In den Brunnen gefallen - ein Lederetui mit Futteral und Kamm

Fund des Monats Januar 2009

Zweizeiliger Dreilagenkamm aus Loitz, Lkr. DemminDetails anzeigen
Zweizeiliger Dreilagenkamm aus Loitz, Lkr. Demmin

Abb. 1: Zweizeiliger Dreilagenkamm aus Loitz, Lkr. Demmin

Abb. 1: Zweizeiliger Dreilagenkamm aus Loitz, Lkr. Demmin

Östlich der Altstadt von Loitz stand einstmals das sogenannte fürstliche Haus, dessen Geschichte nach schriftlichen Quellen am Anfang des 14. Jahrhunderts beginnt. Im Laufe der Zeit entstand ein Schlossbau mit Nebengebäuden, der Mitte des 16. Jahrhunderts nochmals ausgebaut wurde. Der bald darauf folgende Dreißigjährige Krieg ging auch an der Stadt Loitz nicht spurlos vorbei. Bis zum Friedensschluss von Münster und Osnabrück im Jahre 1648 war die Stadt mehrfachen Besetzungen und Plünderungen ausgeliefert. Auch das Schloss wurde in Mitleidenschaft gezogen. Ein Großbrand 1701 vernichtete die übrig gebliebenen Gebäudeteile des Schlosses. Im Laufe der nächsten 100 Jahre sind die Ruinen des Schlosses vollständig abgeziegelt worden. Mit dem Bau der Eisenbahn und der Errichtung des Bahnhofgebäudes mit Vorplatz am Beginn des 20. Jahrhunderts verschwand auch der letzte Hinweis auf das einst so mächtige Schloss. Für den geplanten Bau einer kleinen Marina wurde dieser Bereich im Jahre 2005 großflächig untersucht, dabei sind etliche Befunde zur Wasserversorgung des Schlosses dokumentiert worden.

Der älteste Befund aus der Entstehungszeit des fürstlichen Hauses ist ein rechteckiger Holzkastenbrunnen (1,70 x 1,60; erhaltene Tiefe 4,80 m; Datierung: um/nach 1292) aus bearbeiteten Eichenbrettern, der nur wenige Jahrzehnte nach Verleihung des lübischen Stadtrechts (1242) errichtet wurde. Der Brunnen enthielt unter anderem ein rechteckiges Lederetui, das zu jener Zeit am Gürtel getragen wurde. Es diente zur Aufnahme eines zweizeiligen Dreilagenkammes aus Knochen (Länge 7,9 cm; Breite 4,7 cm).

Das Etui (8 x 6,8 cm) wurde aus einem Lederstück hergestellt und an zwei Seiten mit einem feinen Lederriemen vernäht. Das Leder trägt eine Prägung aus feinen Rauten, die wiederum mit einer kleinen vierblättrigen Blüte gefüllt sind. Die Schmalseiten sind von der Prägung ausgespart. Auf der Rückseite befindet sich eine langschmale Lederöse, die zur Aufnahme eines feinen Geflügelknochens diente. Der Geflügelknochen wurde wahrscheinlich zur Reinigung des Kammes genutzt. Im Etui steckte zusätzlich ein Futteral aus Fell (9 x 6 cm), das etwa um 1 cm aus dem Etui heraus ragte. In diesem Bereich besitzt das Futteral eine halbkreisförmige Aussparung, um den Kamm besser greifen und aus dem Futteral herausziehen zu können.

Der Kamm selbst scheint nicht lange in Gebrauch gewesen zu sein, wirkt er doch wie neu. Die zwei Leisten und die dazwischen liegende Platte mit den Zinken werden von vier kleinen eisernen Nieten zusammengehalten. Entlang der Längseite der Leisten verläuft je eine Ritzlinie, zudem zieren den Kamm auf jeder Seite acht Kreisaugen. Kämme dieser Art sind bereits in jungslawischer Zeit in Gebrauch und werden noch bis zum Ende des Spätmittelalters hergestellt.

Die oben beschriebenen Stücke weisen keine alten Beschädigungen oder Abnutzungen auf, so dass dieses Ensemble eher ungewollt in den Brunnen gefallen sein dürfte.

Elke Schanz