Byzanz in Mecklenburg

Fund des Monats Oktober 2009

Neuenkirchen. Die provinzial- byzantinische BronzeschnalleDetails anzeigen
Neuenkirchen. Die provinzial- byzantinische Bronzeschnalle

Abb.1: Neuenkirchen. Die provinzial- byzantinische Bronzeschnalle

Abb.1: Neuenkirchen. Die provinzial- byzantinische Bronzeschnalle

Bei einer Notgrabung auf einem vor- und frühgeschichtlichen Fundplatz bei Neuenkirchen (Lkr. Mecklenburg-Strelitz) wurde bereits vor Jahren eine Pferdebestattung freigelegt, in deren unmittelbarer Nähe frühslawische Keramik und eine reich verzierte Bronzeschnalle (Abb. 1) ans Licht kamen. Der ungewöhnliche Befund konnte erst jetzt richtig datiert werden: Eine 14C-Datierung setzt die Tierknochen in das frühe Mittelalter (685–975 AD), die wellenverzierte Keramik entstammt dem 8. Jahrhundert und die Schnalle erweist sich als provinzialbyzantinisches Erzeugnis aus dem Karpatenbecken. Sie gehört ins Umfeld der sogenannten Pannonischen Schnallen und datiert in die zweite Hälfte des 7. Jahrhunderts.

Das Fundensemble ist stark gestört, doch spricht viel dafür, dass es sich um ein Pferde- oder sogar Reitergrab gehandelt hat. Es fällt in jene Epoche, in der sich im heutigen Nordostdeutschland eine slawische Siedlungslandschaft entwickelte. Die Pferdebestattung und die Schnalle sind im frühslawischen Kontext jedoch fremd. Erstere würde sich hingegen gut mit dem Totenbrauch des Reitervolkes der Awaren an der mittleren Donau verknüpfen lassen, letztere weist ganz allgemein auf Kontakte mit dem Karpatenbecken oder dem nördlichen Balkan. Könnte es sich in Neuenkirchen um ein zerstörtes awarisches Pferde- oder Reitergrab handeln, angelegt während eines Beutezuges in den Norden? Oder belegen die Funde, dass Einflüsse aus dem Awarenkhaganat auf die Slawen in Mecklenburg wirkten, vermittelt durch Handel oder Mobilität von Personen? Die Fundsituation in Neuenkirchen kann nicht verlässlich interpretiert werden, doch bildet der Fund ein spannendes Indiz für Kontakte zwischen dem Süden und dem Norden Ostmitteleuropas im 7./8. Jahrhundert.

Prof. Dr. Felix Biermann / Dr. Christoph Eger / Rainer Szczesiak