In vorderster Reihe - Das Warnemünder Seemannshaus Am Strom (Abb. 1)

Denkmal des Monats November 2016

Abb. 1. Warnemünde, Hansestadt Rostock, Am Strom 48, Fassade, 2016 Details anzeigen
Abb. 1. Warnemünde, Hansestadt Rostock, Am Strom 48, Fassade, 2016

Abb. 1. Warnemünde, Hansestadt Rostock, Am Strom 48, Fassade, 2016

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Warnemünde ist heute ein bekannter Urlaubsort, in dem der Fremdenverkehr eine große Rolle spielt. Ab dem 19. Jahrhundert veränderte er auch das Erscheinungsbild der Häuser und Straßen.

Die erste urkundliche Erwähnung des Dorfes stammt aus dem 12. Jahrhundert. Seit 1323 ist es ein Stadtteil von Rostock, das so einen eigenen Ostseehafen bekam. Ein Siedlungskern mit zwei Häuserreihen entstand westlich der Warnowmündung in die Ostsee. Die beiden Häuserreihen – Vorderreihe (Am Strom) und Hinterreihe (Alexandrinenstraße) – verlaufen parallel zum Alten Strom, dem nördlichen Arm der Warnow.

Die Bewohner lebten vom Fischfang und der Schifffahrt. Nach wie vor ortsbildprägend in Warnemünde sind die Seemannshäuser, die aufgereiht Am Strom stehen (Abb. 2). Es handelt sich immer um Einzelhäuser, die durch kleine Zwischengänge (Tüschen) voneinander getrennt sind (Abb. 3). Die schmalen Parzellen erstrecken sich weit in die Tiefe, so dass ihre Erschließung von der Rückseite über die Hinterreihe nötig war. An der Ostseite der heutigen Alexandrinenstraße befanden sich kleine Gärten, die eine eigene Adresse bekommen haben, wie das Beispiel Am Strom 48 und Alexandrinenstraße 123 zeigt. Nur bei den Grundstücken Alexandrinenstraße 123 und 124 sind die historischen Gartenflächen erhalten, ansonsten wurden neue "Vorderhäuser" an der Alexandrinenstraße gebaut (Abb. 4). Weitgehend ist die Baustruktur der Parzellen aus dem 18. Jahrhundert überliefert. Es handelt sich um eingeschossige giebelständige Vorderhäuser Am Strom mit schmalen, langgestreckten Anbauten an der Rückseite, die oftmals mit einem Querbau abschlossen. Die Dächer besaßen ursprüngliche eine Rohrdeckung. Im 18. Jahrhundert ging man jedoch nach und nach dazu über, die Häuser mit holländischen S-Pfannen zu decken, die heimkehrende Schiffe als Ballast mitbrachten. Die Fassaden der meist in Fachwerkbauweise errichteten Gebäude waren in der Regel massiv gemauert und teilweise mit aufwändigen Schweifgiebeln geschmückt.

In die Vorderreihe gehört auch das Gebäude Am Strom 48/Alexandrinenstraße 123. Der Gebäudekomplex aus Vorderhaus und Flügelanbau wird durch ein dreiachsiges Quergebäude mit einem Vorgarten abgeschlossen (Abb. 5). Vorderhaus und Anbau sind noch mit S-Pfannen gedeckt. Die Fassade wird von einem Schweifgiebel mit Lünettenfenster bekrönt. Vor dem Erdgeschoss befindet sich eine hölzerne Veranda, die die ganze Hausbreite einnimmt.

Den Grundriss eines typischen Warnemünder Seemannshauses (Abb. 6) beschreibt Johann Friedrich Pries wie folgt: "An der Diele liegen die übrigen 3 oder 4 Erdgeschoßräume aufgereiht, deren mittlere ihr Licht von der Tüsche aus empfangen; von der Diele führt eine schmale, unbequeme Treppe auf den Hausboden. […] Die Raumflucht des Vorderhauses setzt sich in einem schmalen Anbau fort, in dem ein Geräte- und Arbeitsschauer, Kuhstall, Feuerungsgelaß usw. untergebracht sind. Seit das Vorderhaus im Sommer an Badegäste vermietet wird, ist im früheren Garten oft noch ein Hinterhaus vorhanden."1

Die Entwicklung Warnemündes zum Badeort begann im 19. Jahrhundert und wurde durch den Anschluss an das Eisenbahnnetz 1850 beschleunigt. Die Fischer bekamen durch die Aufnahme von Badegästen eine weitere Einnahmequelle. Dadurch änderte sich auch das Ortsbild von Warnemünde. Um Raum für die Gäste zu schaffen, wurden an die Wohnhäuser Veranden, die so genannten "Glaskästen" (Abb. 2), angefügt und damit die gepflasterten Vorplätze der Häuser überbaut. Dies geschah vor allem Am Strom.

Die bei J. F. Pries beschriebene Anordnung der Räume findet sich auch bei dem Haus Am Strom 48 wieder, wie ein Grundriss von 1912 zeigt. Die Bezeichnung der Räume mit Zimmer und Küche, auch in dem Anbau und Querhaus, deutet zusammen mit einer Veranda auf die Vermietung an Badegäste hin. Die Ställe in dem Anbau sind in Zimmer umgewandelt worden, nach der Anzahl der Küchen gab es drei Wohneinheiten - oder anders gesagt: drei Ferienwohnungen, denn es war durchaus üblich, dass die Bewohner ihre eigenen Räume an Gäste vermieteten und selbst in die Nebengebäude zogen.

Natürlich hat auch das Gebäude Am Strom 48/Alexandrinenstraße 123 im Laufe des 20. Jahrhunderts einige Veränderungen erfahren. Trotzdem ist der Typus des mecklenburgischen und hier speziell des Warnemünder Seemannshauses überliefert, wie es sonst kaum noch der Fall ist. Eine Besonderheit ist zudem, dass sich nur hier und bei dem Nachbargrundstück Alexandrinenstraße 124 die Vorgärten erhalten haben.

In besonderer Weise lassen sich bei diesem Haus die Entwicklung der Arbeits- und Lebensverhältnisse in Warnemünde vom 18. bis zum 20. Jahrhundert nachweisen. Vor allem aus geschichtlichen Gründen wurde daher das Haus Am Strom 48/Alexandrinenstraße 123 unter Denkmalschutz gestellt.

Elke Onnen


Fußnoten

1 Pries, Johann Friedrich: Die Entwicklung des mecklenburgischen Niedersachsenhauses zum Querhause und das mecklenburgische Seemannshaus. Stuttgart, 1928, S. 361.

Literatur:

Barnewitz, Friedrich: Geschichte des Hafenortes Warnemünde. Rostock, ³1992.

Pries, Johann Friedrich: Die Entwicklung des mecklenburgischen Niedersachsenhauses zum Querhause und das mecklenburgische Seemannshaus. Stuttgart, 1928

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