Archäologische Sensation in Crivitz: Bronzezeitliches Männergrab mit Goldbeigaben

Fund des Monats April 2014

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Crivitz. Goldarmring mit aufgezogener Goldspirale

Abb. 1: Crivitz. Goldarmring mit aufgezogener Goldspirale

Abb. 1: Crivitz. Goldarmring mit aufgezogener Goldspirale

Im Mai 2008 entdeckte Olaf Schmirler beim Steinesammeln auf einem Acker bei Crivitz (Lkr. Ludwigslust-Parchim) ein Bronzeschwert. Dieses war zwar durch den Pflug zutage gefördert worden, jedoch ausgesprochen gut erhalten, es fehlte nur die Spitze und es war im Griffbereich leicht verbogen. Bei dem 45 cm langen Fundstück handelte es sich um ein sogenanntes Griffzungenschwert, wie sie während Periode III der Bronzezeit (1300–1100 v. Chr.) hergestellt wurden. Auf dem Griff waren ehemals zur besseren Handhabung Griffschalen aus Holz oder Horn aufgenietet, die bei der Auffindung allerdings fehlten. O. Schmirler meldete seinen Fund beim Landesamt für Kultur und Denkmalpflege in Schwerin, das die Vermessung des Fundortes und die Übernahme der Daten in das Ortsaktenarchiv veranlasste.

Der Auffindungsort liegt auf einer die Umgebung überragenden Geländekuppe im Nahbereich der Amtsgrabenniederung. Als er im April 2013 durch den Landesamtsmitarbeiter Bernd Wollschläger zusammen mit Karl-Christian Brandt näher begutachtet wurde, entdeckte dieser auf dem frisch gepflügten Acker an der Oberfläche nicht nur zahlreiche Steine, sondern dazwischen einen 35 g schweren Goldarmring mit einer aufgezogenen Goldspirale – nicht nur für bronzezeitliche Verhältnisse eine ausgesprochen wertvolle Grabbeigabe (Abb. 1). Der tordierte Ringkörper war an beiden Enden flach gehämmert und spiralig aufgerollt. Solche Schmuckstücke sind typisch für die Mecklenburger Gruppe und kommen – anders als man zunächst vermuten mag – fast ausschließlich in Schwertgräbern vor, müssen also als Statussymbol gedeutet werden, das nur von Kriegern getragen wurde. Zeitlich gehören sie – ebenso wie das Schwert – nach Periode III der Bronzezeit.

Die aufgepflügten Steine zeigten, dass die dort zu vermutende Grabanlage stark gefährdet war. Deshalb wurde der Fundbereich in Absprache mit dem Bewirtschafter aus der Beackerung herausgenommen und für Herbst 2013 eine Ausgrabung verabredet. Diese fand im September unter der Leitung von B. Wollschläger statt. Sie zeigte, dass der Pflug bereits tief in den Untergrund eingegriffen hatte und von dem mutmaßlichen Grabhügel keine Reste mehr vorhanden waren. Trotzdem ließen sich zwei Grabanlagen nachweisen, von denen die nördliche bereits weitgehend gestört war (Abb. 2). Von der südlichen war noch eine größtenteils einlagige Steinpackung erhalten, in deren Mitte sich eine durch Steine verfüllte Eintiefung befand (Abb. 3). In dieser lagen nicht nur die verbrannten Überreste eines Menschen, sondern auch die Spitze des 2008 gefundenen Bronzeschwerts (Abb. 4). Außerdem wurde im Randbereich des Befundes ein klammerartiger Goldblechstreifen geborgen, der wohl ehemals als Zierbesatz auf der Schwertscheide befestigt war.

Im Bereich der Steinsetzung sowie deren näherem Umfeld fanden sich ferner drei Fragmente eines Ringgriffmessers vom Typ Baierdorf und ein Nadelkopf, beide aus Bronze, sowie zwei geschlossene Goldringe und eine goldene Spiralplattenfibel. Insbesondere die unversehrte, nur leicht verbogene Fibel ist bemerkenswert, denn solche Fundstücke sind ausgesprochen selten (Abb. 5). Aus Mecklenburg-Vorpommern war bislang nur ein vor mehr als 100 Jahren in Blengow (Lkr. Rostock) gefundenes Vergleichsstück bekannt. Sieben weitere Exemplare gibt es im übrigen Europa, vornehmlich in Holstein und Nordjütland. Ungewöhnlich ist, dass bei diesen Goldfibeln stets eine Nadel fehlt, die für eine praktische Nutzung unerlässlich wäre. Möglicherweise handelt es sich um Schmuckstücke, die ausschließlich für die Grabtracht angefertigt wurden, denn es konnten auch keinerlei Gebrauchsspuren ermittelt werden.

Die Beigaben erlauben eine Datierung des Grabes nach Periode III der Bronzezeit. Sie gehören zu dem reichsten bronzezeitlichen Männergrab, das während der letzten 100 Jahre in Mecklenburg-Vorpommern entdeckt wurde. Die wertvollen Goldbeigaben lassen eine bedeutende, in der Gemeinschaft hoch angesehene Person vermuten, die man zumindest als "Häuptling" bezeichnen darf. Die Grabungsvorgeschichte zeigt zudem, wie wichtig es ist, Neufunde beim Landesamt anzuzeigen, denn ohne die Fundmeldung von Olaf Schmirler wäre dies überregional bedeutende Grab nicht entdeckt worden.

Dr. Jens-Peter Schmidt

Fund des Monats April 2014

Archäologische Sensation in Crivitz: Bronzezeitliches Männergrab mit Goldbeigaben