Die Märchensäule in Neubrandenburg - ein beliebtes Kunstwerk ist zurück

Denkmal des Monats Dezember 2022

01. Neubrandenburg, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Grünstreifen zwischen Juri-Gagarin-Ring und Kopernikusstraße, Märchensäule, 2022,Details anzeigen
01. Neubrandenburg, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Grünstreifen zwischen Juri-Gagarin-Ring und Kopernikusstraße, Märchensäule, 2022,

01. Neubrandenburg, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Grünstreifen zwischen Juri-Gagarin-Ring und Kopernikusstraße, Märchensäule, 2022,

01. Neubrandenburg, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Grünstreifen zwischen Juri-Gagarin-Ring und Kopernikusstraße, Märchensäule, 2022,

Im Mai 2022 ist ein Kunstwerk nach Neubrandenburg zurückgekehrt, das viele Bürgerinnen und Bürger der Stadt kennen und mit dem sie sich seit langem vertraut fühlen. Zurückgekehrt ist die sogenannte Märchensäule in das Zentrum der Oststadt, einem in den 1970er Jahren für 25.000 Menschen errichteten Neubaugebiet mit heute 13.000 Einwohnern. Nach der Fertigstellung 1982 ausgezeichnet mit einem Kunstpreis, kam das Werk 1984 dort zur Aufstellung.

Ihren neuen Platz hat die Märchensäule nur 50 Meter entfernt von ihrem ursprünglichen Ort gefunden. Eingefügt ist sie in eine Umgebung, die sich innerhalb der letzten beiden Jahre sichtbar zum Besseren verändert hat. Der Grünstreifen zwischen dem Juri-Gagarin-Ring und der Kopernikusstraße erhielt im Rahmen des Programms "Stadtumbau Ost" eine neue Gestaltung. Den Mittelpunkt dieser Zone für Fußgänger, ausgebildet als runde Aufweitung des Weges und ausgestattet mit zum Verweilen einladenden Bänken, bildet die Märchensäule (Abb. 1-3).

Veränderte Umgebung und Spuren von Wind und Wetter

Notwendig geworden ist die Umgestaltung der Grünflächen aufgrund der starken Veränderungen, die die Oststadt nach der politischen Wende und der großen Abwanderung hier erfahren hat. Dazu zählen der Abbruch zweier Schulbauten, der Umbau einer Gaststätte für die Mittagsversorgung von Schülern zu einem Lebensmitteldiscounter und die Anlage eines großen Parkplatzes. Das unmittelbare Umfeld der Märchensäule, ursprünglich gelegen inmitten eines von Mauern und Büschen gerahmten quadratischen Platzes (Abb. 4), war in diesem Zusammenhang der Vernachlässigung preisgegeben.

Vernachlässigung hatte die Märchensäule auch in ihrer Substanz erfahren (Abb. 5-6). Das Kunstwerk, das nach den einschneidenden Strukturveränderungen einsam und verloren im Raum stand, war zwar bereits in den Jahren 2009/2010 erstmals restauratorisch behandelt worden. Doch knapp 40 Jahre in Wetter und Wetter und einige Schmierereien hatten umfangreiche und tiefgreifende Spuren hinterlassen.

Restaurierung

Eine umfassende Sanierung war nötig. Durchgeführt hat sie der Fachmann für Steinkonservierung und Dipl. Restaurator Jan Hamann mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern: Dipl. Rest. Friederike Hamann; Claudia Leue, Rest.; und Dan Barsch, Rest. In seiner Werkstatt in Wittenberge erhielt das Kunstwerk in der Zeit von November 2021 bis April 2022 eine generelle Ertüchtigung. Dazu wurde die Märchensäule abgebaut, zur Werkstatt transportiert, die Teilstücke behandelt und vor Ort neu aufgebaut. So erfuhren die einzelnen Tonreliefs in Bädern aus destilliertem Wasser eine Entsalzung und Reinigung (Abb. 7-9). Um die weitere Standfestigkeit zu gewährleisten, erhielt die Säule einen neuen Betonkern, an dem die Restauratorinnen und Restauratoren die Reliefplatten mit Hinterlüftung, verankerten (Abb. 10-11).

Das Märchen "Von den Fischer und siine Fru"

Die aus Ton gearbeiteten Reliefs geben in szenischer und schriftlicher Darstellung das bekannte niederdeutsche Märchen "Von den Fischer und siine Fru" wieder. Erstmals 1812 haben die Brüder Grimm diese Geschichte von menschlicher Gier und den Konflikten eines Paares in ihrer Märchensammlung veröffentlicht. Nicht nur aufgrund seines maritimen Themas und der niederdeutschen Mundart ist das Märchen mit dem Nordosten Deutschlands verbunden. Der ursprüngliche Text stammt von dem in Wolgast geborenen und als Künstler der Romantik bekannten Maler Philipp Otto Runge (1777 – 1810). Er hatte ihn über den Dichter Achim von Arnim (1781 – 1831) an die Brüder Grimm weiter gegeben.

Die obere und untere Reihe der Relieftafeln zeigen, begleitet von Ornamenten, schmucklose in den Ton geritzte Großbuchstaben, aus denen sich der bekannte Refrain des Märchens zusammensetzt:

MANTJE, / MANTJE, TI / MPE TE, BU / TJE, BUTJE / IN DER SEE, gefolgt von

MINE FRU / DE ILSEBILL / WILL NICHT / SO AS ICK / WOHL WILL.

Die beiden mittleren Reihen erzählen in zehn ausdrucksstarken Bildreliefs von einem Fischer und seiner Frau, die in ärmlichen Verhältnissen leben und überraschend mit einem über Wunderkräfte verfügenden Fisch, dem besagten "Butje", in Kontakt geraten. Nach und nach nehmen die Wünsche der Frau an den "Butje" immer größeren Umfang an. Innerlich widerstrebend kehrt der Fischer sechs Mal zum Meer zurück, um die jeweilige Bitte vorzutragen. Dabei zeigt das Meer Mal für Mal stärkeren Seegang. Nach der Erfüllung der ersten fünf Wünsche – dem nach einer Hütte, dem nach einem Schloss sowie denen danach, König, Kaiser und Papst zu werden – führt der letztliche Wunsch der Frau, sie möge Gott werden, schließlich dazu, dass das Ehepaar allen bisherigen Reichtum verliert und sich in ihrer früheren armseligen Behausung wiederfindet.

Die Märchensäule als Gemeinschaftswerk

Die Märchensäule in der Oststadt von Neubrandenburg ist ein Gemeinschaftswerk von Mitgliedern des "Plastik- und Keramikzirkel des HKB Neubrandenburg". Die Abkürzung HKB steht für "Haus der Kultur und Bildung". Es handelt sich um ein großes Gebäude in der Stadtmitte Neubrandenburgs, in dessen zugehörigem Turmbau, auch Kulturfinger genannt, zu DDR-Zeit eine Vielzahl von Laiengruppen ihrer kulturellen Arbeit nachging. Unter Leitung des Berufskünstlers Uwe Maroske (1951 – 2020) umfasste die Gruppe folgende Personen: Inge Krötschel, Sabine Walter, Torsten Bengelstorf, Sonhild Bock, Wolfgang Schüler, Bernd Gröger, Jürgen Hampel und Thomas Steilen.

Die Herstellung von künstlerischer Keramik hatte in Neubrandenburg seit den späten 1960er Jahren einen hohen Stellenwert, da sie daran mitwirkte, sowohl für rasch wachsende Neubaugebiete wie auch für Erholungsgebiete Kunst im öffentlichen Raum zu produzieren. Inge Krötschel, eine der Mitwirkenden an der Märchensäule, hatte bereits 1972 für den Kulturpark, das größte Erholungsgebiet der Stadt, aus Keramik die Figurengruppe "Kinderchor" geschaffen (Abb. 12). Heute steht sie im Eingangsbereich zu dem Gelände und gehört wie die Märchensäule zu den beliebten und geliebten Werken der bildenden Kunst in der Stadt.

Dr. Jörg Kirchner

Hinweis

Wer mehr über die Märchensäule erfahren möchte, insbesondere als Zeugnis der Volkskultur in der DDR, kann dies nachlesen in: Jörg Kirchner, Die Märchensäule in Neubrandenburg von 1982. Volkskultur und bildnerisches Volksschaffen in der späten DDR, in: KulturERBE in Mecklenburg und Vorpommern, Heft 11, 2021, S. 73-86.

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