Ein Becken aus Beckentin!

Fund des Monats Mai 2016

Nur sehr selten wird bei einer regulären Siedlungsgrabung ein Hortfund entdeckt. Ein solcher Glücksfall ereignete sich bei den Ausgrabungen im Verlauf der Autobahn A 14 bei Beckentin (Lkr. Ludwigslust-Parchim). Dort stand ein Fundplatz zur Untersuchung an, der außer vereinzelten jungsteinzeitlichen Befunden und einigen Gruben der frühen Slawenzeit vor allem zahlreiche Siedlungsspuren der jüngeren Bronzezeit lieferte. Sie werden als Werkareal interpretiert, weil zahlreiche Feuerstellen und große Materialentnahmegruben, zum Teil mit beträchtlichen Mengen an Keramikscherben, entdeckt wurden. Zudem deuten Pfostengruben das Vorhandensein einfacher Schutzbauten an.

Der herausragende Fund der Grabung stammt indes aus einer im Planum unscheinbaren, rundlichen Eingrabung, die im zentralen Untersuchungsbereich angetroffen wurde. Am Ostrand der nur 0,15 m tief erhaltenen, muldenartig eingetieften Grube zeichnete sich eine dunkle, gegen die übrige Verfüllung deutlich abgesetzte Verfärbung ab. Sie barg einen Hort der jüngeren Bronzezeit. Da die Objekte dicht beieinander lagen – die meisten Stücke waren bei ihrer Auffindung zu einem 10,7 x 9 x 7 cm großen Metallkomplex zusammenkorrodiert – dürften sie in einem Beutel verpackt gewesen sein (Abb. 1 und 2). Offenbar hatte man eigens für die Deponierung ein Loch gegraben und darin die Bronzen niedergelegt (Abb. 3).

Um weitere Informationen zu erhalten, wurde der kleine Block wenige Tage nach seiner Auffindung an der Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung, Berlin, computertomographisch untersucht (Abb. 4). Dadurch ergaben sich nicht nur wichtige Informationen zu seiner Zusammensetzung, sondern auch die exakte Lage der einzelnen Bestandteile wurde dreidimensional dokumentiert.

Das Gros des Hortfundes stellen Fragmente eines Bronzebeckens mit plastischer Verzierung, dessen Gefäßboden mit umlaufenden Rippen und Buckelreihen sowie zwei Zonen mit unterschiedlich großen konzentrischen Kreisen versehen ist. Das Becken hatte ehemals einen Durchmesser von fast 30 cm, doch war nur etwa ein Viertel von ihm niedergelegt worden. Der Typ kommt im gesamten nordischen Kreis während Periode V (900-740 v. Chr.) vor. Für Mecklenburg-Vorpommern sind Vergleichsstücke zum Beispiel aus Lübtheen, Lkr. Ludwigslust-Parchim, und Basedow, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, bekannt. Bemerkenswert ist jedoch, dass das Beckentiner Exemplar stark fragmentiert und teilweise stark verbogen niedergelegt wurde. Des Weiteren fanden sich unter anderem Fragmente von antik reparierten Blecharmbändern, von Armringen mit C-förmigem Querschnitt, von tordierten, rundstabigen Halsringen und auch ein fast 3 cm langes Bronzeschmelzstück.

Das Hortinventar enthielt aber auch intakte Gegenstände. Besonders erwähnt sei ein Ringbündel aus vier massiven Kleinringen unterschiedlicher Größe und Machart, die auf einen zusammengebogenen Rest eines Armrings aufgezogen sind. Interessant ist auch ein mit umlaufenden Querrillen verzierter, 2,5 cm langer Bronzezylinder, in dem eine Tüllenpfeilspitze steckte. Herausragend ist jedoch ein ausgezeichnet erhaltenes Tüllenbeil vom Typ Perleberg-Lenzersilge. Dessen Hauptverbreitungsgebiet liegt zwar im Bereich zwischen Havelland und Saalemündungsgebiet, doch sind einzelne Stücke auch aus Schleswig-Holstein, dem östlichen Niedersachsen und Nordpolen bekannt. Mehrere Nachweise gibt es für Meck­lenburg-Vorpommern, wobei die Fundorte vornehmlich im Süden des Landes liegen. Das 9,58 cm lange Exemplar aus Beckentin scheint fertigungsfrisch und lässt an den Schmalseiten und im Schneidenbereich deutliche Hammer- (Abb. 5) und Schleifspuren (Abb. 6) erkennen.

Bei dem geborgenen Fundensemble handelt es sich um einen Brucherzhort, der während Periode V deponiert wurde. Dass er bei einer regulären Ausgrabung entdeckt wurde, erhöht seine wissenschaftliche Bedeutung, denn dadurch ist bekannt, dass er in einer Grube im Siedlungsrandbereich lag. In ihrer unmittelbaren Nachbarschaft gab es nicht nur mehrere Feuerstellen, sondern nur 1 m nördlich auch eine weitere Grube, aus der unter anderem keramische Gussformreste und ein kannelurensteinartiges Steingerät vorliegen. Demnach stammt der Hort offenbar aus dem Werkbereich eines Bronzehandwerkers und könnte durchaus als dessen Materialvorrat gedeutet werden.

D. Forler (LAKD)
J.-P. Schmidt (LAKD)
A. Staude (Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, Berlin)

Fund des Monats Mai 2016

Ein Becken aus Beckentin!