Noch ganz frisch: Frühmittelalterlicher Silberhortfund
Fund des Monats Oktober 2010
Abb. 1: Systematische Nachsuche mit Einmessung der Funde
Foto: R. Buhl, Barth
Abb. 1: Systematische Nachsuche mit Einmessung der Funde
Foto: R. Buhl, Barth
Im Herbst 2008 wurde auf der Trasse der Ostsee-Pipeline-Anbindungsleitung bei Anklam, nur 3 km von dem wikingerzeitlichen Handelsplatz von Menzlin entfernt, eine frühslawische Siedlung entdeckt und teilweise ausgraben. Prospektionen im Umfeld der Siedlung erbrachten Hinweise auf ein Hacksilberdepot. Geborgen wurden eine Münze und zehn weitere Fragmente, eine zwölfte kam im Jahr 2009 hinzu. Am 28. August und 2. September 2010 nahmen ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger unter Leitung von C. M. Schirren (Landesamt für Kultur und Denkmalpflege) und F. Ruchhöft (Universität Greifswald) auf der Fundstelle eine systematische Nachsuche vor.
Der Ackerboden wurde mit Hilfe eines Baggers in mehreren Arbeitsgängen abgetragen, die Funde mit dem Detektor lokalisiert und mit einem Tachymeter punktgenau eingemessen. Dabei wurden 70 weitere Münzen sowie vier Barrenfragmente und ein fast vollständiger Armring vom Permer Typ geborgen. Bei den Münzen handelt es sich um persische und arabische Prägungen. Die ältesten Münzen stammen aus der Regierungszeit des Perserkönigs Chosrau II. (590–637), die jüngsten aus dem frühen 9. Jahrhundert. Der Armring vom Permer Typ, hergestellt im Wolgaraum, ist der vierte seiner Art im westslawischen Gebiet. Vergleichbare Stücke stammen aus Ralswiek (Lkr. Rügen), Schwerinsburg (Lkr. Ostvorpommern) und Trittelwitz (Lkr. Demmin). Weitere sind aus Osteuropa, Skandinavien und von den Britischen Inseln bekannt.
Die Funde wurden ausschließlich im Pflughorizont geborgen. Sie waren auf einer Fläche von etwa 20 x 30 m verstreut. Da im Umfeld keine weiteren Silberfunde entdeckt wurden, kann davon ausgegangen werden, dass es sich um einen vollständig zerpflügten Hacksilberschatz handelte. Aufgrund der genauen Vermessung ließ sich jedoch eine Fundkonzentration ermitteln, in deren Zentrum am Übergang zum anstehenden Lehm-Sand-Gemisch die Bodenscherbe eines frühslawischen Tongefäßes lag. Damit konnte der ursprüngliche Standort des Depots am Rand der zeitgleichen slawischen Siedlung fixiert werden.
Der frühmittelalterliche Hortfund von Anklam ist der Erste, der seit 1973, dem Jahr der Auffindung des Schatzes von Ralswiek, entdeckt wurde. Mit seinen rund 200 g Silber ist er nicht der umfangreichste in Vorpommern, aber aufgrund seiner systematischen Bergung und seiner Nähe zu einem archäologisch untersuchten Siedlungsplatz kommt ihm eine besondere wissenschaftliche Bedeutung zu. Zugleich ist die Bergung dieses bemerkenswerten Fundes Bestandteil umfangreicher systematischer Prospektionen im Peene-Raum, die das Wissen um das ökonomische Hinterland des Handelsplatzes von Menzlin bedeutend erweitern werden.
Der Fund zeigt einmal mehr, wie wichtig die enge Zusammenarbeit von ehrenamtlichen Bodendenkmalpflegern und Wissenschaftlern ist, denn dadurch sind bereits viele bedeutende Fundstellen entdeckt und fachgerecht dokumentiert worden. Seit 2007 schult das LAKD übrigens interessierte ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger auch im Einsatz von Metalldetektoren. Dieses Miteinander ist für die wissenschaftliche Erfassung und Erforschung des Kulturerbes in Mecklenburg-Vorpommern unerlässlich und seit langem bewährt.
Dr. Fred Ruchhöft / Dr. C. Michael Schirren
Fund des Monats Oktober 2010
Noch ganz frisch: Frühmittelalterlicher Silberhortfund
Abb. 1: Systematische Nachsuche mit Einmessung der Funde
R. Buhl, Barth
Abb. 2: Persische und arabische Prägungen
F. Ruchhöft, Greifswald
Abb. 3: Münze aus der Regierungszeit von König Chosrau II.
F. Ruchhöft, Greifswald
Abb. 4: Auch Armringe wurden – zerkleinert – als Zahlungsmittel verwendet
F. Ruchhöft, Greifswald