Bienenstock im Brunnen?

Fund des Monats September 2007

Der mächtige Klotzstülper mit sorgfältig gearbeiteten Einfluglöchern für die Bienen.Details anzeigen
Der mächtige Klotzstülper mit sorgfältig gearbeiteten Einfluglöchern für die Bienen.

Der mächtige Klotzstülper mit sorgfältig gearbeiteten Einfluglöchern für die Bienen.

Der mächtige Klotzstülper mit sorgfältig gearbeiteten Einfluglöchern für die Bienen.

Bei Ausgrabungen im Vorfeld des Kiesabbaus im Tagebau Pinnow-Süd (Landkreis Parchim) wurde eine Siedlung der älteren römischen Kaiserzeit untersucht, die auf einer Fläche von 3500 m2 131 Befunde erbrachte. Zutage kamen eine Ofenanlage, einige Siedlungsgruben und mehrere Feuerstellen, vor allem aber Pfostengruben, die eine gehöftartige Bebauung des Platzes andeuten. Zu dieser zählten mehrere Nebengebäude sowie Speicher und ein dreischiffiges, annähernd Ost-West gerichtetes Langhaus von etwa 22 x 6 m Größe mit einer eingetieften Feuerstelle im Westteil.

In unmittelbarer Nähe des Langhauses lagen dicht nebeneinander zwei Brunnen, ein weiteres Brunnenpaar wurde etwa 40 m südlich davon entdeckt. In allen vier Anlagen waren Reste von Holzeinbauten erhalten, die in drei Fällen eine dendrochronologische Datierung ermöglichten. Demnach wurden alle Brunnen in der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. errichtet. Und dies war nicht zu erwarten gewesen, denn die Anlagen zeigten unterschiedliche Konstruktionsweisen. So handelte es sich im ersten Fall um einen einfachen Röhrenbrunnen, bei dem die Brunnenfassung aus einem hohlen Baumstamm bestand, während die Wandung beim zweiten mit Flechtwerk ausgekleidet und beim dritten durch massive senkrechte Bohlen befestigt war.

Überraschendes barg schließlich der vierte Brunnen, von dem zunächst nur ein quadratischer Brunnenkasten, dessen Bretter nicht miteinander verzimmert, sondern durch innen stehende Eckpfosten fixiert waren, freigelegt wurde. Beim Abtiefen kam im Zentrum des Kastens eine senkrecht stehende Röhre aus Eichenholz zum Vorschein, die etwa 40 cm tiefer als die unterste Bretterlage des Kastens reichte. Nach dem Bergen zeigte sich, dass es sich dabei nicht nur um einen grob zugeschlagenen, hohlen Baumstamm handelte, sondern sowohl die Innen- als auch die Außenseite sorgfältig überarbeitet waren. In die Wandung des etwa 55 cm hohen Objekts waren auf halber Höhe drei halbkreisförmige Öffnungen eingeschnitten, bei denen die gerundete Seite nach außen abgeschrägt war.

Nach Form und Aufbau handelt es sich bei dieser Röhre um einen sekundär als Brunnenfassung genutzten Bienenstock, einen so genannten Klotzstülper, bei dem die Durchlochungen die Einfluglöcher für die Bienen darstellen. Klotzstülper sind aus eisenzeitlichen Fundzusammenhängen – wie die Funde aus Phöben (Landkreis Potsdam), Berlin-Spandau oder Gristede (Landkreis Ammerland) belegen – zwar keineswegs unbekannt, doch gehört das Pinnower Exemplar zu den ältesten Stücken dieser Fundgruppe, denn der umgebende Brunnenkasten ist dendrochronologisch in die Zeit um 45 n. Chr. zu datieren.

Dr. Jens-Peter Schmidt

Fund des Monats September 2007

Bienenstock im Brunnen?