Verwunschener Gedächtnisort im Karower Gutswald - das Schlutius-Mausoleum

Denkmal des Monats Juni 2020

 Abb. 1. Karow, Lkr. Ludwigslust-Parchim, Schlutius-Mausoleum, Gesamtanlage, um 1916. Details anzeigen
 Abb. 1. Karow, Lkr. Ludwigslust-Parchim, Schlutius-Mausoleum, Gesamtanlage, um 1916.

Abb. 1. Karow, Lkr. Ludwigslust-Parchim, Schlutius-Mausoleum, Gesamtanlage, um 1916.

Abb. 1. Karow, Lkr. Ludwigslust-Parchim, Schlutius-Mausoleum, Gesamtanlage, um 1916.

In vielerlei Hinsicht ist das Mausoleum in Karow, Landkreis Ludwigslust-Parchim, eine Besonderheit mit einer für die Denkmallandschaft Mecklenburg-Vorpommerns ungewöhnlichen baulichen Lösung. Ungewöhnlich ist schon die Lage: Einige hundert Meter entfernt von der Gutsanlage Karow, für deren Gutsherrenfamilie es einst entstand, abgeschieden im Wald. Auf einer künstlichen ovalen Lichtung, eingefasst von einer niedrigen Mauer, thront ein imposanter Granitbau – im ersten Eindruck mehr Skulptur als Gebäude (Abb. 1).

1898 erwarb der Berliner Großkaufmann Johannes Schlutius (1861–1910) das Gut Karow und modernisierte es grundlegend. Bald nach seinem Tod veranlasste seine Witwe den Bau eines monumentalen Grabmals, dessen Ausführung in den Händen des Plauer Bildhauers Wilhelm Wandschneider (1866-1942) lag. Er schuf auf einem quadratischen Sockel eine blockhafte Grabrotunde mit sparsamem Fassadendekor, bestehend aus Relieffeldern mit Symbolen des christlichen Glaubens sowie einer tief gekehlten Traufe. Den Rundbau umgeben vier Pylonen, von denen zwei den eingetieften Portikus rahmen. Diese tragen überlebensgroße Halbfiguren im Ausdruck der tiefen Trauer (Abb. 2).

Als Inspiration für den Entwurf könnte das berühmte Grabmal des Ostgoten-Königs Theoderich des Großen (451/56-526) in Ravenna gedient haben. Kurz nach 1900 erschienen mehrere Forschungsarbeiten über das Mausoleum und so ist es nicht auszuschließen, dass die Publikationen von Albrecht Haupt oder Bruno Schulz eine Quelle für Wandschneider gewesen sind.

Wilhelm Wandschneider entwarf den Bau in Zusammenarbeit mit einem heute nicht mehr namentlich bekannten Architekten oder Ingenieur. Dieser dürfte für die bautechnische Konzeption der flach gewölbten Stahlbetonkuppel, ruhend auf einem mehrschalig aufgebauten tragenden Ziegelmauerwerk, verantwortlich gewesen sein. Mit der äußeren Gestaltung aus großen Granitquadern und dem Material angepasstem archaisch wirkendem figuralem Schmuck kontrastierte der ursprünglich ruhig gegliederte, andachtsstiftende Innenraum (Abb. 3). Vom Bodenbelag und den Wandbekleidungen aus hellen und dunklen Marmorplatten ist durch Materialraub und Vandalismus kaum etwas übrig geblieben, seit das Mausoleum nach 1945 sich selbst überlassen blieb (Abb. 4-5).

Starke Schäden weist auch das einst prächtige Deckenmosaik auf. Es beschreibt im Zentrum das Christusmonogramm mit Alpha und Omega in einer Rosette, umgeben von einem Nachthimmel mit Sternen (Abb. 6). Das noch immer durch kräftige Farbigkeit beeindruckende Mosaik besteht aus vielfarbigen Glassteinchen, fachsprachlich als Smalten bezeichnet, die in einen Kalkmörtel eingelassen sind. Die besondere Plastizität wird durch Farbschattierungen erzeugt, so setzt sich beispielsweise das Blau des Himmels aus fünf verschiedenen Blautönen zusammen (Abb. 7). In das Glas eingeschmolzenes Blattgold lässt die Sterne bis heute leuchten. Doch es gibt gravierende Schäden und große Teile des Kuppelschmucks sind bereits verloren gegangen.

In bislang vier Bauabschnitten wurden unter der Planung von Petersen Bernardy Architekten dringend erforderliche erste Sicherungs- und Sanierungsarbeiten an der Kuppel durchgeführt. Die noch vorhandenen Bestandskuppelsteine wurden sorgfältig aufgenommen, gereinigt und für den späteren Einbau gelagert (Abb. 8-9). Am darunterliegenden Kuppeltragwerk wurden nach der Betonsanierung die stark geschädigte Abdichtung und die Gesimsabdeckungen erneuert (Abb. 10-11). Da ein erheblicher Teil der Kuppelsteine durch mangelnde Verankerung abgerutscht war, wurden neue Befestigungen vorgesehen. Die neuen Natursteinblöcke stammen aus dem historischen Granitporphyr-Bruch in Beucha bei Leipzig, der schon das Material für das Völkerschlachtdenkmal, eingeweiht 1913, lieferte.

Die Granitfassaden befanden sich in recht gutem Zustand und mussten nur in vergleichsweise überschaubaren umfang überarbeitet werden (Abb. 12). Hingegen waren große Teile des Mauerwerks der Innenschale zu ergänzen (Abb. 13).

Erheblichen Aufwand bedeutete auch die Sanierung der unter dem Fußboden des Kuppelsaales befindlichen Gruft einschließlich des zugehörigen Gangsystems. Durch eine Abdichtung wurden der Bestand gesichert, die Gefahr von Unfällen durch Einbrechen von der Oberfläche gebannt und gleichzeitig Quartiere für Fledermäuse geschaffen. Die ebenfalls aus Beuchaer Granit errichteten Umfassungsmauer, Bänke und Treppenanlagen wurden gereinigt und materialgerecht ergänzt. Bei Bodenarbeiten im und in den umgebenden Freiflächen konnten Fragmente der ehemaligen Innenausstattung aufgefunden werden. Alle Stücke wurden sorgfältig sortiert und dokumentiert (Abb. 13-14).

Die ebenfalls nicht erhaltene ehemalige Bronzetür ersetzt heute eine handwerklich aufwändige patinierte Stahltür, die in ihrer Aufteilung und Detaillierung durch ihren historischen Vorgänger inspiriert ist.

Bauherrin ist die Stiftung Umwelt- und Naturschutz Mecklenburg-Vorpommern, die das Grabmal zusammen mit Waldflächen für den Stiftungszweck übernahm. Die Baumaßnahmen wurden durch LEADER-Förderung der Europäischen Union sowie aus Mitteln der Landesdenkmalpflege unterstützt, ein wichtiger Anteil konnte jedoch auch über Spenden finanziert werden. Um die weiteren, sehr aufwändigen Arbeiten zur Sicherung des wertvollen Kuppelmosaiks zu ermöglichen, sind Spenden weiterhin sehr willkommen (Abb. 15-18). Dazu sind Informationen über die Internetseite der Stiftung zu finden.

Derzeit erarbeitet die Stiftung Umwelt- und Naturschutz Mecklenburg-Vorpommern eine Nutzungsperspektive für das Mausoleum. Es wird eine Wiederherstellung einer Wegeverbindung von Westen, vom Gutspark her, erwogen. Im nahen Waldstück könnte ein Friedwald entstehen, dem zugehörig das historische Mausoleum, das zu den bedeutendsten in Mecklenburg-Vorpommern gehört, als Andachtshalle dienen könnte und damit eine würdige neue Nutzung bekäme (Abb. 19-21).

Sabine Schöfbeck

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