Von Slawen und Deutschen - Die Burganlage Haus Demmin

Fund des Monats Juni 2009

Die Burganlage Haus Demmin; Zentrum: Brandruine des Schlosses (2. Viertel 19. Jh.)Details anzeigen
Die Burganlage Haus Demmin; Zentrum: Brandruine des Schlosses (2. Viertel 19. Jh.)

Die Burganlage Haus Demmin; Zentrum: Brandruine des Schlosses (2. Viertel 19. Jh.)

Die Burganlage Haus Demmin; Zentrum: Brandruine des Schlosses (2. Viertel 19. Jh.)

Südöstlich der Hansestadt Demmin liegt in einer Niederung am Zusammenfluss von Peene und Tollense die jungslawische Burganlage Haus 1 Demmin (Abb. 1). Die mit beeindruckenden Wällen ausgestattete Anlage umfasst etwa 1 Hektar und bestand ursprünglich aus einer Hauptburg und einer Vorburg.

Im Spätmittelalter wurde zur Peene hin der Bereich für einen – heute noch als Ruine erkennbaren – Wehrturm mit dem sogenannten Festen Haus durch einen tiefen Graben von der Hauptburg abgetrennt. Die erstmals 1128 schriftlich erwähnte slawische Burganlage wurde 1164 nach dem Sieg Heinrichs des Löwen über Pommern und die Obodriten dem Erdboden gleichgemacht. Kaiser Friedrich Barbarossa berichtete 1170 über die wieder aufgebaute Burg und bezeichnete sie als ausgezeichnete und berühmte Feste. 1177 wurde sie nach einer Belagerung durch Heinrich den Löwen endgültig vernichtet. 1211 entstand durch die Dänen der Wehrturm (Abb. 2). 1236 erfolgte der Ausbau zur herzoglichen Burg, die 1620 unter anderem aus mehreren Torhäusern, Marstall, Wohngebäude mit Tanzsaal und drei gewölbten Kellern, Brauhaus, Hofstall, Scheune, Kornhaus sowie Kraut-Garten bestand. Bis zum Tod Herzogs Wartislaw III. (1264) war die Burg bevorzugter herzoglicher Aufenthaltsort. Danach fiel sein Land an Barnim I., Herzog von Stettin, und Haus Demmin wurde als Herzogsresidenz aufgegeben, bestand jedoch als ansehnlicher Adelssitz bis 1648. Auf Befehl des schwedischen Stadtkommandanten von Demmin, Oberst von Mardefald, wurden die restlichen Festungswerke geschliffen, die Häuser abgebrochen und der Wehrturm mit dem Festen Haus gesprengt. Bis auf den kläglichen Stumpf des Wehrturms und der Ruine des Schlosses aus dem zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts (Abb. 1) sind heute keine aufgehenden Gebäudeteile mehr vorhanden.

In den vergangenen Jahrhunderten wurde immer wieder der Versuch unternommen, die Ruine dauerhaft zu sichern, so dass viele der heute sichtbaren Mauerabschnitte nicht zur Originalsubstanz gehören (Abb. 2). 2008 fand im Auftrag der Stadt Demmin eine weitere Sicherungsmaßnahme an der mittlerweile stark durch Frost- und Witterungsschäden gekennzeichneten Ruine statt. Bei der Freilegung der oberen Fundamentbereiche zeigte sich, dass der nördliche und der südliche Teil der Westfassade in den unteren vier aufgedeckten Ziegellagen konvex geschwungen waren (Abb. 3). An der Nordseite beginnt der Schwung bereits an der Nordecke, die Mauer schwingt leicht zurück und dann wieder kräftiger vor, um dann – im Bereich vor einer Nische – im neu freigelegten Areal spitz zu enden. Der südliche Teil ist länger und daher schwächer geschwungen. Die Südwestecke ist wohl vollständig erneuert, denn hier tauchen die auskragenden Steine der Schwingung erst nach acht in gerader Linie gemauerten, also später ersetzten Steinen auf. Die höheren Ziegellagen ignorieren die konkave Form und ziehen gerade von Ecke zu Ecke. Sie gehören also zu einer jüngeren Bauphase. An der Nord- und Ostfassade ist ein gleichartiger Befund anzutreffen (Abb. 4). Die Feldsteinfundamente und teilweise auch die darüber aufgemauerten Ziegel bilden dort eine doppelte konvexe Form, die sich östlich von der Mitte in einem spitz auslaufenden Abschluss treffen. Wie an der Westseite gehören diese Mauerreste zu einer spätmittelalterlichen Bauphase, die vor dem Bau der neuzeitlichen Befestigung größtenteils abgetragen wurde.

Die Südfassade ist hingegen durch spätere Umbauten so stark verändert, dass sich hier keine konkaven Mauerzüge finden lassen. Es ist jedoch anzunehmen, dass auch hier die gleichen Mauerformen bestanden haben. Der heute vorhandene, runde Innenraum entstand erst später. Er dürfte sich ursprünglich in seiner Gestaltung an den äußeren Wandverläufen des Turms orientiert haben. Die Rekonstruktion des Turms ergibt einen achteckigen, sternförmig erscheinenden Grundriss (Abb. 5). Achteckige Gebäude tauchen in der Burgenarchitektur immer wieder auf, prominentestes Beispiel hierfür ist Castel del Monte, eine sizilianische Burg Friedrichs II. mit angesetzten Rundtürmen. Hier fehlt jedoch die gekrümmte Mauerschale, die Haus Demmin auszeichnet. Vergleichbar ist eher der Donjon von Étampes (Frankreich) mit seiner Kleeblattform. Der ungewöhnliche Grundriss des ältesten gemauerten Teils der Anlage verdeutlicht, welche große Bedeutung die spätmittelalterliche bis neuzeitliche Burganlage Haus Demmin bis zu ihrem Niedergang nach dem Ende des Dreißigjährigen Kriegs für die Entwicklung der Hansestadt Demmin und ihrer Umgebung hatte.

Ralf Jänicke und Elke Schanz

Fund des Monats Juni 2009

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