Der Heilige Antonius von Sülten

Archivalie des Monats November 2009

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Heiliger Antonius

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Der heilige Antonius von Padua hilft der Legende nach, verlorene Sachen wiederzufinden. Seine Hilfe käme im Fall des Altarbildes des Heiligen Antonius des Großen aus der Kirche in Sülten sehr gelegen.

Sülten (heute Ortsteil von Weitendorf, Amt Sternberger Seenlandschaft) trat 1222 das erste Mal in Erscheinung, als bei der Stiftung der Antoniter-Präzeptorei Tempzin Fürst Borwin von Mecklenburg dem Kloster unter anderem dort eine Salzpfanne schenkte. Als Kirchdorf wurde der Ort zuerst 1287 erwähnt. 1428 schenkte Herzogin Katharina von Mecklenburg der Antoniter-Präzeptorei dann das Patronat der Kirche. Aus diesem Grund dürfte der heilige Antonius der Große, der Schutzpatron des Ordens, den Sültener Altar geschmückt haben.

Als 1811 die einzelnen mecklenburgischen Kirchen inventarisiert wurden, wurde dieser Altar folgendermaßen beschrieben:

1 Altar, mit Gitter und Kniebank umgeben. Der Tisch ist von Back-Steinen aufgemauert. Das Altarblatt, von Holz gehauen, hat Seiten-Flügel in Angeln, roth, blau und weiß marmoriert. In der Mitte Maria mit dem Kinde auf dem linken Arme. Links ein Bischof mit dem Stabe, ertheilt mit der Linken den Segen. Rechts ein morgenländischer Priester hat in der Rechten ein Creutz, in der Linken eine Glocke, vermuthlich Anthonius. Die Bilder sind 2 Fuß hoch und bemalt. …

Ein Bild davon, wie dieser Heilige Antonius wirklich aussah, kann man sich machen, wenn man die Denkschrift "Nachrichten von Tempzin, insbesondere von dem dortigen Kloster der Bettelmönche des heiligen Antonius" liest, die der Brüeler Bürgermeister Advokat Wehnert einige Jahre später verfasste und in der er die Geschicke des Klosters Tempzin schilderte (LHAS 2.12-3/2 Klöster und Ritterorden, Tempzin Nr. 12). Darin enthalten ist auch eine colorierte Zeichnung der Sültener Altarfigur. Nicht nur durch die Bettlerglocke ist hier der Heilige Antonius zu erkennen, sondern vor allem durch das Schwein, das sich halb unter seinem Mantel versteckt. Wehnert setzte sich in seiner Denkschrift für die Erhaltung des in seinem Bestand gefährdeten Altars ein. Die Landesgeschichte lag ihm, der 1835 auch zu den Gründungsmitgliedern des Vereins für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde zählte, besonders am Herzen. Daher regte er an, den kunsthistorisch wie historisch bedeutenden Altarflügel mit dem Heiligen Antonius der großherzoglichen Altertümersammlung anzuvertrauen, statt ihn zu vernichten.

Der Sültener Kirche drohte zu dieser Zeit wieder einmal wegen Baufälligkeit der Abriss. Schon im 17. Jahrhundert waren Anfragen an den Landesherrn ergangen, ob allgemeine Kollekten abgehalten werden dürften, um die Kirche vor dem Verfall retten zu können. Jetzt schien ihr Ende unmittelbar bevorzustehen. Der Glockenstuhl und Grabgewölbe in der Kirche waren baufällig, das Dach drohte einzustürzen. Eine Überprüfung des Oberbaurats Wünsch listete 1831 unter den Mängeln den zu sehr an katholische Gottesdienste erinnernden Altarschrein auf. Auch Landbaumeister Gross meinte, dass "St. Anton mit dem Ferkel und 2 ähnlichen Heiligenbilder an die graue Vorzeit erinnere". Eine Erneuerung des Altars sei dringend geboten. Die Kirche, deren Erhalt zwischenzeitlich nicht gewährleistet schien, wurde auf großherzoglichen Befehl hin gerettet und aufwendig saniert, doch der Verbleib des Altars ist seitdem ungewiss. Wehnerts Idee, ihn an das Museum zu geben, kam wohl nicht zur Ausführung, vielleicht auch, weil er 1835 verstorben und sein Plan damit in Vergessenheit geraten war. Nach Auskunft des Staatlichen Museums Schwerin ließ sich in den Sammlungen weder im vorhandenen Mittelalterbestand noch bei den Kriegsverlusten ein Hinweis auf den Sültener Antoniteraltar finden.

In der Gemeinde stellte sich die Frage, ob der Altarschrein neben anderen zerbrochenen Holzbänken bei einer Auktion noch Geld einbringen könnte. Dem Sültener Pastor Rudolf Dietz widerstrebte eine mögliche Profanisierung des Altars, weswegen er sich an den Landesherrn wandte, der den Wiederaufbau der Kirche gefördert und ein neues Altarbild bei Hofmaler Suhrland in Auftrag gegeben hatte. Dietz wollte den Altarschrein mit seinen hölzernen Figuren einschließlich des Heiligen Antonius dem Eigentümer Seeler auf Weitendorf überlassen, um ihn "einem Liebhaber und Sammler von Antiquitäten zu verehren". Der Großherzog fühlte sich nicht zuständig und verwies auf seine Regierung. Dass der Plan gebilligt wurde, ist möglich, doch fehlt bislang ein schriftlicher Beweis. Die Untersuchung weiterer Akten könnte hier vielleicht Aufklärung bringen. Doch ob sich das endgültige Schicksal des Heiligen Antonius von Sülten klären lässt, ist fraglich - da könnte wahrscheinlich auch der Heilige Antonius von Padua nicht helfen.

Dr. Antje Koolman, Landeshauptarchiv Schwerin

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