ihren geheimen Ritualen wäre zu untersuchen.

Gützkow gehört zu den frühen Anlagen ihrer Art in Norddeutschland, die prominenten Bauten wie der genannte Potsdamer Grottensaal (1763-69), das wohl daran angelehnte Muschelzimmer des Herrenhauses Beuchlitz bei Halle/S. (darin Initialen der 1769 verstorbenen Dorothea Elisabeth Lucia von Stecher) oder aber die bei Detlef Krohn (restauratorische Untersuchung) genannten Vergleiche (Schönau 1796, Vöslau 1777 oder Veitshöchheim 1772/73) sind wohl alle jünger. Ein Zeitgenosse könnte beispielsweise die Neptungrotte im Park von Schloss Sanssouci (1751-57) gewesen sein. Leider ist die Ausgestaltung in Gützkow fast vollständig verloren gegangen, so dass man sich nur anhand von Vergleichsbauten ein Bild von der ursprünglichen Raumidee machen kann. Aufschlussreich dafür sind auch die Stiche aus den Werken von Joseph Furttenbach, die bestimmte Grundcharakteristika gut zeigen. Es handelt sich um Zentralräume, gern vier- oder achteckig, auch oval, die reich dekorierte Nischen besitzen und auch sonst an Applikationen mit Muscheln und Steinen reich besetzt sind (Abb. 12). Interessant ist die Verbindung mit einem Belvedere, wie beispielsweise in Veitshöchheim oder ursprünglich in Paretz, dort allerdings aus der Zeit um 1800. Gützkow ist in jedem Fall ein recht früher (vielleicht sogar der früheste) und ebenso seltener Vertreter solch einer aufwendigen Grottenanlage auf dem Lande, hier in Mecklenburg-Vorpommern!

Dr. Tilo Schöfbeck

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