Weiterbauen am Denkmal – Umbau, Sanierung und Restaurierung des Gutshauses in Broock

Denkmal des Monats Juli 2024

Broock, Lkr. Vorpommern-Greifswald, Gutshaus, Ostseite, 1950er Jahre.Details anzeigen
Broock, Lkr. Vorpommern-Greifswald, Gutshaus, Ostseite, 1950er Jahre.

Abb.1: Broock, Lkr. Vorpommern-Greifswald, Gutshaus, Ostseite, 1950er Jahre.

Abb.1: Broock, Lkr. Vorpommern-Greifswald, Gutshaus, Ostseite, 1950er Jahre.

Das Gutshaus von Broock entstand 1770-77 an Stelle des Vorwerks der Broocker Burg, die hier seit dem Mittelalter einen strategisch wichtigen Übergang der Tollense schützte. Bauherr war der preußische Generalmajor Christian Bogislaw von Linden.

Durch Erbe ging das Gut 1840 an den Freiherrn Hans Carl Franz Alexander von Seckendorf-Aberdar, der das Gutshaus 1843 nach dem Entwurf von Friedrich August Stüler im damals modernen Stil der Tudorgotik umgestalten ließ (Abb. 1). 

Der barocke Baukörper blieb dabei mit der Dachkonstruktion in den Seitenflügeln, den vier monumentalen Schornsteinen sowie der Öffnungs- und Innenstruktur weitgehend erhalten.

Was aber wurde verändert?

Broock, Lkr. Vorpommern-Greifswald, Gutshaus, Fenster der Stülerschen Umbauphase im Mittelrisalit nach der Aufarbeitung, 2023.Details anzeigen
Broock, Lkr. Vorpommern-Greifswald, Gutshaus, Fenster der Stülerschen Umbauphase im Mittelrisalit nach der Aufarbeitung, 2023.

Abb. 4: Broock, Lkr. Vorpommern-Greifswald, Gutshaus, Fenster der Stülerschen Umbauphase im Mittelrisalit nach der Aufarbeitung, 2023.

Abb. 4: Broock, Lkr. Vorpommern-Greifswald, Gutshaus, Fenster der Stülerschen Umbauphase im Mittelrisalit nach der Aufarbeitung, 2023.

Auf die Mauerkronen des Außenmauerwerks wurde eine Attika mit Vierpassöffnungen und Zinnenabschluss aufgesetzt. Infolgedessen erfolgte seit dem Stülerschen Umbau die Regenentwässerung über eine innenliegende Kehle, was später eine der Hauptursachen für den rapiden Schadensfortschritt und desolaten Zustand des Gutshauses sein sollte (Abb. 2). Dazu wurde der Mittelrisalit um ein Geschoss erhöht, die Fassade mit einem Quaderputz versehen, die Kanten mit Fialtürmchen betont, das ehemals rote Ziegeldach mit einem Teeranstrich geschwärzt und die Fenster des Mittelrisalits in neogotischer Form gestaltet (Abb. 3-4).

Mittig wurde ein Eingangsvorbau für den Hauptzugang errichtet und davor eine Auffahrtsrampe mit Terrakottabrüstung, die seit den 1950er Jahren aber nicht mehr erhalten ist. Gartenseitig erhielt das Gebäude eine Terrasse mit Freitreppe und südseitig einen Wintergarten.

Innen wurden bei Erhalt der barocken Raumstruktur die Räume dem Zeitgeschmack angepasst, weitgehend neugestaltet und das Treppenhaus von der Eingangshalle in den nördlich angrenzenden Raum verlegt.

Das Gut teilt das Schicksal vieler Gutsanlagen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR: Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es enteignet und das Gelände teilweise aufgesiedelt. Das Gutshaus diente als Flüchtlingsunterkunft, Kindergarten, Schule und Konsum. 1974 wurde es an den VEB Kranbau Eberswalde verkauft, der hier ein Erholungsheim plante. Das Vorhaben wurde nie umgesetzt und seitdem stand das Gutshaus leer.

Nach der Wende übernahm es die Treuhandanstalt. 1998 erfolgte ein Verkauf an Privat. Konzeptideen waren vorhanden, die Umsetzung scheiterte an der fehlenden Finanzierung.

2017 erwarb die Schloss Broock GmbH die Anlage mit dem Ziel, in Broock ein Zentrum für Kultur und Veranstaltungen mit Festivalcharakter aufzubauen.

Wie war die Ausgangslage?

Broock, Lkr. Vorpommern-Greifswald, Gutshaus, Foyer Erdgeschoss mit Bewuchs und eingestürztem Gebälk, 2017.Details anzeigen
Broock, Lkr. Vorpommern-Greifswald, Gutshaus, Foyer Erdgeschoss mit Bewuchs und eingestürztem Gebälk, 2017.

Abb. 6: Broock, Lkr. Vorpommern-Greifswald, Gutshaus, Foyer EG, 2017.

Abb. 6: Broock, Lkr. Vorpommern-Greifswald, Gutshaus, Foyer EG, 2017.

Das Dach und die Holzbalkendecken waren im Mittelteil komplett eingestürzt (Abb. 5-6). Teile des Dachs von Nord- und Südflügel sowie der Decken und Gewölbe im Kellergeschoss waren teils ebenfalls eingestürzt oder akut einsturzgefährdet (Abb. 7). Das Mauerwerk und die Decken waren stark durchfeuchtet und wiesen entsprechende Folgeschäden wie Fäulnis, Braunfäule und einen umfassenden Befall mit Echtem Hausschwamm auf.

Durch Plünderung und Vandalismus war fast die gesamte baufeste Ausstattung verloren gegangen, sodass der Bauzustand des Gutshauses als dramatisch einzuschätzen war, insgesamt jedoch weiterhin als sanierungsfähig.

Oberstes Ziel war zunächst, den Schadensfortschritt durch den Aufbau eines Notdachs zu stoppen, das Gutshaus innen zu beräumen und hausschwammbefallene Holzbauteile aus dem Gebäude zu entfernen.

Dazu waren die Zielvorstellungen des Bauherrn und des Denkmalschutzes zu formulieren und in Übereinstimmung zu bringen.

Parallel dazu begann die erforderliche Auseinandersetzung mit dem Baubestand des Gutshauses zu Art und Umfang der Schäden und der sich daraus ergebenden Sanierungserfordernisse sowie hinsichtlich der bauhistorischen und restauratorischen Bestandsaufnahme und Analyse, deren Ergebnisse wie beim Bauzustand bei der Sanierungs-, Instandsetzungs- und Restaurierungsplanung zu berücksichtigen waren und sind.

Die denkmalpflegerischen Zielvorstellungen betrafen trotz DDR-zeitlichen Neuverputzes wegen der weiterhin hohen gestalterischen Qualität der Fassade, einer guten Bildquellenlage und der Erfahrung, dass unter dem Zementputz noch umfassende Befunde zu erwarten sind, was sich im Zuge der restauratorischen Untersuchung bestätigen sollte, die Stülersche Fassung als letzte gestaltprägende und denkmalrelevante Umgestaltung des Gutshauses wieder herauszuarbeiten und herzustellen (Abb. 8-9).

Sie betraf außerdem den weitestmöglichen Erhalt des bauzeitlichen Dachstuhls, einschließlich seiner monumentalen Schornsteine (Abb. 10), den Erhalt der barocken und zugleich Stülerschen Innenraumstruktur, den weitestmöglichen Erhalt der fragmentarisch erhaltenen Ausstattung wie Fenster, Tür- und Wandbekleidungen sowie ein Restaurierungs- und befundorientiertes Gestaltungskonzept für die Innenräume.

Dies war und ist mit der nachhaltigen, an moderne Erfordernisse angepassten und wirtschaftlich tragfähigen Nutzung für den Bauherrn in Übereinstimmung zu bringen.

Von vornherein war klar, dass es wegen des ruinösen Bauzustands des Gutshauses und dessen weiterhin großem Befundreichtum ein Nebeneinander von erheblichen Eingriffen in den Baubestand und einem kleinteiligen, sensiblen Umgang mit den überlieferten Befunden auf dieser Baustelle geben wird.

Weitgehend unstrittig war der Wunsch des Bauherrn, wegen der starken Zerstörungen und des starken Befalls mit Echtem Hausschwamm bei der Gebäudesanierung weit möglichst auf den Einsatz von Holzbauteilen bei den statisch relevanten Teilen zu verzichten und die Geschossdecken in Stahlbeton herzustellen (Abb. 11).

Einzige Ausnahme ist eine bauzeitliche Vollholzdecke über dem Erdgeschoss im südlichen Mittelraum, die nach Einschätzung des Holzschutzgutachters mit entsprechenden Maßnahmen, nicht zuletzt einer Wärmebehandlung, als Belegfläche der bauzeitlichen Deckenkonstruktion erhalten werden kann (Abb. 12).

Kontrovers diskutiert wurde demgegenüber der Umgang mit dem Dach. Ursprünglich war vorgesehen, für das Notdach die Dachkonstruktion zu demontieren und die Sicherungskonstruktion in Stahl herzustellen. Angesichts des ruinösen Zustands und der komplexen Problemstellung wurde diese Lösung von der Landesdenkmalpflege anfänglich mitgetragen, um für das bestandsgefährdete Gutshaus die Erhaltungsperspektive weiterhin offen zu halten.

Die geplante Lösung in Stahl stellte sich aus verschiedenen Gründen jedoch als nicht umsetzbar dar. Dazu kam das mittlerweile vorliegende Holzschutzgutachten zum Ergebnis, dass die Stuhlkonstruktionen im 1. und 2. Dachgeschoss und die Sparrenabschnitte über der 1. Kehlbalkenlage weitgehend gut erhalten waren und ein Schwammbefall mit Ausnahme der Fußpunkte der Stuhlkonstruktion im 1. Dachgeschoss ausgeschlossen werden konnte.

So eröffnete sich eine Erhaltungsperspektive für wesentliche Teile des überlieferten Dachstuhls, der nun mit entsprechenden Ertüchtigungen für die Aufbringung des Notdachs genutzt wurde (Abb. 13).

Die Kompromissfindung zum Umgang mit dem Dach war damit noch nicht abgeschlossen, denn wegen der von Seiten des Bauherrn erforderlichen wirtschaftlichen Nutzung des großen Dachvolumens und der problematischen Kehlen-Drempelsituation des Stülerschen Umbaus standen Bauherr und Architekt der Weiternutzung der bauzeitlichen Bestandskonstruktion weiterhin kritisch gegenüber.

Am Ende stand eine Lösung, die spürbar in die Kubatur des Denkmals eingreift, die bezogen auf den Einzelfall Broock jedoch einen annehmbaren Kompromiss zwischen den denkmalpflegerischen und den Eigentümerbelangen darstellt: Dem Bau von zwei nutzbaren Dachgeschossen wurde unter der Maßgabe zugestimmt, dass das nachweislich gut überlieferte Holztragwerk des Dachstuhls einschließlich der Schornsteine im Mittelteil über allen Dachebenen erhalten bleibt und dieser Bereich, der circa ein Drittel der Gebäudebreite umfasst, zur Vermittlung des Raumeindrucks bis zum First offenbleibt.

Die für die Zimmernutzung vorgesehenen Flächen liegen hinter der zinnenbesetzten ehemaligen Attika. Das Dach wird in der zweiten Dachgeschossebene quasi aufgeklappt, um eine umlaufende Gaube auszubilden, die circa einen Meter hinter der Attika zurücktritt (Abb. 14). Zumindest die Zimmer des 1. Dachgeschosses verschwinden hier gänzlich. Demgegenüber überragt die zweite Dachgeschossebene die Zinnen um circa 60 cm.

Aus der Nahsicht tritt die Kubaturveränderung des Dachs optisch kaum in Erscheinung, allerdings aus der Fernsicht für dieses auch auf Fernwirkung angelegte Gebäude. Um eine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds zu vermeiden, erhielten deshalb die Gauben eine farblich an die Dachdeckung angepasste schwarze Blecheindeckung, sodass aus der Ferne eine farblich homogene, also ruhige Fläche im Dachbereich entsteht, die Gauben nicht extra betont werden und so die Veränderung der Dachkubatur optisch weitestmöglich zurückgenommen wird.

Fazit und Ausblick

Gutshaus Broock, Lkr. Vorpommern-Greifswald, Ostseite, 2024.Details anzeigen
Gutshaus Broock, Lkr. Vorpommern-Greifswald, Ostseite, 2024.

Abb. 15: Broock, Lkr. Vorpommern-Greifswald, Gutshaus, Ostseite, 2024.

Abb. 15: Broock, Lkr. Vorpommern-Greifswald, Gutshaus, Ostseite, 2024.

Der hohe Zerstörungsgrad des Dachs, der beträchtliche Eingriffe in die Denkmalsubstanz erforderte, eröffnete in Broock Möglichkeiten für das Weiterbauen, die über das sonst übliche Maß der Veränderung hinausgehen (Abb. 15-17).
Unter Berücksichtigung der denkmalpflegerischen Belange entstand eine Lösung, die zu einer maßgeblichen Veränderung der Dachstruktur und -kubatur führt und sich deutlich vom historischen Bestand absetzt, durch die Attikazone und die farbliche Anpassung an die Dacheindeckung jedoch ausreichend gut verdeckt und in das Dach eingebunden wird.

Wegen der starken Verteuerung der Baukosten in den vergangenen Jahren muss die Wiederherstellung der Fassade als Quaderputzfassade aktuell auf unabsehbare Zeit zurückgestellt werden. Stattdessen soll nun als Interimslösung die Fassade so repariert und stabilisiert werden, dass einerseits die Möglichkeit für die fachgerechte Wiederherstellung des Quaderputzes weiterbesteht, was z. B. eine Schlämme ausschließt. Andererseits soll die Fassade so hergestellt werden, dass sie in den nächsten Jahren ausreichend widerstandsfähig gegen Witterungseinflüsse ist und so das Gutshaus in absehbarer Zeit genutzt und belebt werden kann.

Annette Krug

Denkmal des Monats Juli 2024

Weiterbauen am Denkmal – Umbau, Sanierung und Restaurierung des Gutshauses in Broock

2025 - Denkmale des Monats

2024 - Denkmale des Monats

2023 - Denkmale des Monats

2022 - Denkmale des Monats

2021 - Denkmale des Monats

2020 - Denkmale des Monats

2019 - Denkmale des Monats

2018 - Denkmale des Monats

2017 - Denkmale des Monats

2016 - Denkmale des Monats

2015 - Denkmale des Monats

2014 - Denkmale des Monats

2013 - Denkmale des Monats

2012 - Denkmale des Monats

2011 - Denkmale des Monats

2010 - Denkmale des Monats

2009 - Denkmale des Monats

2008 - Denkmale des Monats

2007 - Denkmale des Monats

Denkmalschutz­behörden

Untere_Denkmalschutzbehoerden.jpg (Interner Link: Untere Denkmalschutzbehörden)

Ihre Ansprechpartner in den Landkreisen, kreisfreien und großen kreisangeh..

Untere Denkmalschutzbehörden

UNESCO-Welterbe-Bewerbung

Infobox welterbe-bewerbung-schweriner-schloss-370x206.jpg (Externer Link: www.welterbe-bewerbung-schwerin.de)

"Residenzensemble Schwerin - Kulturlandschaft des romantischen Historismus"

www.welterbe-bewerbung-schwerin.de

Rechtsvorschriften

E-Mail Tastatur Paragraf (Interner Link: Rechtsvorschriften)

Hier finden Sie die Rechtsvorschriften der Landesdenkmalpflege.

Rechtsvorschriften