Das Rädchen rollt

Fund des Monats Oktober 2012

Scherbe aus Krassow, Lkr. NWM, mit Rollrädchenverzierung und Stempelabdruck eines RollrädchensDetails anzeigen
Scherbe aus Krassow, Lkr. NWM, mit Rollrädchenverzierung und Stempelabdruck eines Rollrädchens

Abb.1: Scherbe aus Krassow, Lkr. NWM, mit Rollrädchenverzierung und Stempelabdruck eines Rollrädchens

Abb.1: Scherbe aus Krassow, Lkr. NWM, mit Rollrädchenverzierung und Stempelabdruck eines Rollrädchens

Ein dominierendes Element in der Keramikverzierung der älteren römischen Kaiserzeit sind Muster, die aus ein- bis vierzeiligen Reihen aneinandergereihter, eingetiefter Quadrate bestehen. Diese als Rollrädchenzier bekannte Technik ist auf unzähligen Gefäßen überliefert und vermittelt anhand der Muster und der Zeilenanzahl der Rädchenreihen häufig klare Datierungshinweise.

Zur Herstellung dieser zum Teil äußerst aufwändigen Muster diente ein an einem kleinen Führungsstab befestigtes gezacktes Rädchen. Zumindest vereinzelt gibt es sogar Abdrücke dieses Töpferwerkzeugs auf Keramikgefäßen, denn gelegentlich wurde es nicht nur über die Gefäßoberfläche gerollt, sondern auch als Stempel verwendet, so dass ein runder, am Rand gezackter Abdruck entstand (Abb. 1).

Bislang selten nachgewiesen ist das Werkzeug selbst. Hier gibt es nun aber einen schönen Hinweis von einem bekannten Fundplatz bei Morgenitz, Lkr. Vorpommern-Greifswald. Dort stellten G. Döhring und S. Glapski im Rahmen einer systematischen Prospektion ein kleines Objekt aus Bronze sicher, das zum Anbringen einer dreizeiligen Rollrädchenzier verwendet wurde (Abb. 2). Der 0,7 cm hohe Kopf (Durchmesser 1,2 cm) zeigt umlaufend eine dreireihige Anordnung aus kleinen Quadraten, wobei die obere Reihe durch eine Eintiefung auf der Kopfoberseite leicht über diesen hinausragt. Dies ermöglicht die Benutzung als Stempel, bei dem sich die Zacken leichter in den Ton eindrücken (Abb. 3). Außerdem wird durch diese Delle die Führung des Rädchens erleichtert, kann doch dort ein Finger platziert werden. Der unter dem Rädchen angebrachte Schaft mit einer erhaltenen Länge von 2,3 cm konnte dagegen mit der anderen Hand bewegt werden, so dass eine Abrollung des Rädchens möglich war.

Es ist insbesondere die Einbettung in das archäologische Umfeld, die diesen Fund so interessant macht. So gilt die Rollrädchenverzierung als Element elbgermanischer Keramik, deren Verbreitung allerdings über das Festland auch die Insel Usedom einschließt. Auf der Insel Wolin und östlich des Oderhaffs und der Oder ist die Keramik mit Rollrädchenzier deutlich seltener. Der Fund von Morgenitz liegt also an der Peripherie der Verbreitung dieser Keramikverzierung.

Die Siedlung von Morgenitz ist bereits seit den 1970er Jahren bekannt. Mehrfach wurden in der bewirtschafteten Fläche dunkle Verfärbungen und Reste von Feuerstellen beobachtet, die auf ein intensiv genutztes Areal hinwiesen. Die zahlreichen Funde deuten einen Besiedlungsschwerpunkt in der älteren römischen Kaiserzeit an, wobei abgesehen von Stücken des täglichen Gebrauchs wie Spinnwirteln und Wetzsteinen in den letzten Jahren vermehrt Schmuckstücke aus Bronze und sogar römische Münzen zutage kamen. Den Großteil der Funde bildet aber Keramik, wobei zahlreiche Gefäßreste in Rollrädchentechnik verziert sind. Ob bei Herstellung dieser Verzierungsmuster auch das nun gefundene bronzene Rädchen benutzt wurde, wird möglicherweise eine Überprüfung der Altfunde zeigen.

Lars Saalow M. A.

Fund des Monats Oktober 2012

Das Rädchen rollt