Vorgestellt. Das Gutshaus in Wolkow bei Demmin.

Denkmal des Monats Februar 2020

Abb. 2. Wolkow, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Gutshaus Fassade, November 2019Details anzeigen
Abb. 2. Wolkow, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Gutshaus Fassade, November 2019

Abb. 2. Wolkow, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Gutshaus Fassade, November 2019

Abb. 2. Wolkow, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Gutshaus Fassade, November 2019

Hinsichtlich des erhaltenen Gutshausbestandes gibt es im Landesamt für Kultur- und Denkmalpflege eine gute Übersicht. Es kommt eher selten vor, dass ein Gutshaus noch nicht erfasst wurde. Im Zuge der in den Jahren 1991-1993 durch Mitarbeiter des Landesamtes für Denkmalpflege vorgenommenen Kurzerfassung wurden alle ehemaligen bekannten und in Karten eingezeichneten Gutsanlagen aufgesucht und die Gutsgebäude zumindest von außen betrachtet und dokumentiert, wenn sie noch einen erkennbaren historischen Zeugniswert hatten. Das Gutshaus im westlich von Demmin gelegenen Dorf Wolkow wurde damals jedoch leider wohl gänzlich übersehen (Abb. 1). Jüngst machte ein an historischen Gebäuden interessierter Bürger das Landesamt für Kultur- und Denkmalpflege auf dieses Gutshaus aufmerksam.

In seinem äußeren Erscheinungsbild wirkt das Haus schlicht und wenig auffallend, es ist auch nicht sogleich zwingend als ein Gutshaus identifizierbar. Gründe hierfür sind die ungewöhnliche Lage in der Mitte des Dorfes, umgeben von einer nur kleinen Parkanlage und das Fehlen von ansonsten für die Gutsanlagen charakteristischen Stall- und Scheunenbauten sowie ein größerer Anbau an der straßenseitigen Giebelseite.

Das Gutshaus ist ein eingeschossiger, elfachsiger Putzbau mit einer Mittenbetonung durch ein übergiebeltes Zwerchhaus über dem mittigen Eingangsbereich und einem sehr hohen Krüppelwalmdach (Abb. 2-4). An der rechten straßenseitigen Giebelseite befinden sich zwei Anbauten (Abb. 5). Die Kubatur des Hauses ließ aufgrund der Hausbreite und des hohen Daches vermuten, dass es sich bei dem Gebäude im Kern um einen barocken Fachwerkbau handeln könnte. Vor Ort sichtbar waren im Dachbereich Giebel in Fachwerkbauweise. In der Fotosammlung im Landesamt für Kultur- und Denkmalpflege, Abteilung Landesdenkmalpflege fanden sich dann tatsächlich Kleinbildaufnahmen aus dem Jahr 1963, die das Gutshaus mit Fachwerkgiebelseiten zeigt (Abb. 6-8). Wahrscheinlich wurden die Fassaden in den 1830/50er Jahren modernisiert und in Massivbauweise mit einer Verputzung erneuert und mit schmaleren Fenstern ausgestattet. In diesem Zuge setzte man wohl auch das übergiebelte Zwerchhaus mit dem Ovalfenster auf und fügte den fassadenseitigen Anbau an. Der dahinterstehende giebelseitige Anbau steht vermutlich in Zusammenhang mit einer weiteren Bauphase in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Das barocke Ursprungsgebäude war vermutlich zur Gänze ein Fachwerkbau. Die Bauweise und die Gebäudekubatur waren im 18. Jahrhundert typisch für kleinere Gutshäuser auf den ritterschaftlichen Gütern, Domänen, Kloster- und Stadtgütern, aber auch für Pfarr- und Forsthäuser. Es sind in Mecklenburg-Vorpommern um die fünfzig überwiegend kleinere Gutshäuser in Fachwerkbauweise aus der Zeit zwischen 1700 und 1800 erhalten geblieben.

Befunde im Gebäudeinneren zeigen, dass es sich eindeutig um ein Gutshaus gehandelt hat. Ein Indiz ist die große Diele, die eine repräsentative, barocke, dreiläufige Treppe enthält (Abb. 9-10). Die Treppe hat wuchtige Holzbaluster. Ähnliche Baluster zeigen Treppen in den Gutshäusern in Gnemern (um 1680d), das Kommandantenhaus in Dömitz (um 1670), Falkenhagen (um 1700/ 1717 erbaut), Neuhof (1.H. 18.Jh.), Galenbeck südlich von Friedland (um 1712/1747 erbaut) und Johannstorf (1743 erbaut). Die Bedeutung von Treppen als raumgestalterisches repräsentatives Element, die gerne als dreiläufige Treppen errichtet wurden, hält sich bis ungefähr um 1780, allerdings bevorzugte man in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts verzierte Brettbaluster. Aufgrund der genannten Vergleiche ist für die Treppe in Wolkow eine Entstehungszeit für die 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts anzunehmen. In diese frühe Zeit können augenscheinlich auch einige der historischen Zimmertüren in ihrer Gestaltung und charakteristischen Anordnung datiert werden sowie die Raumstruktur, der Keller mit dem großen tonnengewölbten Raum und der Dachstuhl (Abb. 11). Eine dendrochronologische Altersbestimmung ist bisher nicht erfolgt.

An der Nordseite des Gutshauses waren ehemalige Wirtschaftsräume, das sind Küche, Speisekammer, Backkammer, Waschküche, wahrscheinlich auch eine Milchkammer (vielleicht befand sich diese auch im Keller), Leutestube u.ä. untergebracht. Zur Fassadenseite und an den Giebelseiten lagen die Wohnräume. Der heute bestehende große Saal an der linken Giebelseite und die Flursituation gehen auf eine Grundrissänderung im 19. Jahrhunderts zurück (Abb. 12-13). Aus dieser Zeit sind auch einige Zimmertüren erhalten geblieben. Um die Hausgeschichte tiefergehend zu ergründen und auch als Grundlage für zukünftige Sanierungsmaßnahmen sind eingehende bauhistorische und restauratorische Untersuchungen noch zu leisten.

Hinsichtlich der Eigentümergeschichte geben der Mecklenburgische Staatskalender und ein Aktenbestand im Landeshauptarchiv in Schwerin (Landeshauptarchiv Schwerin: 512-4/1 Mecklenburg-Schwerinsches Ministerium der Finanzen Abt. Domänen und Forsten (1893-1919). In und Excamerata. 369 Ankauf des Gutes Wolkow, ritterschaftliches Amt Gnoien 1877-1883) Auskunft.

Zu der frühen Geschichte waren leider keine Informationen zu finden.

Der bisher erste namentlich bekannte Eigentümer ist Daniel Friedrich Lobeck, der 1787 im Mecklenburgischen Staatskalender aufgeführt wird. In Demmin ist eine Familie Lobeck nachgewiesen. So wird 1739 ein Johann Lobeck als Magistratsmitglied genannt. Auf dem Marienfriedhof steht ein nach Entwurf von Gottfried Schadow geschaffenes Grabmal des Kaufmanns Peter-Jürgen Lobeck (1730-1812) und seiner Frau Salome Charlotte. Die verwandtschaftlichen Beziehungen zu Eigentümern des Gutes Wolkow sind allerdings nicht bekannt. Vom 13.11.1830 gibt es einen Kaufkontrakt zwischen Johann Carl Lobeck und dem Gutsbesitzer Daniel Friedrich Pogge auf Lüchow, an den das Allodialgut übergeht. (Originalvertrag im LHA Schwerin). 1873 verkaufte die verwitwete Anna Catharina Sophie Pogge geb. Helms das Gut an Herrn Heinrich Carl Ludwig von Bülow. Dieser verkaufte das Gut bereits 1877 an das Großherzogliche Finanzministerium. Zu diesem Verkauf gibt es im Landeshauptarchiv einen umfangreichen Aktenbestand mit Auflistung des Inventars aus dem u.a. hervorgeht, dass sich in Wolkow ein Gestüt und eine Schäferei befanden. Für die Folgezeit werden einige Pächter genannt, so übernimmt Carl Alwardt das herzogliche Gut 1879, 1937 ist Fritz Pogge als Pächter genannt, 1939 ist die Pachtstelle unbesetzt.

In der DDR-Zeit war das Gutshaus von mehreren Familien bewohnt. Nach 1963 erfolgen Baumaßnahmen und das Gebäude erhielt einen Zementputz und eine neue Betonsteindeckung. Der giebelseitig rückwärtige Anbau wurde vergrößert und dermaßen verändert, dass nur anhand der Fotos festzustellen war, dass es sich um einen historischen Bestand aus der Mitte des 19. Jahrhunderts handelt. Im Inneren nahm man eine Verengung des Flurbereichs vor, das Fußbodenniveau der Diele wurde angehoben und mit Gußsteinplatten belegt. Die Privatisierung des Gutshauses erfolgte im März 1996 und in der Folge wurden im Dachgeschoss zwei Wohnungen ausgebaut sowie einige Sanierungsmaßnahmen vorgenommen, u.a. neue Holzfenster nach einem Befundfenster aus der Zeitschicht von 1820/1850 rekonstruiert sowie einige Dachsparren und Deckenbalken ersetzt als Reparatur eines Sturmschadens durch einen umgestürzten Baum.

Trotz der in der DDR-Zeit erfolgten baulichen Veränderungen dokumentiert das Gebäude eindrucksvoll ländliche Bauformen und die Lebensverhältnisse der ritterschaftlichen Gutsbesitzer und später der Verwalter auf einem Gut in Mecklenburg im 18. und 19. Jahrhundert. Mit seiner umfänglich erhaltenen historischen Bausubstanz, der Raumstruktur und den erhaltenen Ausstattungsteilen ist es ein anschauliches Zeugnis für die über mehrere Jahrhunderte von den Gutswirtschaften geprägte Kulturlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern. In Wolkow prägt das Gutshaus die heutige Ortsmitte und es ist das bedeutendste und das letzte anschaulich erhaltene Gutsgebäude des Ortes. Es kann aus der fachlichen Sicht des Landesamtes für Kultur- und Denkmalpflege festgestellt werden, dass das Gutshaus Denkmaleigenschaften nach dem Denkmalschutzgesetz Mecklenburg-Vorpommern aufweist und der Erhalt des Gutshauses von einem öffentlichen Interesse ist.

Beatrix Dräger-Kneißl

Karte mit dem Gutshaus Wolkow

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