Beckenschlägerschüssel aus der Asche des Dreißigjährigen Kriegs

Fund des Monats August 2014

Pasewalk, Lkr. Vorpommern-Greifswald. Boden einer stark beschädigten Beckenschlägerschüssel des späten 15. JahrhundertsDetails anzeigen
Pasewalk, Lkr. Vorpommern-Greifswald. Boden einer stark beschädigten Beckenschlägerschüssel des späten 15. Jahrhunderts

Abb. 1: Pasewalk, Lkr. Vorpommern-Greifswald. Boden einer stark beschädigten Beckenschlägerschüssel des späten 15. Jahrhunderts

Abb. 1: Pasewalk, Lkr. Vorpommern-Greifswald. Boden einer stark beschädigten Beckenschlägerschüssel des späten 15. Jahrhunderts

Aus dem Keller eines 1630 zerstörten Hauses in der Baustraße in Pasewalk wurde ein im archäologischen Kontext eher seltenes Stück geborgen. Es handelt sich um eine stark beschädigte Beckenschlägerschüssel des späten 15. Jahrhunderts. Die Wandung des ursprünglich etwa 25 cm durchmessenden Messinggefäßes ist durch mechanische und thermische Einwirkung völlig verzogen und der Boden als Scheibe von 14 cm Durchmesser herausgebrochen (Abb. 1 und 3). Dargestellt ist eine der bekanntesten Drachentöterszenen: Der heilige Georg zu Pferde versetzt dem sich unter ihm windenden Untier mit der Lanze den Todesstoß. Rechts der Kampfszene kniet bangend die zu befreiende Edeldame, links in der Ferne sorgt sich das Elternpaar (Abb. 2 und 4). Abnutzungsspuren an der Gefäßoberfläche, Reparaturbleche an der Wandung und Reparaturnietungen, wie am Kopf der Georgdarstellung, deuten auf die sehr lange Nutzungszeit und hatten bereits vor dem Untergang des Stückes das Motiv fast unkenntlich werden lassen, was die Frage zur Funktion und Herkunft der Beckenschlägerschüssel aufwirft.

Im späten 15. und im 16. Jahrhundert sind es vor allem die Beckenschlägerzentren Braunschweig, Aachen und Nürnberg, in denen die aus Messingblech getriebenen, als Schalen, Schüsseln oder Becken bezeichneten Gefäße massenhaft hergestellt wurden. Für das Hauptmotiv am Boden wurde dieser von der Rückseite in eine Negativform getrieben (Abb. 4). Gravuren und Punzierungen am Boden und an der Fahne des Gefäßes ergänzten das Dekor. Ursprünglich setzte man diese Schalen wohl bei Handwaschungen im liturgischen und profanen Bereich ein; darüber hinaus ist ihre Deutung als Aderlassschalen immer noch gebräuchlich. Gestiftet aus dem Hausrat des gehobenen Bürgertums und des Adels fanden sie des Öfteren als Taufschalen den Weg in die Kirchen. In dieser Funktion sind sie bis auf den heutigen Tag am häufigsten – so auch in Mecklenburg-Vorpommern – überliefert. Zu den am weitesten verbreiteten Motiven zählen Maria Verkündigung, der Sündenfall und das Osterlamm. Dagegen ist das Motiv des heiligen Georgs seltener. In der hessischen Gemeinde Spielberg wurde für die ansonsten reicher verzierte und ausladendere Beckenschlägerschüssel der Taufe im Bodenmotiv dieselbe Vorlage wie beim Pasewalker Stück genutzt (Abb. 5), ebenso bei zwei als Aderlassschalen deklarierten, im Kloster Reutberg und im Bayrischen Nationalmuseum verwahrten Stücken.

Die ursprüngliche Nutzung der hier vorgestellten Schale ist nicht eindeutig zu klären. Sie gelangte während der völligen Zerstörung Pasewalks durch kaiserliche Truppen im Jahr 1630 in den Boden. Es ist möglich, dass sie Teil eines durch weitere Funde belegten wohlhabenden Hausrats in direkter Nachbarschaft zum Jagdschlösschen der Pommernherzöge war. Die Nähe zu St. Nikolai lässt aber auch die Vermutung zu, dass jemand die Schale aus der Kirche entwendete um sie, aus Habgier oder zum Schutz, in dem Keller zu verbergen.

Stefan Rahde

Fund des Monats August 2014

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