Im besten Sinne eine große Überraschung - Ein Megalithgrab bei Plestlin, Lkr. Vorpommern-Greifswald

Fund des Monats Februar 2012

Digitale Umsetzung der tachymetrischen Vermessung des Großsteingrabes PlestlinDetails anzeigen
Digitale Umsetzung der tachymetrischen Vermessung des Großsteingrabes Plestlin

Abb. 1: Digitale Umsetzung der tachymetrischen Vermessung des Großsteingrabes Plestlin

Abb. 1: Digitale Umsetzung der tachymetrischen Vermessung des Großsteingrabes Plestlin

Von den in Mecklenburg-Vorpommern zurzeit bekannten Bodendenkmalen gehören etwa 1000 zu der Gruppe der Megalithgräber. Sie sind seit rund 5500 Jahren prägende Elemente einer Kulturlandschaft. Gemäß dem gültigen Denkmalschutzgesetz dürfen sie weder verändert werden noch ist eine Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes, beispielsweise durch Errichtung von Bauten in der Nähe, erlaubt. Großsteingräber sind zudem wichtige touristische Anziehungspunkte. Nekropolen wie die bei Lancken-Granitz auf Rügen, Pöglitz im Trebeltal, Rerik an der Ostsee, im Eversdorfer Forst oder bei Naschendorf östlich von Grevesmühlen sind beeindruckende Beispiele für die Architektur dieser Monumentalbauten. Obwohl man Großsteingräber eigentlich nicht übersehen kann und die meisten Standorte in der Regel mehr als 100 Jahre bekannt sind, gibt es gelegentlich überraschende Neuentdeckungen.

Dem erfahrenen ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger Mathias Seidel aus Müssentin, Lkr. Vorpommern-Greifswald, fielen bei einem Spaziergang mit seinem Sohn, der sie entlang einer Niederung führte, im Unterholz Steine auf. Die nähere Inspektion einer kleinen inselartigen Erhebung, die sich in einer eiszeitlichen Rinne abzeichnete, erbrachte den Nachweis eines gut erhaltenen Großsteingrabes. Die Lage in einer natürlichen Schmelzwasserrinne ist ungewöhnlich, denn Megalithgräber wurden meist auf Kuppen, an Hängen oder anderen prominenten topographischen Positionen erbaut.

Das Langbett von Plestlin weist eine Ost-West-Länge von 25 m auf, ist im Osten 7 m und im Westen etwa 4 m breit (Abb. 1). Es hat damit eine deutlich trapezförmige Grundrissform, die durch die erhaltenen, aber meist nach außen gekippten Umfassungssteine markiert wird. In der Seitenansicht steigt die Hügelschüttung von West nach Ost deutlich an. Eine Vertiefung im Ostteil des Langbettes lässt eine (zerstörte?) Grabkammer erwarten. Zu dieser Vermutung passt auch ein Granitfindling von fast 1,5 m Länge, der mehrere eingepickte Schälchen trägt und frei auf der Oberfläche des Langbettes liegt (Abb. 2). Solche Schälchensteine sind von vielen Großsteingräbern bekannt. Ansonsten scheint diese Grabanlage nur wenig beschädigt und weitgehend erhalten zu sein.

Trapezförmige Langbetten stellen nur eine Variante einer Vielzahl von Grabeinfassungen megalithischer Grabbauten der Trichterbecherkultur (etwa 3900–2700 v. Chr.) dar. Für einige Regionen des pommerschen Raumes ist das Trapez eine besonders oft zu beobachtende Grundform. Bekannt sind die trapezförmigen Megalithgräber von Łupawa bei Słupsk in Hinterpommern. Weiter südöstlich in Kujawien wurden sogar dreieckige Langbetten errichtet. Auch die zur breiten Seite ansteigende Kontur der Hügelschüttung lässt sich immer wieder in den östlichen Verbreitungsgebieten der Trichterbecherkultur beobachten. Ob hinter den unterschiedlichen Erscheinungsbildern der Bauten nur verschiedene Bautraditionen stehen oder sich dahinter differenzierte kulturelle beziehungsweise religiöse Traditionen verbergen, wird in der Forschung noch kontrovers diskutiert.

In der Umgebung des neu entdeckten Großsteingrabes, dem Altplestliner Wald, sind seit langem einige Megalithbauten bekannt. Auf einer Stecke von 3,5 km gibt es in den Gemarkungen Sophienhof, Plestlin und Zemmin nun neun Megalithgräber, die sich entlang des sogenannten Kukucksgrabens, einer eiszeitlichen Schmelzwasserrinne, ziehen. Meist liegen die Anlagen einzeln, in einigen Fällen in Zweiergruppen, beieinander. Ob dieses Bild repräsentativ für das einstige Vorkommen ist, mag man mit Recht bezweifeln. Denn während die erhaltenen Gräber im Schutz des Waldes lagen, dürfte auf den waldfreien Fluren seit dem Mittelalter eine große Anzahl der landwirtschaftlichen Nutzung zum Opfer gefallen sein. Insofern ist jedes neu entdeckte erhaltene Grab stets ein "großer" Glücksfall.

Dr. C. Michael Schirren

Fund des Monats Februar 2011

Im besten Sinne eine große Überraschung – Ein Megalithgrab bei Plestlin, Lkr. Vorpommern-Greifswald