"… unam reysam versus Stromberch …"

Fund des Monats Januar 2011

Hansestadt Wismar. Zwei Stromberger Kruzifixzeichen aus der Mitte des 14. Jahrhunderts - gefunden in Baulandgewinnungsschichten am Wismarer HafenDetails anzeigen
Hansestadt Wismar. Zwei Stromberger Kruzifixzeichen aus der Mitte des 14. Jahrhunderts - gefunden in Baulandgewinnungsschichten am Wismarer Hafen

Abb. 1: Hansestadt Wismar. Zwei Stromberger Kruzifixzeichen aus der Mitte des 14. Jahrhunderts - gefunden in Baulandgewinnungsschichten am Wismarer Hafen

Abb. 1: Hansestadt Wismar. Zwei Stromberger Kruzifixzeichen aus der Mitte des 14. Jahrhunderts - gefunden in Baulandgewinnungsschichten am Wismarer Hafen

Das im südöstlichen Münsterland gelegene Stromberg gehört zu den ältesten, wichtigsten und bestbezeugten mittelalterlichen Wallfahrtsorten Westfalens. In Stromberg wird ein romanisches Kruzifix mit einer darin verborgenen Partikel vom "Wahren Kreuz" Jesu in Jerusalem verehrt, das heute noch Ziel jährlicher Wallfahrten ist. Das Kruzifix zählt zu den ältesten Christusdarstellungen in Westfalen. Der aus Eichenholz geschnitzte, mit einem Silbermantel (geschaffen aus den Votivgaben der Pilger) überzogene Corpus, wird in die Zeit von 1080–1100 datiert.

Der Legende nach gelangte das Kruzifix in den Besitz eines Burggrafen zu Stromberg, der für das Kreuz auf der gleichnamigen Höhenburg eine Kapelle errichten ließ. Die 1207 erstmalig erwähnte Kreuzkapelle brannte 1316 ab, das Kruzifix wurde gerettet. Im Jahre 1317 bewilligte Papst Johannes XXII. denen, die beim Wiederaufbau der mit großen Ehren und Wunderzeichen ausgezeichneten Kapelle behilflich sein würden, reichliche Ablässe. Weitere Bauablässe der Päpste Benedikt XII. und Clemens VI. sowie Opfer der Pilger haben die Bautätigkeit befördert, so dass die neue Kreuzkirche im Jahre 1344 geweiht werden konnte.

Anhand von Funden aus der Hansestadt Wismar (Abb. 1) konnte eine vorwiegend im Baltikum, aber auch in Hamburg, Bremen, Amsterdam und Lemgo verbreitete Gruppe romanischer Kruzifixe mit schraffierten T-förmigen Kreuzenden als Pilgerzeichen aus Stromberg identifiziert werden. Die überwiegend gut datierten Objekte stammen aus einem Zeitraum, der von der ersten Hälfte bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts reicht. Dieselbe Datierung gilt für das Stück aus dem finnischen Turku; dies ist im Übrigen bislang der von Stromberg am weitesten entfernte Fundort.

Ein Stralsunder Testament von 1320 und ein Hinweis von 1292 aus Dänemark zeugen frühzeitig von einer weiten Bekanntheit des Heiligen Kreuzes in Stromberg. Der Ort wurde offensichtlich bevorzugt von Pilgern aus dem Nordosten des Reiches und Skandinavien auf dem Weg in die bedeutenden rheinischen Wallfahrtsstätten Köln und Aachen oder von dort aus auf deren weiterem Weg nach Santiago de Compostela besucht.

Bei einer Ausgrabung auf dem Rostocker Mühlendamm gelang nun der älteste Fund eines Stromberger Pilgerzeichens, welches, belegt durch zahlreiche Dendrodaten aus den Auffüllschichten des Dammes, um 1269 in den Boden gelangte. Die Kreuzenden waren umgebogen, das Kruzifix zu einer Kugel zusammengerollt (Abb. 2), eine offensichtlich rituelle Faltung, die sich bei vielen Bodenfunden von Pilgerzeichen beobachten lässt.

Das in Rostock entdeckte Kruzifix belegt nicht nur die frühe Bedeutung Strombergs als Wallfahrtsort, es ist gleichzeitig eines der ältesten gut datierten Pilgerzeichen in Deutschland.

Dr. Jörg Ansorge


Literatur

Jörg Ansorge, Mittelalterliche Pilgerzeichen aus der Hansestadt Wismar, Bodendenkmalpflege in Mecklenburg-Vorpommern, Jahrbuch 56, 2008, S. 213–257.

Fund des Monats Januar 2011

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