Französische Handdrucktapeten im Welterbebesucherzentrum der Hansestadt Wismar

Denkmal des Monats September 2015

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Hansestadt Wismar, Lkr. Nordwestmecklenburg, Lübsche Straße 23, Detaildarstellung mit Figuren in einer antiken Landschaft.jpg

Abb. 1. Hansestadt Wismar, Lkr. Nordwestmecklenburg, Lübsche Straße 23, Detaildarstellung mit Figuren in einer antiken Landschaft

Abb. 1. Hansestadt Wismar, Lkr. Nordwestmecklenburg, Lübsche Straße 23, Detaildarstellung mit Figuren in einer antiken Landschaft

In den Jahren 2012-2014 wurde in der Hansestadt Wismar das im Kern mittelalterliche Backsteingiebelhaus in der Lübschen Straße 23 mit dem Ziel, hier ein UNESCO-Welterbe-Besucherzentrum einzurichten, saniert. Neben besonderen baulichen und baugebundenen Befunden wie dem frühbarocken Kemladen mit seiner bemalten Holzbohlendecke und außergewöhnlichen Wandmalereibefunden beherbergt das Gebäude auch einen handgedruckten Tapetenzyklus.

Die raumfüllenden Endlostapeten hielten zu Beginn des 19. Jahrhunderts Einzug in die Wohnräume der betuchten Oberschicht. Besonders französische Firmen wie Zuber &Cie aus dem Elsass, Jaquemart & Bernard oder Dufour & Leroy aus Paris verhalfen diesen über gravierte Holzstöcke gedruckten Tapeten, "papier panoramique" genannt, zu ihrem internationalen Erfolg.

Das Thema der hier besprochenen Tapete wurde 1823 durch die Pariser Firma Dufour & Leroy erstmals aufgelegt und dann um 1828 auch nach Wismar verkauft. Es erzählt die Geschichte der Suche Telemachs, Sohn des Odysseus, nach seinem Vater auf der Insel der Meernymphe Kalypso. Im Gegensatz zu den ohne sichtbare Unterbrechung als fortlaufendes Panorama angelegten Tapeten, zu denen auch die Jagdtapete aus dem Jagdschloss Friedrichsthal bei Schwerin (jetzt in Friedrichsmoor) zählt, sind diese szenischen Tapeten durch rahmende Architekturen unterteilt. Die die Geschichte erzählenden figürlichen Szenen sind als relativ kleine Staffage eingebettet in weite antike Landschaften, bestimmt von griechischer Architektur, einer üppigen Flora, Himmel und Meer (Abb. 1).

Auf große an der Wand befestigte Rahmen wurde grobes Rupfengewebe genagelt und darauf über Schichten aus Makulatur die einzelnen Papierbögen, deren Abmessungen etwa 55 x 46 cm betragen, überlappend geklebt und so zu großen Bildszenen zusammengefügt (Abb. 2). Diese Szenen des mit 2027 Holzstöcken gedruckten Zyklus gliedern sich in Wismar in fünf unterschiedlich breite Bilder an der Ost- und Westwand des Raumes. Über den beiden Türen bilden jeweils zwei Supraporten mit Darstellungen von Amor und Psyche die Brücke zwischen den Bildbahnen. Lediglich eine Ofenecke unterbricht den geschlossenen Umlauf. Umrahmt werden die einzelnen Bildszenen von einer Blatt- und Blumengirlande und der Raum wird vertikal mit aufwändig gestalteten Pilastern auf grünem Untergrund unterteilt. Den oberen Abschluss bildet ein umlaufendes, illusionistisch gedrucktes, stark profiliertes Traufgesims, gestützt von mit Palmetten profilierten Konsolen. Diese gliedernden und rahmenden Elemente hatten, um die entsprechenden Raummaße bei vorgegebenen Bildmaßen zu erreichen, unterschiedliche Breiten.

Mögen im 19. Jahrhundert noch viele Räume von solch prachtvollen Tapeten geschmückt gewesen sein, sind es heute in erster Linie nur noch davon losgelöste Fragmente in verschiedenen Museen oder stark überarbeitete Stücke. Nur ganz wenige Häuser beherbergen noch diese Ausstattung in ihrer ursprünglichen unberührten Anbringung, so etwa das Herrenhaus in Borghorst in Schleswig-Holstein, ein Bürgerhaus in Warendorf in Westfalen und eben auch bis zum November 1995 das Haus in der Lübschen Straße in Wismar.

Zu diesem Zeitpunkt wurde fast die gesamte Tapete bei einem Diebstahl aus den Rahmungen herausgeschnitten und entwendet (Abb. 3). Zurück blieben neben der Tapete an der Fensterwand lediglich Teile der rahmenden Architektur und die rahmenden Blattgirlanden. Zum Glück konnte sie aber bereits einen Monat später sichergestellt und an die Denkmalbehörde der Stadt Wismar übergeben werden.

Sowohl der Diebstahl, wie auch der Gebrauch und die wechselnden klimatischen Bedingungen während der jahrelangen Auslagerung haben an der Tapete sichtbare Spuren hinterlassen. So zeigten sich außer großflächigen Oberflächenverschmutzungen vielfältige kleinere und größere Schäden wie Farbabrieb, Überklebungen und Übermalungen, Wachsflecke, Kalkflecke, größere Wasserschäden mit prägnanten sehr störenden Wasserrändern, Risse, Falten, Brüche und Löcher (Abb. 4-6). Die größten Schäden, auch gerade im Hinblick auf einen Wiedereinbau, haben ihre Ursache aber in dem gewaltsamen Herausschneiden der Bilder aus den tragenden Rahmen, wobei die Randbereiche abgetrennt und auf den Rahmungen zurückgelassen wurden. Auf Grund der Größe der einzelnen Stücke, das größte Fragment misst immerhin 2,73 m x 8,56 m, wurden die Teile gefaltet, wodurch es zu Brüchen und Farbschichtverlusten kam. Besonders negativ wirkte sich auch die ungerahmte Lagerung der Stücke auf deren Maßhaltigkeit aus, da sie in den Jahren einem deutlichen Schrumpfungsprozess unterzogen waren, was deren erneute Montage deutlich verkomplizierte.

Das Ziel der angestrebten Restaurierung war die Konservierung der originalen Substanz und deren optische Aufwertung und sollte im Gegensatz zur originalen Anbringung eine reversible Montage der Tapete zu einem dem Original entsprechenden geschlossenen Raumeindruck beinhalten.

Der erste Teil der Arbeiten konzentrierte sich auf die Papierrestaurierung, wobei Risse und Löcher mit Japanpapieren stabilisiert und die vorhandenen Fehlstellen innerhalb der Flächen mit Büttenpapier und Weizenstärkekleister geschlossen wurden. Eine der Hauptaufgaben in dieser Phase war es, die abgeschnittenen Randbereiche wieder mit den jeweiligen Fragmenten zu verbinden, womit auch eine Erweiterung der tragenden Leinwand durch anrändern entsprechend breiter Leinwandstreifen einher ging, welche entsprechend dimensioniert sein mussten, um eine kraftschlüssige Verbindung zur Originalleinwand wie auch eine entsprechende Montage auf die Rahmen zu ermöglichen. Dazu mussten Teile der geschädigten Randbereiche der vorhandenen Leinwand entfernt werden, um eine sichere Verbindung zu erreichen, welche dann noch zusätzlich mit rückseitigen Streifen eines dünneren Materials überbrückt wurden, um den zu erwartenden hohen Zugkräften beim Spannprozess eine genügend hohe Klebekraft entgegen setzen zu können. Auf diese neue Leinwand konnten dann die Papierränder mittels Weizenkleister an die originalen Papiere angesetzt werden. Gleichzeitig dienten die breiten Streifen als Hilfsmittel für eine notwendige Dehnung der geschrumpften Bilder, wozu eine sich langsam aufbauende Spannung mittels fortlaufender Fäden über einen äußeren Rahmen, ähnlich der sogenannten holländischen Spannmethode, erzeugt wurde und damit über einen längeren Zeitraum Schritt für Schritt eine langsame Dehnung auf das ursprünglich Maß erreicht werden konnte. Mit diesem Arbeitsschritt gelang es gleichfalls, die bestehenden Verformungen wie Beulen und Falten deutlich zu minimieren.

Nach dieser Prozedur konnten die kleineren Fragmente bereits final auf die neu angefertigten Holzrahmen gespannt werden, während die großen Teilstücke auch für die noch folgenden Kittungen und Retuschen vorerst auf den Interimsrahmen verbleiben mussten, da sie für den Transport von der Werkstatt nach Wismar auf Grund der Größe erneut abgespannt und auf Transportrollen transportiert werden mussten (Abb. 7). Erst vor Ort konnten sie dann unter sehr beengten Bedingungen nach einem erneuten Vorspannen endgültig auf die großen Holzrahmen aufgezogen werden. Die Retuschen von Fehlstellen erfolgte mit einer relativ trockenen Tempera und, wo erforderlich, mit Pastellstiften, die anschließend fein verrieben und leicht fixiert wurden.

Problematisch waren die großen gerade in der Himmelspartie verlaufenden Wasserflecken mit stark ausgeprägten Rändern. Auf Versuche, diese mit Lösungsmittelgelen oder Kompressen zu reduzieren, wurde mit Rücksicht auf die originale Malschicht vorsorglich verzichtet, so dass letztlich nur die Milderung durch aufliegende Retuschen blieb. Die zum Teil großflächig übermalten Himmelspartien ließen sich trotz mehrfacher Versuche leider nicht abnehmen und müssen so als gegebene Tatsache hingenommen werden, was bedauerlich ist, da partiell zwischen den Bäumen noch der blaue Himmel sichtbar ist.

Nach der finalen Montage wurden dann, wo erforderlich, noch abschließende korrigierende Retuschen bei den nun gegebenen Lichtverhältnissen vorgenommen. Als Ergebnis konnte trotz der massiven zerstörerischen Eingriffe der geschlossene Raumeindruck wieder gewonnen und so der Stadt Wismar und seinen Besuchern ein seltenes Kleinod zurückgegeben werden (Abb. 8).

Frank Hösel

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