Erfassung und Prospektion

Abb. 1: Mittelalterliche Turmhügelburg bei Kühlenstein, Landkreis Nordwestmecklenburg  (Foto: LAKD/LA; O. Braasch)Details anzeigen
Abb. 1: Mittelalterliche Turmhügelburg bei Kühlenstein, Landkreis Nordwestmecklenburg  (Foto: LAKD/LA; O. Braasch)

Abb. 1: Mittelalterliche Turmhügelburg bei Kühlenstein, Landkreis Nordwestmecklenburg

Abb. 1: Mittelalterliche Turmhügelburg bei Kühlenstein, Landkreis Nordwestmecklenburg

Zu den Kernaufgaben der Landesarchäologie gehört die systematische Erfassung (Inventarisierung) der Bodendenkmale.

Nur ein verhältnismäßig kleiner Teil der Bodendenkmale ist oberirdisch sichtbar, dazu zählen beispielsweise Großsteingräber, Hügelgräber, Burganlagen und Landwehren. Der weitaus größere Teil ist in der Erde verborgen und gibt sich nicht unmittelbar zu erkennen. Die Erfassung der Bodendenkmale ist deshalb mit erheblichem Aufwand verbunden. Anhaltspunkte für das Vorhandensein von Bodendenkmalen sind zum Beispiel Oberflächenfunde, die durch Beackerung aus ihrem ursprünglichen Befundzusammenhang gelöst worden und an die Erdoberfläche gelangt sind. Oberflächenfunde ermöglichen eine grundlegende Einschätzung des Bodendenkmals nach Art, Zeitstellung und Ausdehnung.

Eine flächendeckende systematische archäologische Landesaufnahme hat in Mecklenburg-Vorpommern bislang nicht stattgefunden. Die meisten gegenwärtig bekannten Bodendenkmale wurden von ehrenamtlichen Bodendenkmalpflegern gemeldet. Sie entdecken bei ihren Begehungen jedes Jahr etwa 750 bisher unbekannte Bodendenkmale, davon etwa 50 oberirdisch sichtbare. Hinzu kommen Zufallsentdeckungen, die bei Spaziergängen, land- und forstwirtschaftlichen Arbeiten, Bauarbeiten und Ähnlichem gemacht werden.

Eine wichtige Rolle spielt auch die Auswertung historischer Karten wie zum Beispiel der Direktorialvermessungskarten (1755–1779), der Schmettauschen Karte (1780/82; 1788/93), der darauf basierenden Wiebekingschen Karte (1788), der schwedischen Matrikelkarten (1692–1709), der Hagenowschen Karte (1829, nur Rügen), der preußischen Urmesstischblätter (1825) und der Messtischblätter der Jahre ab 1880, die jeweils eine Fülle von Hinweisen auf heute oberirdisch nicht mehr sichtbare Großsteingräber, Hügelgräber, Burganlagen, Schanzen, Landwehren, Wassermühlen, Gutsanlagen usw. enthalten. Im Boden sind die meisten dieser Anlagen aber noch ausgezeichnet erhalten und deshalb als Bodendenkmal geschützt.

Abb. 2: Slawischer Burgwall Kattenburg bei Bützow, Landkreis Rostock (Foto: LAKD/LA; O. Braasch) Details anzeigen
Abb. 2: Slawischer Burgwall Kattenburg bei Bützow, Landkreis Rostock (Foto: LAKD/LA; O. Braasch)

Abb. 2: Slawischer Burgwall Kattenburg bei Bützow, Landkreis Rostock

Abb. 2: Slawischer Burgwall Kattenburg bei Bützow, Landkreis Rostock

Seit 1992 bedient sich die Landesarchäologie auch der Flugprospektion, die einen schnellen Überblick über große Gebiete erlaubt. Unter günstigen Verhältnissen sind aus der Luft Veränderungen der Bodenbeschaffenheit, des Reliefs oder der Bodenfruchtbarkeit zu erkennen, die auf menschliche Aktivitäten in der entfernten Vergangenheit zurückzuführen sind und damit auf die Existenz von Bodendenkmalen hindeuten. Das Luftbild kann aber meistens nur ein erster Anhaltspunkt sein, der durch Begehungen überprüft werden muss. Ein besonders wertvolles Hilfsmittel ist die Flugprospektion für die Flachwasserbereiche der Ostsee, in denen zahlreiche Schiffswracks liegen, die wegen ihres Alters oder ihrer kulturgeschichtlichen Bedeutung als Bodendenkmale geschützt sind. Bis in eine Wassertiefe von etwa 6 m kann die Flugprospektion ausgezeichnete Ergebnisse liefern.

Seit kurzem kann sich die Erfassung der Bodendenkmale zusätzlich auf die Auswertung von LIDAR-Daten stützen, die auch in Waldgebieten eine genaue Wiedergabe des Reliefs ermöglichen und damit beste Voraussetzungen für die Entdeckung von Bodendenkmalen bieten. Durch die Auswertung von LIDAR-Daten sind beispielsweise mehrere mittelalterliche Ackerfluren in Waldgebieten entdeckt worden.

Alle Erkenntnisse über Bodendenkmale werden im Ortsaktenarchiv der Landesarchäologie gesammelt und in ein geographisches Informationssystem (DenkmalGIS) eingetragen. Vorhandene Funde werden im Archäologischen Archiv verwahrt. Zurzeit sind in Mecklenburg-Vorpommern rund 7600 oberirdisch sichtbare und rund 65000 oberirdisch nicht sichtbare Bodendenkmale bekannt. Bei großen Baumaßnahmen stellt sich regelmäßig heraus, dass das nur etwa 10 % des tatsächlichen Bestandes entspricht. Häufig sind es gerade die besonders gut erhaltenen, von Kolluvien bedeckten Bodendenkmale, die bei Begehungen oder Befliegungen nicht entdeckt werden.

Deshalb ist es besonders wichtig, dass bei großen Bauvorhaben im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung die Auswirkungen auf die Kultur- und Sachgüter, zu denen auch die Bodendenkmale gehören, ermittelt, beschrieben und bewertet werden. Eine Orientierung bietet die von der UVP-Gesellschaft e. V. herausgegebene Handreichung zur Berücksichtigung des Kulturellen Erbes bei Umweltprüfungen (PDF; 27,3 MB). Die Landesarchäologie teilt dafür nicht nur den gegenwärtig bekannten Bestand der Bodendenkmale, sondern auch die Flächen mit, für die das Vorhandensein von Bodendenkmalen naheliegt, ernsthaft anzunehmen ist oder sich geradezu aufdrängt. Solche Flächen müssen dann besonders gründlich untersucht werden.

In jedem Fall bringt eine archäologische Voruntersuchung ("Prospektion") zusätzliche Klarheit, ob auf einer Baufläche Bodendenkmale vorhanden sind und erhöht damit die Planungssicherheit wesentlich. Man unterscheidet zwischen der "weichen" Prospektion mit nicht-invasiven Mitteln (zum Beispiel Geophysik) und der "harten" Prospektion mit Bohrungen, Suchschachtungen und Sondagen. In der Regel liefert die "harte" Prospektion ein sehr viel zuverlässigeres Bild der im Boden vorhandenen Denkmale als die "weiche" Prospektion. Im Idealfall kann ein Bauvorhaben anhand der Prospektionsergebnisse so geplant werden, dass Eingriffe in Bodendenkmale ganz oder teilweise vermieden werden.

Das gilt selbstverständlich auch für Bodendenkmale in den Gewässern Mecklenburg-Vorpommerns. Sowohl die Küstengewässer der Ostsee als auch die Binnengewässer enthalten zahlreiche Zeugnisse menschlichen Lebens – zum Beispiel Schiffswracks, Brücken, Anlegestellen und sogar Reste steinzeitlicher Siedlungen. Durch Wasser und Sediment geschützt, haben sie die Zeiten oft nahezu ungestört überdauert. Hinweise zum Umgang mit diesem kulturgeschichtlichen Schatz gibt der Leitfaden für Baumaßnahmen im Küstenmeer, der gemeinsam mit dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege und dem Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein entwickelt wurde.