Römisches aus Mecklenburg! Ein Bronzebeschlag der römischen Kaiserzeit aus Basedow, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte

Fund des Monats Januar 2017

Abb. 1. Muschelförmiger Beschlag aus Basedow, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte.Details anzeigen
Abb. 1. Muschelförmiger Beschlag aus Basedow, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte.

Abb. 1. Muschelförmiger Beschlag aus Basedow, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte.

Abb. 1. Muschelförmiger Beschlag aus Basedow, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte.

Als der ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger Hans Behn am 24. April 2016 einen Acker bei Basedow, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte, beging, schlug sein Detektor mehrfach an. Die meisten Signale stammten von wenig aussagekräftigen Buntmetallfragmenten. Nur ein massiver Bronzebeschlag hob sich von den anderen Oberflächenfunden ab, machte aber wegen seines guten Erhaltungszustandes keinen besonders alten Eindruck. Umso größer war die Freude, als fest stand, dass es sich um einen im römischen Reich gefertigten muschelförmigen Beschlag aus der Zeit um 300 n. Chr. handelt – das erste Fundstück dieses Typs aus Mecklenburg-Vorpommern!

Der aus Bronze gefertigte Beschlag (Abb. 1) hat eine muschelförmige Kopfplatte mit glatter, unverzierter Oberfläche. Die Kopfplatte misst 3,5 x 3,0 cm und ist 0,7 cm hoch. Auf der hohl gearbeiteten Unterseite befinden sich zwei 0,35 cm starke Stifte, deren Enden nietkopfartig verbreitert sind. Dass das Stück im Guss hergestellt wurde, belegt ein rückseitig erhaltener Gussgrat (Abb. 2) zwischen Muschelspitze und erstem Befestigungsstift. Die Gesamthöhe des 12,6 g schweren Objekts beträgt 1,35 cm. Es ist unter der Nummer ALM 2016/1216,1 inventarisiert.

Bei dem Fundstück handelt es sich um einen Pferdegeschirrbeschlag, der aufgrund seiner Kopfplattenform zu den „muschelförmigen Beschlägen“ vom Typ Oldenstein 696-699 zu zählen ist. Auf deren Rückseite befinden sich in der Regel zwei Befestigungsstifte mit gestauchten Enden, deren geringe Länge eine primäre Zierfunktion vermuten lassen. Dies zeigen beispielhaft auch die Funde aus dem „Tombe de Saivres“ in Celles-les-Waremmes (Belgien), in dem sich ein mit 100 Muschelbeschlägen besetzter Stirnriemen eines Pferdegeschirrs befand.

Muschelförmige Beschläge sind vor allem für die 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts n. Chr. bekannt und wurden noch bis ins frühe 4. Jahrhundert verwendet. Ob Beschläge dieser Form auch schon während der 1. Hälfte des 3. Jahrhunderts angefertigt wurden, ist fraglich, denn sichere Funde aus dieser Zeit fehlen bislang noch.

Muschelförmige Beschläge kommen vornehmlich im nordwestlichen Teil des römischen Reiches vor, wo sich auch die bislang einzige sicher nachgewiesene Produktionsstätte befindet. Aktuell kennt man rund 400 Exemplare, deren Verbreitungsschwerpunkt im nordfranzösisch-belgisch-westdeutschen Raum liegt. Einzelne Fundstücke sind ferner aus Marokko, Spanien, Portugal, Südengland, den südlichen Niederlanden, der Schweiz, Österreich, der Slowakei und Italien bekannt.

Auch für die Germania Magna sind muschelförmige Beschläge nachgewiesen, doch dünnt ihr Vorkommen nach Norden und Osten stark aus. Während aus Sachsen-Anhalt noch sieben und für Berlin/Brandenburg drei Exemplare anzuführen sind, fehlten sie bislang aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Basedow markiert somit aktuell den nördlichsten und zugleich auch den nordöstlichsten Vertreter dieser Fundgruppe.

Pferdegeschirrbeschläge sind unter den römischen Importfunden in Mecklenburg-Vorpommern generell sehr selten. Außer dem Basedower Fund gibt es aktuell lediglich drei weitere Exemplare. Eines wurde 2005 bei Pinnow, Lkr. Ludwigslust-Parchim, entdeckt, die beiden anderen stammen aus Kadow, Lkr. Ludwigslust-Parchim, wo sie 2011 bei den Ausgrabungen im Verlauf der Nordeuropäischen Erdgasleitung (NEL) geborgen wurden. Eines der Fundstücke aus Kadow, dessen Schauseite mit einer flächigen Zinnplattierung überzogen war (Abb. 3), verdient besondere Beachtung, denn diese Art der Überarbeitung ist einzigartig und könnte durchaus die nachträgliche Zutat eines germanischen Handwerkers darstellen.

Jens-Peter Schmidt

Literatur

Gschwind, M., Pferdegeschirrbeschläge der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts aus Abusina/Eining. – Saalburg-Jahrbuch 49, 1998, 112–138.

Hirsch, K./Lehmphul, R./Kuhlmann, N./Saalow, L./Schanz, E./Schmidt, J.-P./Schuster, J./Sudhoff, I./Virk, W./Voß, H.-U., „Römisches“ aus Mecklenburg-Vorpommern – Nachträge zur Lieferung D 3 des „Corpus der römischen Funde im europäischen Barbaricum“. – Bodendenkmalpflege in Mecklenburg-Vorpommern, Jahrbuch 54, 2006, 53–106.

Oldenstein, J.,  Zur Ausrüstung römischer Auxiliareinheiten. Studien zu Beschlägen und Zierat an der Ausrüstung der römischen Auxiliareinheiten des obergermanisch-raetischen Limesgebietes aus dem zweiten und dritten Jahrhundert n. Chr. – Bericht der Römisch-Germanischen Kommission 57, 1976, 49–284.

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