Bouton enseigne - Knopfpilgerzeichen

Fund des Monats Januar 2019

Abb. 1: Wittenburg, Lkr. Ludwigslust-Parchim. Knopfpilgerzeichen mit Darstellung in Aachen verehrter Heiliger und Heiligtümer, Durchmesser ca. 3,4 cm. Oben: Vorder- und Rückseite, unten links: Vorderseite zur Kontrasterhöhung mit Ammoniumchlorid bedampft, unten rechts: Umzeichnung der Vorderseite.Details anzeigen
Abb. 1: Wittenburg, Lkr. Ludwigslust-Parchim. Knopfpilgerzeichen mit Darstellung in Aachen verehrter Heiliger und Heiligtümer, Durchmesser ca. 3,4 cm. Oben: Vorder- und Rückseite, unten links: Vorderseite zur Kontrasterhöhung mit Ammoniumchlorid bedampft, unten rechts: Umzeichnung der Vorderseite.

Abb. 1: Wittenburg, Lkr. Ludwigslust-Parchim. Knopfpilgerzeichen mit Darstellung in Aachen verehrter Heiliger und Heiligtümer, Durchmesser ca. 3,4 cm. Oben: Vorder- und Rückseite, unten links: Vorderseite zur Kontrasterhöhung mit Ammoniumchlorid bedampft, unten rechts: Umzeichnung der Vorderseite.

Abb. 1: Wittenburg, Lkr. Ludwigslust-Parchim. Knopfpilgerzeichen mit Darstellung in Aachen verehrter Heiliger und Heiligtümer, Durchmesser ca. 3,4 cm. Oben: Vorder- und Rückseite, unten links: Vorderseite zur Kontrasterhöhung mit Ammoniumchlorid bedampft, unten rechts: Umzeichnung der Vorderseite.

Das Marienmünster in Aachen entwickelte sich im Mittelalter zu einem der bedeutendsten Wallfahrtsorte im Deutschen Reich. Neben den Gebeinen des heiligen Kaisers Karls des Großen (Carolus magnus, Charlemagne) waren insbesondere vier textile Reliquien Gegenstand der Verehrung durch Pilger aus nah und fern. Im kostbaren Marienschrein wurden das Kleid Mariens, die Windeln Jesu – das sind die Hosen Josephs, in die das Neugeborene gewickelt wurde –, das Lendentuch Christi sowie das Enthauptungstuch Johannes des Täufers aufbewahrt. Ab der Mitte des 14. Jahrhunderts, nach der großen Pestepidemie, wurden Wallfahrten nach Aachen regelmäßig in Testamenten verfügt, in denen die Testatoren Dritte finanzierten, die nach ihrem Tod auf solch einer Reise für das Seelenheil des Verstorbenen bitten sollten.

Die ältesten, in das späte 13. Jahrhundert zu datierenden Aachener Pilgerzeichen waren Flachgüsse aus Blei/Zinn-Legierungen, die später von durchbrochen gearbeiteten Gittergüssen abgelöst wurden. Bis in das erste Viertel des 16. Jahrhunderts lassen sich Aachener Pilgerzeichen als Abgüsse auf Kirchenglocken nachweisen.

Der Fund eines knopfförmigen Aachener Pilgerzeichens aus einer Kupferlegierung durch den ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger Stefan Fuge bei Wittenburg schließt Aachen nun an eine eigenständige Gruppe zumeist runder und achteckig eingezogener spätmittelalterlicher Pilger- oder Andachtszeichen an, die insbesondere aus Frankreich unter der Bezeichnung bouton enseigne oder bouton enseigne de pelerin bekannt sind (Cahanier 2017). Auf dem Wittenburger Fund werden die wichtigsten in Aachen verehrten Heiligen sowie drei der vier wichtigen textilen Heiligtümer Aachens dargestellt: links oben Kaiser Karl mit Bügelkrone und Reichsapfel als Kirchenstifter mit dem Kirchenmodell; rechts die bekrönte Maria mit Heiligenschein, das Jesuskind auf dem Arm. Darunter das Kleid Mariens mit weiten Ärmeln auf einer Stange mit runden Knopfenden. Links des Kleides, ebenfalls auf eine Stange gehängt, die Hosen Josephs, in die das Jesuskind bei der Geburt gewickelt wurde. Rechts vom Kleid das Lendentuch Jesu, das er am Kreuz getragen hat. Das Bild ist eingefasst von einem Perlkreis mit fünf Blüten, wahrscheinlich einen Rosenkranz darstellend.

Die etwa 33 mm durchmessenden bouton enseigne bestehen aus Spiegelmetall – für den Wittenburger Fund konnte eine Zusammensetzung aus etwa 60 % Kupfer, 30 % Zinn, 3,5 % Zink und 2 % Blei ermittelt werden – und haben auf der Rückseite eine Erhebung, in der sich eine Öse aus Eisen befindet. Überwiegend werden auf den Zeichen Heilige dargestellt, die anhand der Inschriften oder Attribute zu identifizieren sind. Ihre wallfahrtsmäßige Verehrung erfolgte insbesondere in Nordost-Frankreich, Flandern und Westdeutschland. Die Bildsprache der Motive und die Inschriften erlauben eine Datierung der Knopfzeichen in die Jahrzehnte um 1500. Die Einheitlichkeit in Material und Herstellungstechnik sowie der gleiche Duktus der Darstellungen und Inschriften lassen vermuten, dass die Zeichen an einem Ort, möglicherweise in Nordost-Frankreich oder Flandern, hergestellt wurden. Funde dieser Zeichen sind in Deutschland sehr selten, sie konzentrieren sich auf den Südwesten, wo mehrere Trierer Heilig Rock-Zeichen gefunden wurden.

Dr. Jörg Ansorge

Literatur

Simon Cahanier, Les boutons-enseignes. Un groupe original d’enseignes religieuses des XVe et XVIe siècles. Revue Mabillon 28, 2017, 173-215.

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