Bisher unbekannt: ein slawischer Burgwall bei Tribsees
Fund des Monats August 2010
Abb. 1: In der Aufsicht ist die Rundung der Außenseite des Burgwalls deutlich erkennbar
Foto: LAKD MV/LA
Abb. 1: In der Aufsicht ist die Rundung der Außenseite des Burgwalls deutlich erkennbar
Foto: LAKD MV/LA
Seit 2009 finden am Trebelübergang, vor den Toren der mittelalterlichen Stadt Tribsees (Lkr. Nordvorpommern), Bauarbeiten für eine neue Straßenbrücke statt. Die Querung über das Flusstal hat eine lange historische Tradition. Deshalb kontrollierten Archäologen des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege regelmäßig den Baufortschritt. Mitte Juni gelang es nun, einen landesgeschichtlich wichtigen Befund vor der Zerstörung zu retten.
Beim Ausbaggern waren die Bauarbeiter im Bereich eines neuen Brückenfundamentes auf Unmengen angespitzter, gespaltener und bearbeiteter Hölzer gestoßen. Was zunächst wie ein alter Bohlenweg oder eine Uferbefestigung aussah, entwickelte sich jetzt zu einer kleinen Sensation. Im Gewirr der noch im feuchten Untergrund erhaltenen Hölzer legten der Ausgrabungsleiter und sein Team Konstruktionselemente frei, wie sie für slawische Burgen des Frühmittelalters typisch sind.
Auf einer Schüttung aus sandigem Torf im Uferbereich der Trebel war eine rund 3 m breite Wallkonstruktion errichtet worden. Tief eingerammte Pfosten und waagerechte Balkenlager mit Ösenenden sicherten den Halt. Auf diese Lager hatte man dann rostartig Spalthölzer und Bohlen gelegt, deren Zwischenräume mit Geschiebelehm verfüllt. Leider sind von den oberen Teilen der Befestigung fast keine Elemente erhalten, was eine Rekonstruktion des ursprünglichen Erscheinungsbildes erschwert.
Doch kann der schwierige Baugrund die relativ leichte Holz-Erde-Konstruktion (ursprüngliche Höhe vermutlich mehr als 3 m) nicht lange getragen haben. Wie die Untersuchungen zeigten, sank die Konstruktion in den torfigen Untergrund ein und kippte in einen ihr vorgelagerten Graben. Nicht auszuschließen ist auch eine kriegerische Auseinandersetzung als Grund für die Aufgabe der Burg, denn Brandschichten lassen auf frühere Brände schließen.
Durch eine Vielzahl gut erhaltener Hölzer (vor allem Eiche) wird es möglich sein, die Bauzeit des Walls dendrochronologisch jahrgenau festzulegen. Obwohl Keramikscherben eine mittel- und spätslawische Datierung (zwischen 950 und 1150 n. Chr.) vermuten lassen, wird man über die historische Bedeutung dieser Befestigung, die rund 250 Jahre älter als die Stadtgründung Tribsees ist, erst nach vollständiger Auswertung der Grabungsergebnisse Genaueres sagen können.
Mit der Einwanderung slawischer Völker im Verlaufe des späten 7. Jahrhunderts gehen sowohl die Siedlungsentwicklung als auch ein reger Burgenbau einher; allein in Mecklenburg und Vorpommern sind rund 160 Burgen aus dieser Zeit bekannt. Typisch ist dabei für die im Raum zwischen Elbe und dem östlichen Mitteleuropa lebenden Slawen die sehr entwickelte Holzbautechnik. In der näheren Umgebung von Tribsees sind bisher nur wenige zeitgleiche Siedlungen und ein großer mittelslawischer Burgwall bekannt.
Dr. C. Michael Schirren
Fund des Monats August 2010
Bisher unbekannt: ein slawischer Burgwall bei Tribsees
Abb. 1: In der Aufsicht ist die Rundung der Außenseite des Burgwalls deutlich erkennbar
LAKD
Abb. 2: Die verrutschte Rostkonstruktion (im Hintergrund Bohrpfahlgründung der späteren Straßenbrücke)
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Abb 3: Die Rostkonstruktion wurde mit senkrechten Pfosten und Ankerhölzern mit Kopflöchern zusammengehalten
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