Exoten aus dem Greifswalder Untergrund

Fund des Monats Februar 2016

Greifswald. Papstbulle IOHANNES XXII, Vorderseite.Details anzeigen
Greifswald. Papstbulle IOHANNES XXII, Vorderseite.

Abb. 1 Greifswald. Papstbulle IOHANNES XXII, Vorderseite.

Abb. 1 Greifswald. Papstbulle IOHANNES XXII, Vorderseite.

Seit Mitte August 2015 werden die Salinenstraße und die Promenaden am Nordufer des Museumshafens in Greifswald (Fpl. 212) saniert. Die Erdeingriffe für den Straßenaufbau reichen bis in 1 m, für die Leitungstrassen bis in 1,30 m Tiefe. Bei der archäologischen Begleitung der Arbeiten wurde bislang eine Holzwasserleitung dokumentiert. Die Bodenverhältnisse sind durch massive Aufschüttungen geprägt. Der Boden stammt wahrscheinlich aus der Altstadt oder aus dem Ryck und enthält ungewöhnlich viele metallische Kleinfunde vom Spätmittelalter bis zur Moderne. Für die Bergung der Kleinfunde spielt der Einsatz von Metalldetektoren eine entscheidende Rolle.

Zu den bedeutendsten Funden gehört eine Papstbulle von Johannes XXII. (1316-1334, Dm. 40 mm, Gew. 53,4 g; Finder: K. Rausch), die bereits durch frühere Leitungsarbeiten bewegt und neben einem Abwasserschacht sekundär abgelagert worden war. Es ist das neunte Papstsiegel in Mecklenburg Vorpommern und das zweite von Johannes XXII. Die Vorderseite (Abb. 1) der Papstbulle zeigt die Apostel Paulus und Petrus, worauf sich die Überschrift "SPA SPE", Sanctus Paulus Sanctus Petrus, bezieht. Auf der Rückseite (Abb. 2) ist der Name des Papstes "IOHANNES PP XXII" verzeichnet. Im Stadtarchiv Greifswald sind lediglich zwei Urkunden aus der Regierungszeit von Johannes XXII. als Abschriften ohne Siegel erhalten.

Ein einmaliger Fund in Mecklenburg Vorpommern ist ein hervorragend erhaltenes Bleisiegel des vorletzten Dogen der Republik Venedig, Paolo Renier (1779-1789, Dm. 35 mm, Gew. 49 g; Finder: K. Rausch). Die Vorderseite (Abb. 3) zeigt, wie der Heilige Marcus (mit der Umschrift "SM VENET") dem Dogen (DVX) das heilige Banner überreicht. Auf der Rückseite (Abb. 4) sind der Name und Titel des Dogen zu lesen: "PAULUS RAINERIUS DEI GRA DUX VENETIAR ET C" (C=Zypern). Fürstliche Schreiben aus Venedig sind in den Archiven Mecklenburg-Vorpommerns nicht vorhanden. Umso rätselhafter ist der Greifswalder Fund. Rückschlüsse auf die Inhalte und Empfänger der Urkunde, an denen dieses Bleisiegel befestigt war, werden kaum möglich sein, da der Zusammenhang zu einem Grundstück fehlt.

Eine niederländische Goldmünze, ein Ritterdukat von 1748 (Dm. 22 mm, Gew. 3,48 g; Abb. 5 und 6), bildete den Auftakt für die bislang 109 aus den Auffüllschichten geborgenen Münzen. Zeitlich konzentriert sich das Münzspektrum auf das 17.-19. Jahrhundert. Bedeutende Kleinfunde sind zudem ein Pilgerzeichen der Heiligen Ursula (15. Jahrhundert, Finder: S. John) vom Wallfahrtsort Köln, ein filigraner, mit Löwe und Drache verzierter Deckel (40 x 25 x 20 mm, Finder: S. John) eines Miniaturkästchens und neun Buchschließen. Die außergewöhnliche Vielfalt des Fundspektrums zeigen ein Einsatzgewichtssatz (1850, 1 Pfund, Finder: K. Rausch) mit vier Gewichten, ein Letter der Darmstädter Burschenschaft Rugia sowie ca. 220 Knöpfe aus dem 17.-20. Jahrhundert. 24 Plomben, etwa 70 Blei- und Kanonenkugeln und eine Petschaft sind Zeugen der wirtschaftlichen und militärischen Geschichte Greifswalds.

Martina Manske


Literatur

Cesare Gamberini di Scarfèa, Prontuario prezzario delle monete, oselle e bolle di Venezia, Bologna, Forni, 1969.

J. Ansorge, Vier Bleisiegel von Papst Bonifatius IX (1389-1404) aus der Hansestadt Greifswald. – Bodendenkmalpflege in Mecklenburg-Vorpommern, Jahrbuch 2005–53, 289-314.

Fund des Monats Februar 2016

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