Eine bedeutende Gutsanlage in Feldsteinbauweise
Denkmal des Monats Juni 2010
Abb. 1: Bröllin. Blick auf den Speicher und die Brennerei, Zustand im November 2009
Foto: LAKD MV/LD; B. Dräger
Abb. 1: Bröllin. Blick auf den Speicher und die Brennerei, Zustand im November 2009
Foto: LAKD MV/LD; B. Dräger
Die Gutsanlage in Bröllin, südöstlich von Pasewalk im Landkreis Uecker-Randow gelegen, gehört aufgrund ihrer Vielzahl von überlieferten Wirtschaftsgebäuden und wegen der Bauweise in Feldstein zu den bedeutendsten Anlagen in der von Gutswirtschaften geprägten Kulturlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern. Das in seltener Geschlossenheit erhaltene Gutsensemble besteht aus dem im 18. Jahrhundert wohl durch die Familie von Winterfeld erbauten Gutshaus, einem Landschaftspark mit Küchengarten und einem in die Gartenmauer eingebauten Eiskeller sowie dem Wirtschaftshof mit zahlreichen Wirtschaftsgebäuden. Dazu zählen eine Brennerei, ein Speicher, diverse Stallungen und Scheunen sowie ein Bienenhaus. Die städtebauliche Situation zeigt nicht die klassische Anordnung mit dem Gutshaus als Zentrum der Anlage und symmetrisch vorgelagerten Wirtschaftsgebäuden, sondern in der Mitte des Hofes gegenüber vom Gutshaus liegen die Brennerei und der Speicher. Der Kirchhof der Dorfkirche, einem mittelalterlichen Feldsteinbau, grenzt unmittelbar an den Gutspark an. Im Dorf sind fünf ehemalige Landarbeiterhäuser in Feldsteinbauweise erhalten geblieben. Von nach 1945 errichteten störenden Neubauten blieb die Gutsanlage verschont. Die in ihren wesentlichen Teilen nach 1854 durch die Familie Stoewahs errichtete Gutsanlage ist von einem sehr hohen Zeugniswert für die Lebens- und Wirtschaftsweise auf einem vorpommerschen Gutsbetrieb im 19. Jahrhundert.
Die Bauweise und Anzahl der erhaltenen Wirtschaftsgebäude, die bis auf das Gutshaus und das Bienenhaus sämtlich aus unbehauenen Feldsteinen errichtet worden sind, hat hierzulande Seltenheitswert. Das reiche Feldsteinvorkommen in der Region geht auf die Eiszeit zurück. Bereits im Mittelalter dienten Feldsteine als Baumaterial zur Errichtung von Kirchenbauten. Im zweiten Drittel bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Feldsteinbauweise vor allem südlich der Peene wieder aufgenommen. Hier gibt es heute noch vermehrt einzelne Wirtschaftsgebäude auf Gutsanlagen, die oft in späterer Zeit mit Backsteinmauerwerk aufgestockt worden sind sowie einige Kirchenneubauten und Turmneubauten an mittelalterlichen Dorfkirchen. In allen Gegenden in Mecklenburg-Vorpommern wurde das Feldsteinmaterial bei Straßenpflasterungen und Feldsteintrockenmauern um die Kirchhöfe verwendet.
Vergleichbar mit Bröllin ist die unweit gelegene Gutsanlage in Rothenklempenow, hier sind allerdings Backsteine als Imitation von Quaderungen in das Feldsteinmauerwerk eingesetzt. Bei den Gebäuden in Bröllin wurde auf jeglichen Dekor verzichtet, das Mauerwerk besteht aus teilweise sehr großen und unbehauenen Feldsteinen, die übereinandergeschichtet und die mit kleineren Steinen im Mörtel ausgezwickelt worden sind. Besonders zu bewundern ist ein viergeschossiger Speicherbau. Die Gutsgebäude befinden sich alle in einem befriedigenden Zustand. In den letzten Jahren sind einige der Wirtschaftsgebäude denkmalgerecht saniert und nutzbar gemacht worden. In den ehemaligen Stallungen wurden Studiobühnen, Seminar- und Ausstellungsräume sowie Gästeschlafzimmer eingerichtet. In einem Gebäude der Brennerei befindet sich ein Café.
Der seit 2001 in Bröllin tätige Verein Schloss Bröllin e. V., der das Gutsgelände als "International Art research location" nutzt und bisher überwiegend die Arbeitsmöglichkeiten der Künstler durch qualitätvolle Sanierungen und Umnutzungen der Wirtschaftsgebäude zu Studiobühnen, Veranstaltungsräumlichkeiten und einigen Gästezimmern betrieben hat, wird als nächstes Projekt die Sanierung des Gutshauses vornehmen, um sowohl den äußeren Eindruck der Gutsanlage zu verbessern als auch um bessere Unterkunfts- und Aufenthaltsmöglichkeiten sowie Büroarbeitsplätze zu schaffen. Aus denkmalpflegerischer Sicht ist die schrittweise denkmalgerechte Sanierung der Anlage sehr zu begrüßen. Es wird somit ein wertvolles Gutsensemble bewahrt. Aufgrund der kulturellen Nutzung ist Bröllin eine Gutsanlage, die öffentlich begangen werden kann und durch wechselnde Ausstellungen und Performances immer wieder einen Besuch wert ist.
Beatrix Dräger
Denkmal des Monats Juni 2010
Eine bedeutende Gutsanlage in Feldsteinbauweise
Abb. 1: Bröllin. Blick auf den Speicher und die Brennerei, Zustand im November 2009
LAKD; B. Dräger
Abb. 2: Bröllin. Brennereigebäude, Zustand im November 2009
LAKD; B. Dräger
Abb. 3: Bröllin. Großer Bullenstall nach der Sanierung, Zustand im November 2009
LAKD; B. Dräger
Abb. 4: Bröllin. Gutshaus, Zustand im September 2009
K. Husemann