Eine runde Sache – Der „Sonnenstein“ am Forsthof in Dümmerhütte, Lkr. Ludwigslust-Parchim

Fund des Monats Dezember 2023

Abb. 1: Dümmerhütte, Lkr. Ludwigslust-Parchim. Der auffällig verzierte Stein an seinem neuen Standplatz vor der Scheune des Forsthofes.Details anzeigen
Abb. 1: Dümmerhütte, Lkr. Ludwigslust-Parchim. Der auffällig verzierte Stein an seinem neuen Standplatz vor der Scheune des Forsthofes.

Abb. 1: Dümmerhütte, Lkr. Ludwigslust-Parchim. Der auffällig verzierte Stein an seinem neuen Standplatz vor der Scheune des Forsthofes.

Abb. 1: Dümmerhütte, Lkr. Ludwigslust-Parchim. Der auffällig verzierte Stein an seinem neuen Standplatz vor der Scheune des Forsthofes.

Im Mai 2023 besuchte eine Lehrerin mit ihrer Klasse den ehemaligen Forsthof in Dümmerhütte im Landkreis Ludwigslust-Parchim. Dort wurde sie auf einen Granitblock aufmerksam, der auf der Schauseite annähernd flächig mit konzentrischen Kreisen versehen ist (Abb. 1). Sie meldete dies bei der unteren Denkmalschutzbehörde, die wiederum die Landesarchäologie darum bat, sich das Fundstück einmal genauer anzuschauen. Die Inaugenscheinnahme des Steins erfolgte im Juni 2023 durch Bernd Wollschläger (LAKD MV/LA), der zudem weitere Informationen einholte und eine Vermessung des Objekts durchführte.

Dabei zeigte sich, dass der Stein bereits im Jahr 2000 beim Neuaufbau einer Scheune auf dem Gelände der Försterei entdeckt worden war. Ob er bis dahin im Fundament des Fachwerkbaus verarbeitet war oder lediglich zu dessen Verstärkung gedient hatte, ließ sich nicht mehr klären. Dass es sich dabei aber nicht um seinen ursprünglichen, sondern um einen sekundären Fundort handelt, steht außer Frage. Folglich ließen sich vor Ort auch keine Hinweise auf seine ursprüngliche Funktion ermitteln. Aufgrund seiner Verzierung wurde der Stein nicht wieder im Fundament verbaut, sondern gut sichtbar vor dem Ostgiebel der südlichen Scheune aufgestellt, wo er sich noch heute befindet und unter der Bezeichnung „Dümmerhütte, Lkr. Ludwigslust-Parchim, Fpl. 3“ als Bodendenkmal erfasst wurde.

Der Findling besteht aus hellrotbraunem Granit und hat eine quaderartige Form. Die Breitseite, auf der sich die Kreise befinden, wirkt glattgeschliffen und biegt scharfkantig zu den Schmalseiten um (Abb. 2), während die übrigen Flächen rau und uneben sind (Abb. 3). Der obere Abschluss ist rundlich, das Unterteil ist in den Boden eingegraben. Der aus dem Boden ragende Teil des Steins ist 92 cm lang. Seine Breite beträgt direkt über dem Erdboden 65 cm, im oberen Teil 44 cm. Seine Dicke erreicht über dem Erdboden 48 cm, kurz vor dem oberen Abschluss 30 cm.

Auf der glatten Schauseite befinden sich ausgehend von einer zentralen Bohrung (Durchmesser 2 cm; Tiefe 6 cm) zwölf konzentrische Kreise, deren Abstände zueinander variieren (Abb. 4). Der größte Kreis hat einen Durchmesser von 56,5 cm. In der Mitte verläuft eine horizontale Rille über die gesamte Breite des Steins. Sie ist breiter und tiefer ausgearbeitet als die Kreise und schneidet sie, so dass sie erst nachträglich entstanden sein dürfte.

Abb. 5: Der „Sonnenstein“ aus Beckstedt, Lkr. Oldenburg, zeigt große Ähnlichkeiten mit dem Fundstück aus Dümmerhütte.Details anzeigen
Abb. 5: Der „Sonnenstein“ aus Beckstedt, Lkr. Oldenburg, zeigt große Ähnlichkeiten mit dem Fundstück aus Dümmerhütte.

Abb. 5: Der „Sonnenstein“ aus Beckstedt, Lkr. Oldenburg, zeigt große Ähnlichkeiten mit dem Fundstück aus Dümmerhütte.

Abb. 5: Der „Sonnenstein“ aus Beckstedt, Lkr. Oldenburg, zeigt große Ähnlichkeiten mit dem Fundstück aus Dümmerhütte.

Sucht man nach Vergleichsstücken, so wird man im nordwestlichen Niedersachsen fündig, wo gleich drei sehr ähnliche Findlinge bekannt sind (Capelle 1972, 232 f. Abb. 5–6; Wegner 1996a, 203 ff. Abb. 106–108). Sie werden als „Sonnensteine“ bezeichnet und waren bislang ausschließlich aus dem Weser-Ems-Gebiet belegt. Genau wie das Stück in Dümmerhütte zeichnen auch sie sich durch eine flache Schauseite aus, die annähernd flächendeckend mit konzentrischen Kreisen bedeckt ist, wobei die Zahl der Kreise zwischen elf und 17 variieren kann. Bemerkenswert ist, dass als Werkstoff – und dies ist eine weitere Parallele – stets rötlicher Granit bzw. Granitporphyr verwendet wurde. Besonders gut vergleichbar ist das Exemplar aus Beckstedt im Landkreis Oldenburg, das 1921 beim Abbruch eines alten Bauernhauses im Fundament angetroffen wurde und somit auch in seiner Auffindungsgeschichte unserem Stein ähnelt (Wegner 1996b, 203 ff. sowie 409 mit Abb.). Dieser „Sonnenstein“ zeigt elf konzentrische Kreise, wobei der größte einen Durchmesser von 54 cm erreicht (Abb. 5).

Bedauerlicherweise ist auch für die niedersächsischen Fundstücke deren ursprünglicher Fundort und die Art ihrer Aufstellung unbekannt. Zwar wird man die konzentrischen Kreise als Sonnenmotive werten dürfen (z. B. Kaul 1998, Fig. 131), doch erlaubt dies keine Rückschlüsse auf deren ursprüngliche Funktion und Verwendung. Eine Datierung in die Bronzezeit ist anzunehmen – nicht nur angesichts der zahlreichen Felsbilder und Schalensteine, die immer wieder auch Kreisornamente tragen, sondern insbesondere wegen der häufigen Verwendung konzentrischer Kreise bei der Verzierung von Bronzen, wobei das Horn von Wismar nur beispielhaft angeführt sei (Sprockhoff 1956, Abb. 60a [unten]).

Schaut man sich das Umfeld des Auffindungsortes an, so gibt es zwar in seiner unmittelbaren Nähe kaum bronzezeitliche Fundplätze, doch sind sowohl im Westen bei Perlin/Pogreß als auch in den östlich gelegenen Gemarkungen Zülow und Dümmerstück größere Grabhügelgruppen bekannt, mit denen dieser Stein in Zusammenhang stehen könnte.

Dr. Jens-Peter Schmidt / Bernd Wollschläger

Literatur

  • Capelle 1972: T. Capelle, Felsbilder in Nordwestdeutschland. Eine Übersicht. – Acta Archaeologica 43, 1972, 229–239.
  • Kaul 1998: F. Kaul, Ships on Bronzes. A Study in Bronze Age Religion and Iconography. – Publications from the National Museum. Studies in Archaeology & History 3. Copenhagen 1998.
  • Sprockhoff 1956: E. Sprockhoff, Jungbronzezeitliche Hortfunde der Südzone des Nordischen Kreises (Periode V). – Kataloge des Römisch-Germanischen Zentralmuseums zu Mainz 16. Mainz 1956.
  • Wegner 1996a: G. Wegner, Zeugnisse für Religion und Kult. In: G. Wegner (Hrsg.), Leben – Glauben – Sterben vor 3000 Jahren: Bronzezeit in Niedersachsen. – Beihefte zu Ausstellungen der Abteilung Urgeschichte des Niedersächsischen Landesmuseums Hannover 7, 195–218. Oldenburg 1996.
  • Wegner 1996b: G. Wegner, Sonnenstein (Kopie). In: G. Wegner (Hrsg.), Leben – Glauben – Sterben vor 3000 Jahren: Bronzezeit in Niedersachsen. – Beihefte zu Ausstellungen der Abteilung Urgeschichte des Niedersächsischen Landesmuseums Hannover 7, 409. Oldenburg 1996.

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