"In des Goldes Scheine wie leuchtest du schön!"* Die Siegessäule auf dem Alten Garten in Schwerin

Denkmal des Monats September 2021

Abb. 1. Landeshauptstadt Schwerin, Alter Garten, Siegessäule, oberer Teil mit Megalopolis, 2005.Details anzeigen
Abb. 1. Landeshauptstadt Schwerin, Alter Garten, Siegessäule, oberer Teil mit Megalopolis, 2005.

Abb. 1. Landeshauptstadt Schwerin, Alter Garten, Siegessäule, oberer Teil mit Megalopolis, 2005.

Abb. 1. Landeshauptstadt Schwerin, Alter Garten, Siegessäule, oberer Teil mit Megalopolis, 2005.

Noch ist der Bauzaun nicht abgebaut, sind die baulichen Maßnahmen nicht abgeschlossen, aber dennoch ist bereits eine wesentliche Veränderung im Erscheinungsbild der Siegessäule auf dem Alten Garten in Schwerin wahrnehmbar: Ihre einst dunkel, schwärzlich-grün patinierten Bronzeteile (Abb. 1) erstrahlen in einem goldbronzenen Farbton und geben dem Denkmal ein Aussehen, wie es die Schwerinerinnen und Schweriner sowie die Gäste der Stadt bislang nicht kannten (Abb. 2).

Auf der Westseite des Platzes, vor einer doppelreihigen Lindenpflanzung, erhebt sich die aus rotem norwegischen Granit bestehende korinthische Säule. Sie steht auf hohem Postament, welches wiederum einen Unterbau von zwei Terrassen besitzt, die über Freitreppen zu erreichen sind. Am Postament sind an allen vier Seiten bronzene Tafeln mit 796 Namen von im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 und aufgrund der Kriegsfolgen ums Leben gekommenen Mecklenburgern. Vier Giebel bekrönen das Postament, in denen abwechselnd ein Eisernes Kreuz und ein Mecklenburger Kreuz, das Militärverdienstkreuz, angebracht sind (Abb. 3).

Auf der Säule steht die überlebensgroße in Bronze gegossene Figur der Megalopolis, eine das Land Mecklenburg darstellende allegorische Frauengestalt. Mit ihrer Kleidung und den schmückenden Accessoires wird die Geschichte des Landes beschworen und in den Kontext der Reichsgründung gestellt. Sie trägt einen nach ihrem Körper geformten Panzer, ein aus Leder bestehendes Kleidungsstück mit aufgenähten Metallbuckeln, der Wehrhaftigkeit suggeriert (Abb. 4). Unter diesem Panzer treten eine kurzärmelige Tunika und ein langes Untergewand hervor. Die Ränder der Tunika sind mit einfachen geometrischen Mustern verziert, wie man sie der Slawenzeit zuschrieb (Abb. 5). Ein schwerer Umhang der vorn mit einer Fibel zusammengehalten wird, hüllt die Figur ein. Seinen Rand schmückt eine breite Borte mit Eichenlaub, dem deutschen Symbol, ein Hinweis auf das neu entstandene Deutsche Reich (Abb. 6).

Um ihre Taille schmiegt sich fest ein breiter Waffengürtel, an dem sie die mittels Ketten und einem ledernen Riemen befestigte Schwertscheide trägt. Der Gurt zeigt vorn das dreiteilige Mecklenburgische Wappen, wie es Herzog Albrecht II. nach 1358, nachdem er die Grafschaft Schwerin erlangt hatte, führte (Abb. 7). Albrecht II. war 1348 zum Herzog erhoben worden. Er war um die territoriale Einheit und Geschlossenheit des Landes bemüht und erreichte mit Landfriedensbündnissen mit den Hansestädten und einer Vielzahl von Fürsten Eintracht im Nordosten Deutschlands bis hin nach Polen und Dänemark. Diese Leistung ist hier nun Vergleichsmaßstab für die Reichsgründung 1871.

In der rechten Hand hält die Megalopolis ihr von einem Lorbeerkranz umkränztes Schwert, welches sie emporreckt (Abb. 8), links hält sie den Schild mit dem für das Land allgemein verbindlichen Wappen, dem Stierkopf (Abb. 9). Bekrönt ist die Figur mit der Wendischen Krone, die zum identitätsstiftenden Symbol beider Großherzogtümer und zum Sinnbild der langandauernden Herrschaft des Fürstenhauses seit slawischer Zeit geworden war (Abb. 10).

Großherzog Friedrich Franz II. erteilte den Auftrag für die Errichtung dieses Kriegerdenkmals, wie es ursprünglich hieß. Die Entwürfe lieferte Hofbaurat Hermann Willebrand. Gustav Willgohs, der sich bereits mit seiner Denkmalplastik für den Schlossbau in Schwerin einen Namen machte, schuf die auf der Säule stehende Figur, der Berliner Bildhauer Friedrich Wilhelm Dankberg modellierte das ebenfalls in Bronze gegossene Säulenkapitell (Abb. 11). Anfangs besaß das Denkmal an vier Stellen auf seiner unteren Terrasse noch vier Gaskandelaber mit schildhaltenden Greifen, die auch von Dankberg stammten, sowie zwei Geschütze an der zum Alten Garten gerichteten Seite, die als Kriegsbeute nach Schwerin gelangten (Abb. 12). Megalopolis, Kapitell und Kandelaber sowie die vier Namenstafeln fertigte die Eisengießerei Lauchhammer an. Kandelaber und Geschütze verschwanden jedoch schon bald.

1873 erfolgte die Grundsteinlegung für das Denkmal und genau ein Jahr später wurde es eingeweiht. Bereits der Entwurf Hermann Willebrands von 1872 ließ vermuten, dass die Bronzefigur nicht dunkel sondern goldfarben gedacht war (Abb. 13). Damit reihte sie sich ein in die Krieger- und Siegesdenkmäler jener Zeit, wie zum Beispiel die Siegessäule in Berlin, das Friedensdenkmal in München oder das Siegesdenkmal in Leipzig, welches 1946 von seinem Standort am Markt entfernt und eingeschmolzen wurde.

Die im Landeshauptarchiv in Schwerin aufbewahrte Rechnung der Gießerei Lauchhammer von 1874 weist die Position "Broncierung des Denkmals" für 100 Mark aus (2.26-2, Hofmarschallamt, 1503), was ein zusätzlicher Anhaltspunkt für eine ehemals goldfarbige Erscheinung der Megalopolis war. Restauratorische Untersuchungen im Rahmen von bestandserhaltenden Maßnahmen, die im Auftrag und unter Leitung des Staatlichen Bau- und Liegenschaftsamtes (SBL) Schwerin durchgeführt werden, konnten an bestimmten Stellen Reste einer goldfarbenen Beschichtung nachweisen. Es war davon auszugehen, "dass die gesamte Figur zur Zeit ihrer Aufstellung eine Beschichtung trug, in der goldfarbene Metallpigmente eingebettet waren, um die Bronzefigur und das Kapitell in einen Goldton erscheinen zu lassen." (Franka Göhrike, Maximilian Heimler, Norbert Leukert; Bestandsaufnahme Siegessäule Schwerin, Kapitell und Megalopolis. Institut für Metallrestaurierung Dr. Georg Haber GmbH, Berlin 2021, S. 11) Eine 1874 entstandene Farblithographie von Friedrich Jentzen unterstützte die Annahme außerdem (Abb. 14).

Um diese metallische Goldbronzierung erneuern zu können, hätten die patinierten Schichten bis auf die reine Bronze abgetragen werden müssen. Davor scheuten sich aber alle Beteiligten, denn ein umfangreicher Oberflächenabtrag einer gut erhaltenen Originaloberfläche, wie es das restauratorische Gutachten aussagte, wäre ein immenser Substanzverlust und mit den denkmalpflegerischen Grundsätzen nicht vereinbar. Allerdings sahen Vertreterinnen und Vertreter des Auftraggebers und der Denkmalpflege auch die Chance, das Denkmal mit einer Goldbronzierung wieder näher an sein ursprüngliches Erscheinungsbild heranzuführen und es damit innerhalb des Ensembles des Alten Garten aufzuwerten.

Nach langer intensiver Diskussion und verschiedenen Proben wurde nun auf das Metall ein die Patina konservierender Wachsüberzug mit Goldbronzepigmenten aufgebracht (Abb. 15). Das Ergebnis ist überzeugend. Allerdings wird diese Goldbronzierung aufgrund der Witterungseinflüsse nach einer gewissen Zeit erneut abgetragen und einer Patina gewichen sein.

Die bisher durchgeführten restauratorischen Maßnahmen an der Siegessäule leisteten einen wesentlichen Beitrag nicht nur zur Aufwertung des für die Landesgeschichte sehr bedeutenden Denkmals sondern würdigen auch den Alten Garten als bedeutende städtebauliche Anlage des 19. Jahrhunderts für die Residenz. Durch die Goldbronzierung ist nun auch wieder die harmonische Verbindung des Denkmals mit der Dachlandschaft des Schlosses gegeben, die lange Zeit so nicht bestand (Abb. 16).

Dirk Handorf


* Richard Wagner, Das Rheingold, 1. Aufzug 2. Szene


Luftbild Alter Garten mit Siegessäule in Schwerin

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