Dendrodatierte Holzkonstruktionen aus der späten römischen Kaiserzeit

Fund des Monats April 2013

Schwartow, Lkr. Ludwigslust-Parchim, rechteckige Holzkästen, in der Mitte ein BrunnenDetails anzeigen
Schwartow, Lkr. Ludwigslust-Parchim, rechteckige Holzkästen, in der Mitte ein Brunnen

Abb. 1: Schwartow, Lkr. Ludwigslust-Parchim, rechteckige Holzkästen, in der Mitte ein Brunnen

Abb. 1: Schwartow, Lkr. Ludwigslust-Parchim, rechteckige Holzkästen, in der Mitte ein Brunnen

Während der baubegleitenden Untersuchungen im Verlauf der Nordeuropäischen Erdgasleitung (NEL) kamen in der Nähe von Schwartow (Lkr. Ludwigslust-Parchim) Teile eines Produktionsareals der römischen Kaiserzeit zutage. Der Fundplatz liegt westlich des Flüsschens Boize auf einer leichten Sandkuppe. Innerhalb des Untersuchungsgebietes wurden auf einer Fläche von etwa 10 x 30 m unmittelbar nebeneinander drei kastenartige Holzkonstruktionen sowie etwas abseits ein Brunnen und eine mit seitlichen Brettern versehene Grube dokumentiert. Alle Anlagen waren aus Eichenholz gefertigt, dessen gute Erhaltung eine umfangreiche dendrochronologische Datierung ermöglichte.

Zwei Bretter der Grube ergaben Fälljahre um 245 n. Chr. Der abseits liegende quadratische Brunnen (Seitenlänge 1,25 m) bestand im untersten Teil aus Keilbohlen, die einen einfach verzapften Rahmen bildeten. Die Untersuchung dieser vier Hölzer zeigt, dass zwei um 335 n. Chr., die beiden anderen hingegen um 358 n. Chr. gefällt wurden; dies belegt, dass die Hölzer entweder nicht sofort nach dem Einschlag verbaut oder in Zweitnutzung verwendet wurden.

Unerwartet sind auch die Ergebnisse für die drei westlich davon gelegenen, hervorragend erhaltenen Befunde (Abb. 1). Dort befand sich zwischen zwei rechteckigen, 1,1 x 2,4 m großen Holzkästen − leicht diagonal verschoben − ein zweiter, lediglich 1 x 1,5 m messender Brunnen. Die Konstruktionen der beiden Holzkästen ähneln einander sehr: Im unteren Bereich bestehen sie aus einem einfach verzapften Rahmen, im darüber liegenden aus unverbundenen, nur durch senkrechte Pfosten fixierte Bohlen. Der dazwischen positionierte Brunnen ist wenig sorgfältig aus waagerechten Bohlen und senkrecht eingeschlagenen Stützpfosten erbaut worden (Abb. 2). Von ihm stammen 47 datierte Hölzer, deren Fälljahre − ohne größere Lücke − von 193–340 n. Chr. streuen, also einen Zeitraum von fast 140 Jahren abdecken. Die Auswertung dieser Daten zeigte, dass die Errichtung des Brunnens um 310 n. Chr. erfolgte, wobei auch ältere Hölzer Verwendung fanden, und er um/nach 340 n. Chr. repariert worden ist. Der östlich anschließende Rechteckkasten entstand um/nach 345 n. Chr., also etwa gleichzeitig mit der Reparatur des Brunnens. Beide wurden demzufolge wohl gleichzeitig genutzt und möglicherweise 30−40 Jahre später, als die nächste Reparatur anstand, aufgegeben und um 380 n. Chr. durch den westlichen Kasten abgelöst. Dieser war ebenfalls unter Verwendung deutlich älterer Hölzer errichtet worden und überlagerte Teile des Brunnens.

Die Sohle des östlichen Holzkastens lag 50 cm, die des westlichen Holzkastens 30 cm über der des Brunnens. Seine ursprüngliche Tiefe mag etwa 1,7 m betragen haben. Man möchte hinsichtlich der Holzkästen an einen den Gebrauch von Wasser erforderlichen Vorgang wie etwa das Gerben von Fellen denken, wobei aus dem Brunnen – in seinem unteren Bereich lag eine größere Menge an Eicheln − Wasser geschöpft und in die Holzkasten eingefüllt wurde. Die genaue Funktionszuweisung der Anlagen ist noch nicht abschließend geklärt.

Volkhard Hirsekorn

Fund des Monats April 2013

Dendrodatierte Holzkonstruktionen aus der späten römischen Kaiserzeit