Das Tor zum Paradies - Die Restaurierung der Jugendstilkirche Lebbin

Denkmal des Monats Juni 2022

Abb. 1. Lebbin, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Kirche von Südosten.Details anzeigen
Abb. 1. Lebbin, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Kirche von Südosten.

Abb. 1. Lebbin, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Kirche von Südosten.

Abb. 1. Lebbin, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, Kirche von Südosten.

Die kleine Kirche Lebbin liegt unweit von Altentreptow (Abb. 1). Sie ist ein Neubau aus dem Jahre 1912 und wurde anstelle einer älteren Kirche – vermutet wird eine Fachwerkkirche (erwähnt erstmals 1571), erbaut1. Der noch geböschte, verschalte Glockenturm ist älteren Datums2 (Abb. 2).

Eine Bauuntersuchung, die eine genaue Datierung ermöglichen würde, fehlt allerdings leider noch. Der äußerlich sehr schlichte Putzbau ist dennoch aufgrund kleinerer architektonischer Details zu den sehr seltenen Kirchen des späten Jugendstils3 in unserem Bundesland zu zählen. Die südlich gelegene mit einem Korbbogen überfangene Eingangstür, die unmittelbar unter dem hölzernen Rähm sitzenden Fenster und das kleine Fachwerkstück im Ostgiebel verdeutlichen die architektonische Zugehörigkeit zu dieser Stilrichtung – wenn auch zaghaft und traditionalistisch anmutend (Abb. 3).

Im Inneren aber entfaltet sich die dekorative Seite des Stils umso mehr. Der Saal wird von einer hölzernen, dekorativ mit Bändern bemalten Tonne überdeckt (Abb. 4-5). Um den gesamten Raum windet sich in Höhe des Gestühls ein ornamentales Wellenband. Am deutlichsten zeigen die reich bemalten Fensterfaschen eine Jugendstilornamentik (Abb. 6). Den Raum beherrschend aber ist die überbordende florale Bemalung der gesamten Ostwand (Abb. 7). Flankiert von zwei Säulen nördlich und südlich der sich über die Wand windenden Blatt- und Blütenmalerei und der darauf aufsitzenden halbrunden Tonnenkontur möchte man meinen, vor dem Tor zum zukünftigen – freilich noch verschlossenen - Paradies zu stehen (Abb. 8-11).

Zentral an der Ostwand steht der Altar der Kirche mit einem Schnitzretabel von 16944 mit spätgotischen Schnitzfiguren aus dem Ende des 15. Jahrhunderts. Es handelt sich um den gekreuzigten Christus, flankiert von Maria und Johannes. Das ältere Retabel mit seinem architektonischen Säulenaufbau und dem manieristischen geschnitzten Schweifwerk fügt sich erstaunlich stimmig mit der bemalten Ostwand zu einer gestalterischen Einheit zusammen (Abb. 12-13).

Die reich geschnitzte Kanzel mit Deckel, von Säulen gegliedertem Korb und Evangelistenbildern in den Brüstungsfeldern ist ebenfalls älter und stammt aus dem Jahre 16815 (Abb. 14). Auch sie fügt sich farblich in die Gesamtgestaltung ein. Beide – Retabel und Kanzel – wurden 1912 restauriert. Zu erwähnen ist noch das bestehende einfache Kastengestühl – aufgrund der charakteristischen Formgebung, der Bearbeitungsspuren und der Beschläge wohl auch aus älterer Zeit stammend (Abb. 15-16).

Nachdem die Kirche in den vergangenen Jahren im Äußeren instand gesetzt wurde und auch eine neue Dachdeckung erhielt, wurde jetzt der Innenraum im Rahmen des Denkmalschutzsonderprogramms des Bundes, des Strategiefonds des Landes und mit Hilfe des Kirchenkreises, des Kulturvereins Lebbin sowie mit Eigenmitteln der Kirchengemeinde restauriert. Dabei wurden die geschädigten Putzbereiche in Höhe des Gestühls instand gesetzt, die Raumfassung insgesamt und insbesondere die bestehende Farbfassung behutsam restauriert. In die Ornamentik wurde teils retuschierend, teils auch in den verloren gegangenen Bereichen stärker rekonstruierend eingegriffen. Der Innenraum erstrahlt nun wieder in künstlerischer Geschlossenheit. Es bleibt noch die Wiedereinrichtung des Kastengestühls. Dieses ist partiell durch Anobien geschädigt und muss durch den Tischler aufgearbeitet werden. Bei dem zukünftigen Neuaufbau sollen auch Wünsche der Kirchengemeinde zu einer flexibleren Nutzung des Raumes Berücksichtigung finden.

Jens Amelung


1Quelle Wikipedia, Dorfkirche Lebbin.

2Zum Beispiel Kirche Wilhemshof (Vorpommern), von 1910.

3Eine bauhistorische Untersuchung des Turmgefüges steht noch aus.

4Inschrift im Architrav des Retabels.

5Datiert im Kanzelfuß.

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