Unter Kreuzband. Kommunikation des großherzoglichen Konsulates Riga

Archivalie des Monats Februar 2020

Streifbandsendung des großherzoglichen Konsulates Riga vom 25. Februar 1858 (LHAS, 5.12-2/1, Nr. 644, quadr. 87)Details anzeigen
Streifbandsendung des großherzoglichen Konsulates Riga vom 25. Februar 1858 (LHAS, 5.12-2/1, Nr. 644, quadr. 87)

Streifband­sendung des groß­herzog­lichen Konsulates Riga vom 25. Februar 1858 (LHAS, 5.12-2/1, Nr. 644, quadr. 87)

Streifband­sendung des groß­herzog­lichen Konsulates Riga vom 25. Februar 1858 (LHAS, 5.12-2/1, Nr. 644, quadr. 87)

Wie nach jedem Jahreswechsel üblich gab Robert Straus, seit 1848 in der Nachfolge seines verstorbenen Vaters im seinerzeit russischen Riga Konsul für Mecklenburg-Schwerin, am 22. März / 3. April 1852 eine Sendung nach Schwerin in die Post. Sie enthielt den Jahresbericht seiner Vertretung, zu dessen Abfassung die großherzogliche Konsular-Instruktion alle offiziellen Auslands­repräsentanten Mecklenburg-Schwerins verpflichtete. Allerdings zogen Verstöße gegen diese Vorgaben selten genug Konsequenzen nach sich, sie fielen den in Schwerin zuständigen landes­herrlichen Beamten oft nicht einmal auf. Das 1821 eingerichtete Konsulat in Riga gab diesbezüglich jedoch keine Veranlassung zu Klagen. Sowohl Robert Straus als auch Wilhelm Straus als sein Vorgänger und John Hafferberg als sein Nachfolger berichteten jahrzehnte­lang vorbildlich über den Konsulats­betrieb sowie über die Handels- und Schifffahrts­verhältnisse ihres Standortes.

Mit seiner erwähnten Sendung von 1852 veränderte Robert Straus nun die bis dahin übliche Kommunikations­routine. Die verbale Berichterstattung des Konsuls ergänzten in der Regel einige Anlagen wie die Liquidation der Aufwendungen für die Geschäfts­führung, Auszüge des Konsulats-Journals über die konsularischen Amts­hand­lungen und des Schiffs­registers sowie verschiedene Übersichten statistischer Art. Während bis dato für die Übermittlung dieser bisweilen umfänglich aus­fallenden Anlagen nach Schwerin ein "separat Couvert" Verwendung fand, kündigte Robert Straus 1852 erstmals die gesonderte Über­sendung dieser Übersichten "unter Kreuzband" an. Diese von Frankreich ausgehende Form zur postalischen Übermittlung von Druck­sachen begann sich im Post­verkehr der deutschen Einzel­staaten und wohl auch international im ersten Viertel bzw. ersten Drittel des 19. Jahrhunderts zu etablieren. Ermöglicht werden sollte so der Postversand gedruckter Mitteilungen wie z.B. Ankündigungen, Druckbögen, Flugschriften, Kataloge, Preis-Courants oder Zeitungen gegen ein ermäßigtes Porto.

Die Bezeichnung leitete sich aus der Verpackung ab, die aus zwei im rechten Winkel über Kreuz gelegten Bändern aus robustem Papier oder dünner Pappe bestand. Darauf waren Absender mit Absende-Ort und Datum, Frankierung mittels eingedruckter Briefmarke oder Wertstempel sowie der Adressat vermerkt sowie gelegentlich auch der Ankunfts­stempel sichtbar. Diese Merkmale finden sich auch auf dem noch erhaltenen Verschlussband für die Sendung, mit der Robert Straus am 25. Februar 1858 julianischen Kalenders die "Uebersicht des Ein- und Ausfuhrhandels in Riga, 1857" nach Schwerin übermittelte. Gleichwohl er die Versendung "unter Kreuzband" ankündigte, handelte es sich aufgrund des als Verschluss verwendeten Einzelstreifens de facto um eine Streifband- und nicht um eine Kreuzband­sendung.

Rückseite des Streifbandes - Streifbandsendung des großherzoglichen Konsulates Riga vom 25. Februar 1858Details anzeigen
Rückseite des Streifbandes - Streifbandsendung des großherzoglichen Konsulates Riga vom 25. Februar 1858

Rückseite des Streifbandes

Rückseite des Streifbandes

Das 1858 verwendete Streifband trägt auf der Vorderseite die Adressierung "An das Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinsche Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten Schwerin", einen rechteckigen roten Stempel "Aus Russland Franco" sowie die handschriftlichen Zusätze "franco" und "5fach" bzw. "5". Damit dürfte zum Ausdruck gebracht worden sein, dass die Versandgebühren bei der russischen Post beglichen wurden. Auf der Rückseite des Streifens befinden sich rechts ein handschriftlicher Auftrag, mittig ein blauer Absenderstempel "Grossherz. Mecklenb. Schwerin. Consulat zu Riga" und links ein mit "Ausg. 28.2." rund überstempelter rechteckiger Ausgangsstempel "Рига 13 Фєвр. 1858" (Riga 13. Febr. 1858). Ebenfalls rechtsseitig werden gleichsam die Grenzübertritte der Sendung sichtbar – ein Stempel "Königsberg Pr. 27.2. Bromberg" für die russisch-preußische Grenze und ein runder, stark ausgelaufener Stempel "Hagenow …" für die preußisch-mecklenburgische Grenze.

Zu ergänzen bleibt zu den Kreuzbandsendungen einerseits, dass unter diesen Begriff ab Anfang der 1860er Jahre auch nominelle Streifbandsendungen fielen, und andererseits, dass sie mit der Gründung des Norddeutschen Bundes die amtliche Bezeichnung "Drucksache" erhielten. Beim "Tag der Archive" am 7. März 2020, der unter dem Rahmenthema "Kommunikation. Von der Depesche bis zum Tweet" deutschlandweit stattfindet, können die hier vorgestellte Archivalie und weitere zum Rahmenthema passende Stücke im Landeshauptarchiv Schwerin in Augenschein genommen werden.

Matthias Manke

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