1240 Jahre alt und noch immer gut erhalten

Fund des Monats November 2011

Der frühslawische Kastenbrunnen von GöslowDetails anzeigen
Der frühslawische Kastenbrunnen von Göslow

Abb. 1: Der frühslawische Kastenbrunnen von Göslow

Abb. 1: Der frühslawische Kastenbrunnen von Göslow

Bei Siedlungsgrabungen haben Brunnenfunde stets eine besondere Bedeutung, weil sie – sofern die Holzkonstruktion erhalten ist – dendrochronologisch untersucht und auf diese Weise exakt datiert werden können. Ein solcher glücklicher Fund gelang in der Nähe des Dorfes Göslow,  Amt Peenetal/Loitz, Lkr. Vorpommern-Greifswald, bei der Ausgrabung einer frühslawischen Siedlung unfern des Flusses Peene. In einer Senke am Rand des kleinen Wohnplatzes, dessen archäologisches Befundbild von lang-ovalen Gruben als Reste ebenerdiger Blockhäuser geprägt war, fand sich eine gut erhaltene Brunnenanlage. Der quadratische Kastenbrunnen war aus Buchenholz in Blockbauweise gebaut worden und hatte eine Seitenlänge von gut 1,2 m (Abb. 1). Unregelmäßig gesetzte Pfosten stützten die einfache, aber sehr zweckmäßige Konstruktion. Dendrochronologische Proben erbrachten Fälldaten von 768 und 771 n. Chr. Der Kasten ist also vor ziemlich genau 1240 Jahren errichtet worden. Damit gehört der Brunnen von Göslow zu den ältesten bislang bekannten slawischen Brunnen aus Mecklenburg-Vorpommern. Eine in der Verfüllung gefundene unverzierte Tonscherbe der Sukower Gruppe bestätigt die frühslawische Zeitstellung dieses Befundes.

Die Abteufung des Brunnens in einer natürlichen Senke war zweckmäßig, weil man hier mit geringem Aufwand an sauberes Grundwasser zur Versorgung von Mensch und Vieh gelangen konnte. Dass die Position des Brunnens bestens ausgesucht wurde, zeigt auch der Umstand, dass sich die etwa 0,8 m tiefe Grube noch heute rasch mit Wasser füllt.

Der Brunnen gehört zu einer ländlichen Siedlung aus der Frühzeit der slawischen Besiedlung des vorpommerschen Gebietes. Die einfache Keramik und die schlichten sonstigen Funde belegen die bäuerliche Kultur der Göslower Siedler, die noch vollkommen in der Tradition der Einwanderungszeit steht. Erste qualitätvoll nachgedrehte, reich mit Wellen und Kammstichen verzierte Tonware kündet aber schon von dem wirtschaftlichen Aufschwung, den der nordwestslawische Raum seit der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts erlebte.

Alexander Krüger