Jungsteinzeitliches Grab unter mittelalterlichen Ackerbauschichten

Fund des Monats Januar 2014

Bad Doberan, Lkr. Rostock Land. 1 Zonenbecherscherbe; 2 schnurverzierter Becher der EinzelgrabkulturDetails anzeigen
Bad Doberan, Lkr. Rostock Land. 1 Zonenbecherscherbe; 2 schnurverzierter Becher der Einzelgrabkultur

Bad Doberan, Lkr. Rostock Land. 1 Zonenbecherscherbe; 2 schnurverzierter Becher der Einzelgrabkultur

Bad Doberan, Lkr. Rostock Land. 1 Zonenbecherscherbe; 2 schnurverzierter Becher der Einzelgrabkultur

Im nördlichen Stadtrandbereich von Bad Doberan (Lkr. Rostock Land) wurden die Tiefbauarbeiten für die Errichtung einer Wohnanlage archäologisch begleitet. Auf dem zu bebauenden Areal waren seit den 1980er Jahren Funde aus der Steinzeit, der Bronzezeit und der vorrömischen Eisenzeit bekannt. Nach dem mechanischen Abtrag des Mutterbodens wurde in dem nach Norden flach abfallenden Hangbereich eine bis zu 1,2 m mächtige Kolluvialschicht dokumentiert, die sich seit der frühdeutschen Landnahme herausgebildet hatte. Dabei griff die mittelalterliche Beackerung in den bestehenden urgeschichtlichen Siedlungshorizont ein. Aus diesem wurden außer Flintgeräten, wie Schaber, retuschierte Klingen sowie Basisbruchstücke von Großklingen, auch Flintabschläge und Kernsteine geborgen, die eine örtliche Herstellung von Kleingeräten belegen. Die geborgenen, meist rötlich bis rotbraun gefärbten Scherben sind in der Regel mit feinem weißem Steingrus gemagert. Anhand verzierter Scherben lässt sich die Siedlungsschicht in die ausgehende Jungsteinzeit (2200–2000 v. Chr.) datieren. Dazu zählt unter anderem eine Becherscherbe mit einer Zonenverzierung aus horizontal aneinander gereihten diagonalen kurzen Stichreihen, ausgeführt mit einem kleinen Zahnstockstempel und eingefasst durch drei umlaufende horizontale Schnurbandeindrücke (Abb. 1, 1).

Als herausragender Fund ist ein schlanker, hellroter bis rötlichbrauner Becher mit S-förmigem Gefäßprofil (Abb. 1, 2) der Einzelgrabkultur zu nennen. Infolge des schlechten Brands blieb die ursprüngliche Wandungsglättung nur partiell erhalten. Als Verzierung wurden sechs umlaufende Schnurbänder eingedrückt. Mit einer Höhe von 14,6 cm, einem Mündungsdurchmesser von 11,4 cm und einem Bodendurchmesser von 5,1 cm gehört das Stück zu den kleinen Exemplaren dieses Gefäßtyps.

Der Becher stammt aus einem endneolithischen Westnordwest-Ostsüdost gerichteten Flachgrab mit einer rechteckig-ovalen, flach muldenförmigen Grabgrube, die mit unbearbeiteten Steinen eingefasst war (Abb. 2). Das 1,85 m lange, 0,82 m breite Grab wies mittig eine flache rinnenförmige Störung auf, die ein rottoniges Backsteinbruchstück enthielt und durch die mittelalterliche Beackerung herrühren dürfte. Da der Becher am östlichen Ende der nördlichen Langseite zwischen der Steineinfassung des Grabes deponiert worden war, lässt sich eine Bestattung in Ost-West gerichteter Hocklage mit dem Schädel im Westen und dem Blick nach Norden rekonstruieren. Da keine weiteren Reste von Gräbern angetroffen wurden, dürfte es sich hier um ein Einzelgrab oder eine kleine Grabgruppe gehandelt haben, die für die Bezeichnung der archäologischen Kultur namengebend war.

Trotz der erheblichen Bodenaufarbeitung seit dem Mittelalter ist für den Fundplatz eine spätneolithische Siedlung mit zeitgleicher Grabanlage nachgewiesen. Hiermit schließt sich eine weitere Lücke des Besiedlungsbildes der ausgehenden Steinzeit.

Dr. Frank Wietrzichowski

Fund des Monats Januar 2014

Jungsteinzeitliches Grab unter mittelalterlichen Ackerbauschichten