Das Haus eines ehemaligen Assessors des schwedischen Tribunals in Wismar, Beguinenstr. 2

Denkmal des Monats Februar 2024

Abb. 1. Hansestadt Wismar, Lkr. Nordwestmecklenburg, Beguinenstr. 2, Wohnhaus, Straßengiebel, 2012.Details anzeigen
Abb. 1. Hansestadt Wismar, Lkr. Nordwestmecklenburg, Beguinenstr. 2, Wohnhaus, Straßengiebel, 2012.

Abb. 1. Hansestadt Wismar, Lkr. Nordwestmecklenburg, Beguinenstr. 2, Wohnhaus, Straßengiebel, 2012.

Abb. 1. Hansestadt Wismar, Lkr. Nordwestmecklenburg, Beguinenstr. 2, Wohnhaus, Straßengiebel, 2012.

Die Geschichte der Hansestadt Wismar und ihrer Wohnhäuser ist eng mit der schwedischen Besetzung im Dreißigjährigen Krieg und der nachfolgenden Errichtung des schwedischen Tribunals als höchstem Gerichtshof der schwedischen Besitzungen auf deutschem Boden im Jahre 1653 verbunden. Bereits Ernst Münch hatte in einem Beitrag über die Häuser der Vizepräsidenten und Assessoren auf die neue Oberschicht und die veränderten Eigentumsverhältnisse der stattlichen Dielenhäuser hingewiesen. Neben dem traditionellen Kern der alten ratsfähigen Wismarer Kaufleute und des ortsansässigen Mecklenburger Adels treten seit dieser Zeit zunehmend auch Juristen als Eigentümer in dem sog. Alten Stadtbuch Wismars auf.

So ist es auch mit dem Eckhaus in der Beguinenstraße 2, einem zweigeschossigen Giebelhaus mit Kemladen, das mit dem Assessor Georg Engelbrecht in Verbindung gebracht werden kann (Abb. 1). Engelbrecht war 1664 bis 1693 Assessor am Wismarer Tribunal und ist wohl verantwortlich für einen 1667 und 1673 dendrochronologisch ermittelten Umbau des Gebäudes. Das im Kellermauerwerk noch spätmittelalterliche Gebäude muss man sich nach diesem Umbau vermutlich wie das unweit gelegene, etwa zeitgleich entstandene Giebelhaus Lübsche Straße 14 als rot getünchten Ziegelbau mit „welschem“ Giebel vorstellen. Wie nach Abnahme des geschädigten Fassadenputzes an Giebel- und Traufseite bei restauratorischen Untersuchungen nun ermittelt werden konnte, hatte die Fassade wohl bereits im ausgehenden 17. Jahrhundert im Obergeschoss eine Betonung der Ecken durch eine Quadermalerei und eine mit schwarzem Pinselstrich frei ausgeführte lineare florale Malerei, die die Flächen gestaltete (Abb. 2). Es zeigen sich zudem zwei Fassungen der Eckquaderung, eine erste mit schwarzem Strich, die eine hellgraue Binnenfläche umfährt, eine zweite, die mit dickerer dunkelroter Linie eine breite Ecklisene optisch von der Fläche abhebt (Abb. 3). Dieser Befund ist für diese Zeit sowohl in Mecklenburg als auch in Vorpommern an Bürgerhäusern einzig. Zwei um 1680 entstandene restaurierte Beispiele aus Görlitz in der dortigen Kneißstraße (Abb. 4-5) mögen die Idee verdeutlichen, auch wenn die Wismarer Malerei mit ihrem linearen Pinselstrich einfacher erscheint und in der Machart eher einer Innenwandmalerei der Mitte des 17. Jh. im benachbarten Welt-Erbe-Haus Lübsche Straße 23 gleicht. Mittlerweile sind die Fassadenmalereien wieder durch einen Neuverputz abgedeckt worden, so dass der in der Mitte des 19. Jahrhunderts veränderte Staffelgiebel sein bisheriges Erscheinungsbild zurückerhält.

Im Gebäudeinnern ist trotz der Veränderungen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, als ein repräsentatives Treppenhaus eingebaut wurde, die originale Raumgestaltung an mehreren Stellen ablesbar geblieben. Kernstück ist ein Ecksalon mit Voutendecke im Erdgeschoss (Abb. 6). Hier wurde in den 1990er Jahren beim Einbau neuer Fenster in den Bestand der Paneele eingegriffen. Teile des Paneels sind bereits geborgen worden, sie gilt es zum Wiedereinbau zu nummerieren. Die Wand zur Beguinenstraße weist eine Nische auf, die ehem. durch eine Bespannung geschlossen war; so muss man sich die Wand hier offenbar mit einer Tapete oder Bespannung vorstellen. Im Obergeschoss hat sich an der straßenseitigen Traufwand eine blaue Rankenmalerei auf weißem Grund erhalten (Abb. 7). Zu ihr gehört wohl eine der beiden Deckenfassungen, die nun bei der Sanierung entdeckt wurden. Die Deckenbalken zeigen eine weißgrundige blaue Rankenmalerei (Abb. 8). Die ehemaligen bemalten Dielenbretter wurden wahrscheinlich im 19. Jahrhundert zersägt und als Füllhölzer wieder eingebaut. Zugehörig ist möglicherweise eine rote Rankenmalerei auf weißem Grund (Abb. 9). Die anderen Deckenbalken zeigen eine Marmorimitation und graugrundige Akanthusranken (Abb. 10-11). Trägt man den unterschiedlichen Bestand im Obergeschossgrundriss ein, so ergeben sich zwei große Räume, die die ehem. repräsentative Raumstruktur und Gestaltung zu Zeiten von Georg Engelbrecht nachvollziehen lassen. Ein seltener Umstand, da nur wenige der Vizepräsidenten- und Assessorenhäuser bisher entsprechend untersucht werden konnten. Die Befunde zeigen den hohen Anspruch des Bauherrn, großzügig dimensionierte Räume sowohl im Erdgeschoss als auch im Obergeschoss, im Haupthaus und im Kemladen zu verwirklichen. Stuckdecken sind aus dieser Zeit in Wismar nur wenige erhalten, etwa in der Großschmiedestraße 21 oder der Lübsche Straße 48, so dass auch hier bei den weitergehenden restauratorischen Arbeiten näher hingeschaut werden sollte. Wie Ernst Münch durch gewissenhafte Auswertung der Archivalien herausarbeiten konnte, wohnten 1665 insbesondere die leitenden Tribunalsmitarbeiter in der Lübsche Straße, am Markt, Hinter dem Rathaus, der Altwismarstraße, der Krämerstraße und der Mecklenburger Straße, also an den Hauptstraßen Wismars mit den größten und repräsentativsten Häusern und Grundstücken. Gleichsam ist das im ehem. Fürstenhof untergebrachte Tribunal damit schnell zu erreichen.

Grundlage der laufenden Sanierung bildet eine 2021 erteilte Baugenehmigung, doch konnte diese auf eine ältere Bestandserfassung mit vorbereitenden Untersuchungen und Planungen aus den Jahren 2013 bis 2017 zurückgreifen. Große Hürden stellten die Prüfung der Statik und des Brandschutzes für die geplante Nutzung als Wohnhaus dar und dies trotz der ehemaligen Nutzung des Gebäudes als Stadtbibliothek mit erhöhten Lasten und Brandschutzanforderungen, was unter anderem der Hanglage des Grundstücks und dem zusätzlichen Dachgeschossausbau geschuldet ist. Die Sanierung läuft, Maßnahmen zum Holzschutz und zur weitergehenden Analyse des Bestandes folgten bereits. Erste Fenster wurden aufgearbeitet. In diesem Jahr geht es an die Sicherung und Konservierung der Innenraumbefunde, so dass alsbald eine Nutzungsaufnahme folgen kann. Es ist eines der letzten noch unsanierten Giebelhäuser der Hansestadt, unmittelbar neben dem 2014 eröffneten Welt-Erbe-Haus.

Jan Schirmer

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