Blicke in die Tiefe

Fund des Monats November 2010

Barth, Lkr. Nordvorpommern, Unterseite eines Topfes mit festgebackten GefäßrestenDetails anzeigen
Barth, Lkr. Nordvorpommern, Unterseite eines Topfes mit festgebackten Gefäßresten

Abb. 1: Barth, Lkr. Nordvorpommern, Unterseite eines Topfes mit festgebackten Gefäßresten

Abb. 1: Barth, Lkr. Nordvorpommern, Unterseite eines Topfes mit festgebackten Gefäßresten

Im Nordwesten der Altstadt von Barth, Lkr. Nordvorpommern, wurden archäologische Bergungs- und Dokumentationsarbeiten durchgeführt, die parallel zu Tiefbaumaßnahmen in der Hafenstraße (westlich der Fischerstraße) sowie in der Trienseestraße und im Eichgraben verliefen. Die Flucht der Hafenstraße entspricht in etwa dem Verlauf des Damms, der bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts den der Stadtmauer vorgelagerten Graben vom Bodden abtrennte. Mit dem einsetzenden Ausbau der Werften wurde die Land/Wasser-Grenze durch Aufschüttungen um etwa 70 m nach Norden verschoben.

Etwa 50 m westlich der Fischerstraße kamen unterhalb der Hafenstraße Reste einer Bohlenwand zutage (Pfostenstärke bis zu 0,3 m). Vermutlich handelt es sich dabei um die stadtseitige Stabilisierung des Damms. Aufgrund der mit diesem Befund vergesellschafteten Keramik ist anzunehmen, dass nicht die ursprüngliche mittelalterliche Wand freigelegt wurde, sondern eine neuzeitliche Konstruktion.

70 m westlich davon und im Vergleich etwas weiter nördlich wurden drei Ost-West verlaufende Pfostenreihen dokumentiert. Südlich der Pfosten lagen Feldsteine, zwischen der mittleren und der nördlichen Reihe Bohlen; möglicherweise stabilisierte diese Konstruktion die Wasserseite des Damms.

Zwei Einzelfunde von Boots- oder Schiffsteilen weisen auf die Nähe zum ehemaligen Hafen hin. In der Hafenstraße lag in knapp 3 m Tiefe ein Schiffsteilrohling (Länge etwa 2,9 m) für die Verbindung zwischen Steven und Kiel. Möglicherweise ging dieses Stück – vor dem Einbau in ein passendes Boot – bei der Zwischenlagerung im Wasser verloren. Seiner Position am Südrand der Hafenstraße zufolge lag es im ehemaligen Stadtgraben. Aus der Verfüllung des Eichgrabens, nach dem die heutige Straße benannt wurde, stammt aus vergleichbarer Tiefe ein Schiffsspant (Länge etwa 1,3 m) mit Abnutzungsspuren.

Der stadtseitige Rand des Eichgrabens war ebenfalls mit einer Bohlenwand stabilisiert; die Pfosten (Stärke 0,1–0,15 m) wirkten weniger stabil als die in der Hafenstraße. Aus der Verfüllung des Grabens stammen größere Mengen Töpfereiabfall, der in die Zeit um 1800 datiert. Das Material zeigt große Ähnlichkeit mit einem Keramikkomplex aus der Pohlstraße (siehe dazu Archäologische Berichte aus Mecklenburg-Vorpommern 8, 2001). Aus dem Eichgraben stammen hauptsächlich Scherben von glasierter roter Irdenware, unter anderem von grün glasierten Schalen mit Springfederdekor sowie Schrühbrände von helltonigen Schalen, die andeuten, dass der Töpfer auch Fayence Stettiner Art herstellte. Brennhilfen gab es in Form rechteckiger Platten aus roter, oft überfeuerter Irdenware, deren geritzte Oberflächen das Anhaften des Brenngutes verhindern sollten sowie Dreifüßchen aus roter Irdenware mit anhaftender dunkler Glasur. Reste eines Dreifüßchens klebten im Inneren eines Topfes, an dessen Unterseite Bruchstücke von weiteren Gefäßen festgebackt waren (Abb. 1).

Eine parallel zu einer Baumaßnahme in der Mauerstraße 12 vorgenommene archäologische Untersuchung ergab, dass das Fundament des Gebäudes auf einen größeren Aufschüttungshorizont gesetzt worden war. Dieser zog sich über die gesamte Fläche und enthielt Fundmaterial des 16. und vornehmlich 17. Jahrhunderts. Dazu zählen Überreste von zwei großformatigen Kacheln, die im unteren Teil durch eine dreizeilige Beischrift gekennzeichnet sind.

Beide Kacheln sind Motiven aus der Lebens- und Leidensgeschichte Christi aus dem Neuen Testament verpflichtet. Auf der einen ist das Motiv der „Verkündigung der Maria“ durch den Erzengel Gabriel zu sehen (Abb. 2). Von der anderen Kachel ist lediglich der Schriftrest

… (AUF)ERSTEHVN(G) … TODTEN AM … (TA)G • MATTH(EVS) …

erhalten (Abb. 3). Auf dieser Kachel war folglich die Auferstehung Christi dargestellt, wie sie bei Matthäus 28 beschrieben ist.

Stefanie Brüggemann / René Diercks / Marlies Konze / Dr. Heiko Schäfer

Fund des Monats November 2010

Blicke in die Tiefe