Was wird aus dem Gutshaus in Sommerfeld?

Denkmal des Monats September 2011

Sommerfeld, Lkr. Nordvorpommern, Gartenweg 7, GutshausDetails anzeigen
Sommerfeld, Lkr. Nordvorpommern, Gartenweg 7, Gutshaus

Abb. 1: Sommerfeld, Lkr. Nordvorpommern, Gartenweg 7, Gutshaus

Abb. 1: Sommerfeld, Lkr. Nordvorpommern, Gartenweg 7, Gutshaus

In Sommerfeld, unweit von Stralsund gelegen, steht eines der ältesten und wertvollsten Herrenhäuser in Mecklenburg-Vorpommern (Abb. 1 - 3). Obwohl die hohe bauhistorische Bedeutung des Gutshauses unumstritten ist, fehlt derzeit eine Perspektive für einen längerfristigen Erhalt des leer stehenden Kulturdenkmals.

Das Gutshaus wirkt für den gewöhnlichen Betrachter auf den ersten Blick eher unscheinbar. Es besteht aus zwei Gebäudeteilen, einem höheren, dreigeschossigen, vierachsigen Gebäudeteil, dem sogenannten Ostflügel, und einem niedrigeren, zweigeschossigen, fünfachsigen Bauteil, dem Westflügel. Beide Teile sind massive, verputzte Backsteinbauten, der Westflügel besteht im Obergeschoss zu zwei Dritteln aus Fachwerk. Die Fassadengestaltung weist eine schlichte Verputzung auf mit einer Rustizierung in Zementputz an den Gebäudeecken, wohl aus der Zeit um 1910/20. Am Ostteil ist ein älteres, stark profiliertes Traufgesims erhalten. Die Fenster schlossen bündig ab. In den beiden Obergeschossen des Ostteils sind an den Fensteröffnungen Reste von eckverkröpften Faschen zu erkennen. Von den barocken Fenstern sind nur noch teilweise die Fensterkreuze in Resten erhalten, andere historische Fenster lassen sich in den Anfang des 19. Jahrhunderts datieren. Wesentliche Umbauphasen erfolgten um 1810/20 und vor 1912 mit dem Einzug der Familie des Conrad von Schaevenbach, die das Gut bis 1945 bewirtschaftete. In dieser Zeit wurden weite Bereiche des Fachwerkbaues massiv aufgemauert, der Südwestgiebel entstand neu. Aus dieser Zeit stammen auch die Haustür und der Eingangsvorbau. An der Hofseite wurden die Fensteröffnungen 1989 teilweise verkleinert und mit einem Stichbogen versehen. Scheinbar handelt es sich also um ein Haus aus dem 18. Jahrhundert, das im Laufe der Zeit einige Veränderungen erfahren hat.

Erst bei genauerer Inaugenscheinnahme des Herrenhauses wird der Betrachter Klosterformatsteine am Ostflügel gewahr, die zu einem mittelalterlichen Backsteinbau von 8,0 x 12,5 m gehören, der aufgrund seiner Mauerstärke von traufseitig 1,03 m und giebelseitig 0,85 m sowie einer Darstellung auf der schwedischen Matrikelkarte als mindestens dreigeschossig anzunehmen ist. Es handelt sich um ein ehemaliges "Festes Haus" und damit um eines der wenigen Beispiele der aus dem Mittelalter überlieferten Wohnarchitektur des Adels oder möglicherweise in diesem Fall auch des reichen Bürgertums, das sich im heutigen Mecklenburg-Vorpommern und im gesamten Ostseeraum erhalten hat. Die "Steinkammer" war asymmetrisch in zwei Räume unterteilt, ein in Mecklenburg-Vorpommern außergewöhnlicher Befund, da die bekannten mittelalterlichen Kemenaten in der Regel nur einen Raum aufweisen. Die Backsteine mit Formaten um 8,5 x 14,0 x 29,0 cm in einem Läufer-Läufer-Binder-Verband lassen eine Entstehungszeit um 1500 annehmen. Im Inneren ursprünglich wohl balkengedeckt, wurde das Gebäude im Spätmittelalter mit einer durchlaufenden Tonne eingewölbt. Ob und wo an diese "Steinkammer" schon im Mittelalter Fachwerkbauten anschlossen, würde nur durch eine archäologische Untersuchung zu ermitteln sein. Der heute südwestlich anschließende Gebäudeteil wurde dendrochronologischen Untersuchungen zufolge 1646, in den letzten Jahren vor Ende des Dreißigjährigen Kriegs, errichtet. Der Dachstuhl aus Kiefernholz mit liegendem Stuhl, Brustriegel und starken diagonalen Aussteifungen datiert in das Jahr 1645d (Abb. 4). Dachwerke der Renaissance beziehungsweise des Frühbarock sind in Mecklenburg-Vorpommern selten erhalten geblieben. Daher hat insbesondere dieses Dachwerk einen sehr hohen Dokumentationswert. Der Dachstuhl über dem Ostflügel wurde 1725 (1724d) aufgeschlagen.

Die Raumstruktur und erhaltene Ausstattungsteile datieren in die Zeit der 1725 erfolgten Erneuerung des Ostflügels. Von der im Westflügel gelegenen Diele erschließt eine sehr repräsentative Treppe die oberen Geschosse, allerdings sind sämtliche Geländerdocken inzwischen gestohlen worden. Über dem mittelalterlichen gewölbten Raum befindet sich ein Saal (Abb. 5), dessen Lambris reich geschweifte Spiegel zieren. Das umlaufende Stuckgesims hat eine tiefe Voute. An den Wänden sind Reste von Wandbespannungen und Tapeten erhalten. Es handelt sich um bedeutende Befunde für die ansonsten eher spärlich erhaltenen Innenausstattungen in Gutshäusern aus dem frühen 18. Jahrhundert. Aus dem Beginn des 19. Jahrhunderts blieben Füllungstüren und Rahmungen und aus der Zeit um 1912 eine aus industriell hergestellten Stuckteilen gefertigte Decke im ehemaligen Speisesaal erhalten.

Das Gutshaus steht seit Jahren leer. Aufgrund von Bau- und Vandalismusschäden besteht dringender Handlungsbedarf für eine Instandsetzung und eine Neunutzung. Leider hat sich vor kurzer Zeit die Nutzungsidee des letzten Eigentümers, der mit einer sensiblen Sanierung des historischen Gutshausgebäudes und Neubauten auf den Grundflächen ehemaliger Wirtschaftsgebäude einen kleinen Hotelkomplex mit Restaurant errichten wollte, zerschlagen. Das Hauptproblem stellte dabei nicht die Gebäudesanierung dar, sondern die Situation im Umfeld des Gutshauses. Der sich im Osten an das Gutshaus anschließende ehemalige Gutspark ist in dem zum Gutshaus gelegenen Teil durch eine Kleingartenkolonie zersiedelt worden. Die schwierige eigentumsrechtliche Situation und diverse Nutzungsansprüche auf die Flächen um das Gutshaus herum stellen für den Eigentümer des Gutshauses und die Gemeinde unlösbare Probleme dar, die eine Nutzung des Herrenhauses derzeit unmöglich erscheinen lassen. Damit rückt auch die dringliche Sanierung des Denkmals in weite Ferne.

Beatrix Dräger

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