Drei auf einen Streich - skandinavische Schmuckstücke aus der Burg Arkona

Fund des Monats Juni 2018

Abb. 1. Putgarten, Lkr. Vorpommern-Rügen. Drei wikingerzeitliche Schmuckstücke aus einer Grube (Foto: LAKD M-V, Landesarchäologie, S. Suhr).Details anzeigen
Abb. 1. Putgarten, Lkr. Vorpommern-Rügen. Drei wikingerzeitliche Schmuckstücke aus einer Grube (Foto: LAKD M-V, Landesarchäologie, S. Suhr).

Abb. 1. Putgarten, Lkr. Vorpommern-Rügen. Drei wikingerzeitliche Schmuckstücke aus einer Grube

Abb. 1. Putgarten, Lkr. Vorpommern-Rügen. Drei wikingerzeitliche Schmuckstücke aus einer Grube

Der slawische Burgwall Arkona ist eines der bedeutendsten, aber auch eines der gefährdetsten Bodendenkmale in Mecklenburg-Vorpommern. Seine exponierte Lage an der über 40 m hohen Kliffkante, an deren Fuß unaufhaltsam die Ostsee nagt, führt zu einer fortschreitenden Erosion. Seit 2012 wurden deshalb umfangreiche Rettungsgrabungen durchgeführt.

Zu den herausragenden Fundstücken aus diesen Grabungen gehören drei Schmuckstücke skandinavischer Herkunft: Eine Scheibenfibel, eine gleicharmige Fibel und ein Nadelaufsatz. Sie wurden in einer Hausgrube (Befund 71/2015) geborgen, die sich auch sonst durch ein überaus reiches Inventar an metallenem Sachgut auszeichnete.

Die leicht gewölbte Scheibenfibel (Dm. 3,3 cm) zeigt in durchbrochener Reliefdarstellung ein vierbeiniges, nicht näher bestimmbares Tier. Während Kopf und Hüften man deutlich ausmachen kann, sind Körper und Gliedmaßen auf ineinander verschlungene Bänder reduziert. Die Doppellinie mit der Binnenzeichnung gilt als Kennzeichen des Jelling-Stils, während die Form eher an den älteren Borre-Stil erinnert. Die Kombination beider Stile muss jedoch nicht weiter verwundern, da die Kunststile von Borre und Jelling nebeneinander vorkommen. Die Jelling-Stil-Fibel dieser Art wurden bei Jansson erstmals beschrieben und auf der Basis der Birka-Funde als Typ I A bezeichnet. Der Untertyp 1 fasst dabei die qualitativ meist besser ausgeführte zweischalige zusammen, der Untertyp 2 die einschalige Variante. In der Folge entstanden mehrere Zusammenstellungen der nicht allzu häufig nachgewiesenen Fibel. Verschiedene Neufunde aus dem Danelaw und Dänemark lassen aber annehmen, dass sich ihre Zahl weiter erhöhen wird. Der Untertyp 2 tritt in England bisher nicht auf. Von der sehr fein gearbeiteten Fibel von Arkona fehlt die Unterschale, auf der Nadelhalter und Nadelrest befestigt waren.

Die Fibel von Arkona besteht aus 68,2% Kupfer, 3,2% Zink, 1,0% Zinn und 26,1% Blei sowie einigen Spurenelementen. Ein vergleichbares Fundstück, das nur wenige Kilometer von Arkona entfernt auf dem Burgwall Karenz entdeckt wurde, enthält 53,1% Kupfer, 2,6% Zink, 10,7% Zinn, 32,5% Blei und einige andere Elemente. Vergoldungen waren nicht vorhanden. Eine dritte Fibel dieses Typs aus Mecklenburg-Vorpommern stammt aus Ilow, Lkr. Nordwestmecklenburg.

Gewandspangen dieser Art waren von Mitte bis Ende des 10. Jahrhunderts, vielleicht noch im frühen 11. Jahrhundert, in Gebrauch. Das Stück von Arkona fügt sich in diesen zeitlichen Rahmen ein, könnte sogar noch in die erste Jahrhunderthälfte gehören.

Die zweite aus der Hausgrube Befund 71/2015 geborgene Fibel, eine große Rechteck- oder eine dem Rechteck angenäherte gleicharmige Fibel, besitzt offenbar keine direkten Parallelen. Sie ist 6,0 cm lang und 3,2 cm breit. In der Mitte befindet sich ein Kreuz mit Dreipassknoten. Die charakteristisch gestalteten Tierköpfe weisen die Fibel in das Umfeld des Borre-Stils. Die von anderen gleicharmigen Fibeln bekannten, auf kleinen Metallstiften befestigten Glasauflagen sind verloren. Die Ausgestaltung verweist an das Ende des 9. oder in das frühe 10. Jahrhundert (freundliche Mitteilung von H. Eilbracht, Berlin). Die Fibel steht mit ihrer Feldaufteilung und ihrem Leistenwerk in der Tradition der großen Rechteckfibeln, die im 8. und 9. Jahrhundert in Gebrauch waren. Soweit die RFA-Analyse verlässliche Angaben ermöglicht, besteht das Grundmaterial aus einer Kupferlegierung mit rund 85% Kupfer, 10% Zink, 1% Zinn und 1–2% Blei. Die Vorderseite war feuervergoldet worden. Entsprechende Anteile von Gold und Quecksilber waren nachweisbar. Die silbrig glänzende Rückseite trägt einen Zinnüberzug. Vollständig erhalten ist die eiserne Nadel.

Das dritte Fundstück aus der Hausgrube Befund 71/2015 ist ein Nadelaufsatz in Form eines Drachenkopfes (B 3,6 cm, H 4,9, davon 1,2 cm zum Rest des Nadelschaftes). Er besteht aus einer silbergrauen Kupfer-Blei-Legierung (54,1% Kupfer, 16,0% Zinn, 5,8% Zink, 22,2% Blei). Das Maul des Drachens ist weit geöffnet; Zunge und Flamme geben dem nur weniger Millimeter starken und damit sehr filigranen Objekt zusätzliche Stabilität. Der in seiner Grundform rechteckige Kopf mit seinem langen Hals (etwa 3,6 x 3,7 cm) besitzt eine Bohrung zur Fixierung mit einem Band. Der Hals mündet auf dem noch 1,2 cm langen Rest des Nadelschaftes. Obwohl der Drachenkopf zu den bekanntesten Motiven der Wikingerzeit gehört und regelmäßig als Schnitzerei an Vorder- und Achtersteven der Wikingerboote und sowie an Stabkirchen zu beobachten ist, fand er offenbar kaum Eingang in die Metallplastik. Neben dem Fundstück von Arkona benennt die Literatur nur wenige Stücke. Ein Aufsatz mit Ringöse und die häufig abgebildete Nadel aus Haithabu sowie ein anderes Objekt aus Gorodišče bei Nowgorod sind die wohl bekanntesten. Weitere Drachenkopfnadeln aus Metall wurden bisher bekannt aus Birka (Schweden, 2 Stücke), Slinkbacken (Uppland, Schweden), Gotland (Schweden) und Ralswiek (Rügen). Die erkennbare Verteilung würde eher eine östliche Herkunft vermuten lassen. Die meisten Stücke werden dem Ringerike-Stil zugewiesen und damit tendenziell in das 11. Jahrhundert datiert. Allerdings ist die genaue Stilzuweisung schwierig, andere Autoren ordnen die Nadel aus Haithabu eher dem Umfeld des Mammen-Stils zu. Für den Drachen von Arkona dürfte das ein zu später Ansatz sein, denn das übrige Fundmaterial aus Befund 71/2015 gehört eher in die Zeit vor der Mitte des 10. Jahrhunderts.

Dr. Fred Ruchhöft

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