Ein Heerlager im Walde

Fund des Monats März 2009

Funde aus dem Heerlager im Wald von GielowDetails anzeigen
Funde aus dem Heerlager im Wald von Gielow

Funde aus dem Heerlager im Wald von Gielow

Funde aus dem Heerlager im Wald von Gielow

Im Herzen Mecklenburg-Vorpommerns liegt die Kleinstadt Malchin, die im Dreißigjährigen Krieg arg gebeutelt wurde. Südlich der Stadt finden wir das alte Klosterdorf Gielow, zu dem ein großes Waldgebiet gehört, das sich Gielow mit dem Nachbardorf Demzin teilt. Der Wald ist unter dem Namen Benz bekannt und belegt eine spätmittelalterliche Wüstung aus der Mitte des 15. Jahrhunderts mit dem Namen Benitz. 1436 wird nur noch das Feld Benitz genannt. Das Dorf gehörte wie Gielow ebenfalls dem Kloster Dargun. Von seiner Feldmark zeugen noch zahlreiche Hochackerstreifen von beträchtlicher Länge. Auch zwei kleine Teiche, das Benzsoll und das Kirchensoll, erinnern an das alte Dorf.

In diesem Waldgebiet wurden in den letzten Jahren durch ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger mehrere Konzentrationen bemerkenswerter Funde gemacht, die auf ein großes Heerlager deuten. Es sind vorwiegend Gegenstände, die auf den Tross einer Armee schließen lassen. Dazu zählen viele Nabenringe und Achsnägel des Wagenparks, dazu Schwengelbeschläge und Pferdeausrüstungen. Zahlreich sind Hufeisen mit einfach umgeschlagenen Stollen vertreten, ergänzt durch einfaches Zaumzeug und schlichte schlaufenförmige Steigbügel (Abb. 1). Auch bronzene Zapfhähne mögen dem Tross zuzuweisen sein, sowie verschiedene Werkzeuge, wie unterschiedliche eiserne Äxte (Abb. 2), Meißel und Löffelbohrer.

Darüber hinaus gibt es gehobene Ausrüstungsgegenstände mit aufwändig hergestellten vielfach verzierten Steigbügeln, Kandarenseitenstangen und einer kompletten Kandare, bronzenen Schnallen, einer prachtvollen Kette mit Medaillongliedern sowie eine versilberte Parierstange eines Dolches (Abb. 1). Hinzu kommen vereinzelt Waffenteile mit Läufen von Gewehren und Pistolen einschließlich der Steinschlösser. Sporen sind dagegen selten und vorwiegend durch Radsporen vertreten. Einzelne Münzen belegen den Zeitansatz.

Eine Malchiner Chronik erhellt den Hintergrund dieses umfangreichen Fundkomplexes, der sich in unterschiedlichen Konzentrationen auf einer Fläche von 2000 x 800 m findet. Nach einem Bericht des seinerzeitigen Bürgermeisters haben 1639 kaiserliche, chursächsische und brandenburgische Truppen in einer Stärke von 80000 Mann in den Wäldern bis Demzin hin gelagert und ganze sieben Wochen still gelegen. Sie erwarteten dort den schwedischen Feldmarschall Johan Banér (der 1636 die Schlacht bei Wittstock gewonnen hatte) aus dem benachbarten Pommern, welcher aber ebenfalls mit seinen Truppen ein Lager aufgeschlagen hatte. Schließlich haben Hunger und Pest die drei Armeen in der Benz heimgesucht und sie vertrieben. Der Hunger soll sie Katzen, Hunde und sogar Menschen verzehren lassen haben. In Malchin lagen 200 Tote auf den Gassen, die der Bürgermeister Barthold Zarndt vor dem Steintor in mehreren Gruben verscharren ließ.

Die genannten Armeen gingen schließlich bei Havelberg über die Elbe, die Schweden folgten bei Boizenburg und trieben sie vor sich her bis Prag.

So bietet sich hier die Möglichkeit, archäologisches Fundgut mit einem historischen Hintergrund zu verbinden und Geschichte "sichtbar" zu machen.

Dr. Ulrich Schoknecht

Fund des Monats März 2009

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